!!!LUDWIG  BOLTZMANN




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In später Nachtstunde traf aus Duino eine Nachricht ein, die wie eine Bombe einschlug.  Dr. Ludwig Boltzmann ist tot! Seit August hielt sich der Gelehrte  mit seiner jüngsten der drei Tochter an der schönen Adria auf, wo er  Linderung seiner unerträglichen Schmerzen suchte, gequält von der Ruhelosigkeit einer schweren nervösen Störung, das ihm zum Martyrium geworden, Aussichtslosigkeit, er nicht mehr länger erdulden mochte. Diese Stimmungsschwankungen, die ihn schon mehrmals gezwungen hatten, ein Sanatorium aufzusuchen, trieben ihn an den Rand der Verzweiflung. Bereits die kleinsten Aufregungen versetzten ihn in  Depressionen. So sehr hatte ihn das Leiden an Neurasthenie zugesetzt, dass er es vorzog, dem ein Ende zu setzen.

Als die Tochter Elsa  ihren Vater am Morgen vermisste, ging sie in sein Zimmer um  nachzusehen wo er blieb. Da fand sie den Vater am Fensterkreuz erhängt vor. Die  Leiche wurde in die Totenkapelle gebracht, aufgebahrt und anschließend nach Wien überführt. Elsa hatte über dieses schmerzvolle  Ereignis nie wieder gesprochen.

In der Wohnung des Prof. Boltzmann in der Haizingergasse in Währing hielt sich zur Zeit nur die Dienerschaft  auf. Der Sohn Boltzmanns  Dr. Artur Boltzmann  der Donnerstag von den Korpsmanövern  zurück gekehrt war, an denen er als Reserveoffizier  eingerückt war, fand bei seiner Rückkehr  eine dringende Depesche vor, die ihn nach Duino rief. Eine zweite  Depesche erreichte ihn nicht mehr denn er befand sich schon auf der Fahrt nach Duino.


Ein Leben unschätzbarer  wissenschaftlicher Arbeit, ein Leben höchsten geistigen Fluges. Ein Gehirn rastet nun für immer von der Arbeit, in dem ein Gedankenreichtum lebte und webte, wie in wenigen Köpfen, und ein unerbittliches  Schicksal zwang diese geistigen Fähigkeiten  zu zerstören.

Mit Ludwig Boltzmann ist eine wissenschaftliche Koryphäe von Weltruf von uns geschieden. Erst im Vorjahr hat er selbst in einer Vortragsreise seinen Ruhm über das Meer nach Amerika getragen, nach dieser neuen Welt, die wissenshungrig  und gierig das ganze Wissen des alten Kontinents  aufsaugen möchte. Wo Gelehrte von europäischen Ruf Triumphe feiern. Ein solcher Triumphator war Ludwig Boltzmann.  Die alte Welt  hatte ihm ihre stolzen Ehrenzeichen  bereits verliehen. Kaiser Franz Joseph  hatte ihn mit dem Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Heuer erst wurde ihm als dem größten Physiker deutscher Zunge die Penckenberg naturforschende  Gesellschaft  in Frankfurt am  Main ihren ebenso ehrenden als wertvollen Preis zuerkannt und Ludwig Boltzmann  gehörte zu den aussichtsreichsten Kandidaten für den wissenschaftlichen  Nobelpreis. Trauernd steht  die Wissenschaft an seinem Grab, in tiefster Trauer aber  die Wiener Universität, die Alma mater  Rudolphina.

Ludwig Boltzmann wurde am 20. Februar 1844 in Wien geboren worden. Er studierte in Wien, Heidelberg  und Berlin. Im Jahr 1867 erfolgte seine Habilitierung als Privatdozent für Physik an der Wiener Universität  und 1869  seine Berufung zum ordentlichen Professor der mathematischen  Physik  an die Universität in Graz. Im Jahr 1873 kehrte er nach dem Rücktritt  Moths als Professor der Mathematik nach Wien zurück, wo er unter anderem über Zahlentheorie und Funktionentheorie las. Im Jahr 1878 übernahm er eine Professur der Experimentalphysik in Graz und leitete das Grazer physikalische Institut. Das Jahr  1889  führ ihn ins Ausland, nach München wo er als Professor der theoretischen Physik fungierte. Im Jahr 1894 ist er in gleicher Eigenschaft diesmal als Nachfolger Stefans, wieder in Wien, 1900  folgt er einem Ruf nach Leipzig, bis er im Jahr 1902  endgültig  sich  in Wien niederlässt. 

Von seinen Forschungen auf dem Gebiet der Experimentalphysik sind  besonders  die über  Dielektrizitätskonstanten bekannt. Die Sitzungsberichte  der Wiener Akademie  der Wissenschaften  und die Annalen der Physik und Chemie  veröffentlichten zahlreiche theoretische Arbeiten aus seiner Feder. Neben Fragen der kinetischen Gastheorie und der Thermodynamik, ferner solchen der Mechanik und der Faraday Marwel Theorie der Elektromagnetismus behandelte er in diesen Arbeiten auch die weiten  erkenntnistheoretischen Probleme.

Der Name Boltzmann war ein Ruhmestitel der  Wiener Alma mater, und wahrlich, sie ist nicht mehr  allzu reich an solchen Ruhmestiteln. Er war einer der brillantesten Mathematiker – von der Mathematik ist er gekommen – mit ihm ist ein Denker von gewaltigem, kühnem  Schwung in das Grab gesunken.

Er war einer der ersten der sich mit der Existenz der Atome  beschäftigte. Zahlreiche  herausragenden Denker seiner Zeit  zweifelten jedoch an deren Vorhandensein und sprachen  Boltzmanns Argumenten jede Beweiskraft ab. Mussten jedoch erkennen, dass seine Arbeit zur Gänze auf der von ihnen  zweifelhaften  Atomhypothese  beruhte, dass er zweifelhafte Mathematik benutzte, um eine irreversible Zeit Entwicklung aus den Gesetzen der klassischen Mechanik, die klar reversibel ist, abzuleiten.

Da sie nicht zu überzeugen waren, zählten sie zu seinen Gegnern, dazu gehörte  auch Ernst Mach,  dadurch wurde er in die   geistige Isolation gedrängt, denn keiner wollte etwas davon verstehen. Vielleicht war das  ebenfalls  ein Grund zu seiner Verzweiflungstat.

Boltzmann hatte eine künstlerische Ader, und Talent zum Schreiben. Schiller war sein bevorzugter Dichter, den seine besondere Liebe gehörte.

Seltsam ist auch die Geschichte wie er zu seiner Villa kam. Boltzmann ging also im Cottage  Viertel spazieren und war auf Wohnungssuche. In der Haizingergasse Nr. 26,  hielt er an, denn diese Villa entsprach scheinbar seiner Vorstellung und läutete den Hausmeister heraus. Dem erklärte er, dass er das Haus kaufen wolle. Der Hausmeister  nannte den Preis von 70.000 Kronen. Boltzmann holte seine Brieftasche hervor zählte dem Hausmeister die Scheine auf den Tisch.

Am 20. Februar 1944  ehrte die Stadt Wien  ihren großen Sohn  Ludwig Boltzmann mit einer erhebenden Feier am Grab des Gelehrten  auf dem Zentralfriedhof. Ein Trompeterchor leitete den Festakt ein. Vertreter der Partei,  der Wissenschaft, die Familie wohnten der Feier bei. Ein Redner sprach über das Wirken und Forschen des Geehrten, den er als den geistigen Gründer  einer ganzen Physik Generation  würdigte.

Im Namen des Reichsleiters Baldur von Schirach legte der Kreisleiter einen Kranz auf das Grab. Dann wurde das Grab mit  Blumenspenden der Stadt Wien der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien  und verschiedenen Instituten  bekränzt.

Die Feier wurde mit einem Trompetenchor abgeschlossen.

__QUELLE:__  Zahlreiche Zeitungen der ÖNB


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!!!Hinweis
Walter Höflechner, Ludwig Boltzmann. Leben und Briefe, Graz 1994 (770 Seiten) = Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz 30 = Veröffentlichungen der Historischen Landeskommssion f. Steiermark - Arbeiten zur Quellenkund 37 = Boltzmann Gesamtausgabe  hg. R.U. Sexl Band 9

-- Feedback, Mittwoch, 5. Juli 2023, 11:52