Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Wandschmuck#

Wandschmuck
"Wandschmuck" ist ein Terminus des 19. Jahrhunderts für "Bilder", die bei Hausierern oder in Geschäften erworben wurden. Wanderhändler vertrieben illustrierte Flugblätter, Hinterglasbilder, Heiligenbilder und Kupferstiche, die überwiegend aus Nürnberg kamen.

Die Anfänge des Kupferstichs, der ältesten Art des Tiefdrucks, reichen in Deutschland in das 15. Jahrhundert zurück. Martin Schongauer (um 1445-1491) und Albrecht Dürer (1471-1528) zählten zu den berühmtesten Meistern. Originalgraphiken waren den oberen Ständen vorbehalten. In Bauernhäusern gab es bis ins 17. Jahrhundert nur hie und da einen Kupferstich, wenn, dann Andachtsbilder von Wallfahrten. Diese fanden meist auf der Innenseite von Kastentüren oder Truhendeckeln (Pin ups) oder beim Kruzifix im Herrgottswinkel Platz.

In der Barockzeit begann die Mode der Hinterglasbilder. Teure Exemplare trugen Spiegelauflagen. In katholischen Gegenden ahmte man die Buntheit der Altarbilder nach, so dass der Direktor des Volkskundemuseums Leopold Schmidt (1912-1981) von einem Kunsthandwerk der Gegenreformation sprach. Die Hersteller waren Kleinhäusler in der Nähe von Glashütten in Schlesien, im Böhmerwald oder im Mühlviertel. Hinterglasbilder aus Sandl (Oberösterreich) sind bis heute ein Begriff. Glastäfelchen wurden auf der Rückseite in arbeitsteiliger Weise nach Schablonen (Hinterglasriss) bemalt, mit billigen Holzrahmen versehen und von "Kraxentragern" zu Jahrmärkten oder Wallfahrtsorten gebracht. Tausende Bilder, vor allem religiösen Inhalts, kamen so ab dem frühen 18. Jahrhundert in alle Teile der Monarchie. Sprüche in Hinterglastechnik waren als Haussegen bei den evangelischen Gläubigen beliebt.

Um 1797 erfand Aloys Senefelder (1771-1834) die Lithographie, ein Flachdruckverfahren. Bilder und Texte werden mit Kreide oder Feder, Pinsel und Fettfarbe auf kohlensauren Kalkschiefer aufgebracht. Durch die chemische Reaktion entsteht an den behandelten Stellen fettsaurer Kalk, der Fett anzieht und Wasser abstößt. Umgekehrt werden die freien Stellen mit verdünnter Säure wasseraufnahmefähig und fettabstoßend gemacht. Auf dem angefeuchteten Stein haftet die Druckfarbe auf der Zeichnung, während sie die freien Stellen abstoßen.

Die Chromolithographie für mehrfarbigen Steindruck wurde 1816 erfunden. Seit 1852 gab es lithographische Schnellpressen mit einer Stundenleistung bis zu 600 Drucken. Damit waren die technischen Voraussetzungen für die Massenproduktion gegeben. Neu gegründete Kunstverlage und Bilderfabriken produzierten "Öldrucke". Wandschmuck als Konsumgut wurde - nach großbürgerlichem Vorbild - in den Gründerjahren zur Zierde in der Wohnung der Kleinbürger, schließlich Repräsentationsstück von Landleuten und Industriearbeitern. In der heiligen Ecke bäuerlicher Wohnstuben verdrängten gerahmte, bunte Öldrucke das Hinterglasbild, das oft schon zuvor durch schablonenkolorierte Lithographien abgelöst worden war. Besonders beliebt waren Pendants wie Herz Jesu und Mariä, Ecce Homo und Mater Dolorosa. In den Schlafzimmern katholischer Ehepaare fand man breitformatige Marienszenen, in Arbeiterhaushalten eher Phantasiedarstellungen mit Titeln wie "Hochzeitstraum" oder "Im Rosenmond".


Quellen: 
Wolfgang Brückner: Elfenreigen, Hochzeitstraum. Köln 1974. S. 7-16
Leopold Schmidt: Hinterglas. Salzburg 1972. S. 5-11

Bild:
 Hinterglasbilder-Sammlung im Freilichtmuseum Großgmain (Salzburg). Foto: Alfred Wolf, 2005