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Helga Maria Wolf

Weihnachtsbräuche#

Foto: H. M. Wolf, 2018

Der älteste liturgische Weihnachtsbrauch - schon zwei Generationen vor der legendären Krippenfeier des hl. Franziskus - war das "Kindelwiegen". Der Augustiner-Propst Gerhoh von Reichersberg beschrieb ihn anno 1161/62. Demnach war der Aufführungsort eine Klosterkirche, die Akteure Mönche oder Kleriker. Die Feier bestand aus einer Reihe von Gesängen und Aktionen, wie das Schaukeln einer Christkindfigur in einer künstlerisch gestalteten Wiege. Nach genau 850 Jahren hat der Musiker Eberhard Kummer den Brauch in St. Gertrud in Klosterneuburg, Niederösterreich, einer kleinen, romanischen Kirche der Stiftspfarre wieder belebt. Der Pionier des Drehleierspiels und der Interpretation mittelalterlicher Epen hatte die Lieder des öfteren in Konzerten dargeboten. Durch seine musikhistorischen Forschungen waren ihm Schreittänze bestens bekannt, ebenso theoretisch der Brauch des Kindelwiegens. Nun war es sein Bestreben, diese Elemente in der Praxis wieder zusammenzubringen. Dazu ließ er vom Hallstätter Bildhauer Arnold Lobisser, ein "Kindl" schnitzen. Inzwischen führt der Musiker den Brauch in verschiedenen Kirchen durch, in St. Gertrud diesmal am 7. Jänner 2017. Für den Volksmusik-Experten Norbert Hauer war die Aufführung der Impuls, den Brauch auch in anderen Bundesländern zu revitalisieren.

Bekannter als das Christkind in der Wiege ist das Jesulein in der Krippe. Die ersten bekannten Krippen standen - zur Zeit des Konzils in Trient - in Jesuitenkirchen in Portugal und Prag (1562). Frühe Krippendarstellungen sind 1607 in München, 1608 in Innsbruck und ein Jahr später in Hall in Tirol belegt. Waren zunächst Kirchen und Adelshäuser Aufstellungsorte, so erfreut sich in der Gegend von Ebensee heute die "Kripperlroas" starker Popularität. In Bauernhöfen werden ganze Zimmer ausgeräumt, um großen Krippenlandschaften mit dutzenden Figuren Platz zu machen. Gäste kommen aus Nah und Fern, um die Privatkrippen zu bewundern.

Weit gereist sind auch Besucher des Adventsingens im benachbarten Bundesland Salzburg. Jährlich nehmen rund 36.000 Zuschauer aus fast 40 Ländern an den Vorstellungen im Großen Festspielhaus der Landeshauptstadt teil, seit 1946 rund 1,8 Millionen. 2016 feiert das "Salzburger Adventsingen" sein 70-Jahr-Jubiläum. Vor genau 200 Jahren schrieb Joseph Mohr, damals Kaplan in Mariapfarr, das Gedicht "Stille Nacht, heilige Nacht". Zwei Jahre später bat er den Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber, den Text zu vertonen. Gemeinsam führten sie das Lied zu Weihnachten 1818 in der Kirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg auf.

Ein Wien könnte der prominenteste historische Christbaum heuer seinen 200. Geburtstag feiern. Er stand 1816 im Stadtpalais von Erzherzog Karl, Annagassee 20. Der "Sieger von Aspern" war mit Henriette von Nassau-Weilburg verheiratet. Die Prinzessin war (und blieb auch nach der Hochzeit mit dem Habsburger) evangelisch. Protestantische deutsche Bürgerfamilien und Adelige, die zur Kongresszeit nach Wien kamen, zählten hier zu den Innovatoren des Christbaum-Brauches. 1814 wurde das erste „Christbaumfest nach Berliner Sitte“ aktenkundig. Der geschmückte Baum befand sich in der Familie des Bankiers Nathan Adam Arnstein. Seine aus Berlin stammende Frau Fanny Arnstein führte einen großbürgerlich-liberalen Salon (Hoher Markt 1), der einen Mittelpunkt des Kultur- und Gesellschaftslebens bildete. Zuvor hatte man im katholischen Wien ein Familienfest mit Baum und Bescherung nicht zu Weihnachten, sondern am Tag den hl. Nikolaus begangen, der als Gabenbringer galt und dies noch einige Zeit parallel zum Christkind blieb.

Allgemein üblich ist der Besuch der Christmette. In Tirol sang man dabei Weihnachtslieder, die das Vogelzwitschern nachahmten. Heimgekehrt, gab es ein üppiges Mahl mit Fleischsuppe, Würsteln, Knödeln und Wein. In Vorarlberg hingegen ist das typisch weihnachtliche Festessen Käsefondue. Zum klassischen Bergkäse kommen Maisstärke, Weißwein, Knoblauch und Pfeffer.

Speisen spielen bei Festen immer eine besondere Rolle. Manchmal ging es aber nicht nur um das Essen, es wurden auch bestimmte Vorstellungen damit verknüpft. In Kärnten buk man Schlüsselbrot: Dabei drückte die Bäuerin den Schlüssel des Getreidekastens oder einer wichtigen Truhe in den Teig. Der Laib kam als erster in den Ofen und als letzter heraus. Zu Weihnachten wurde er in der Kirche gesegnet. Einen Teil bewahrte man bis zum Roggenanbau auf.

Im Burgenland hieß das typische Weihnachtsgebäck "Hausvater", obwohl es die Form eines Wickelkindes hatte. Ältere Bewohner von Illmitz und Apetlon erinnerten sich, dass sie ein Stück davon in den Hausbrunnen warfen, um im kommenden Jahr gutes Wasser zu haben.

Die Sorge um die Zukunft und die Neugier, was diese bringen sollte, waren weit verbreitet. In den so genannten Rauhnächten pflegte man Orakel - der letzte Rest davon ist das Bleigießen. Als wichtigste Termine galten die Thomasnacht (Wintersonnenwende, 21./22. Dezember), Christnacht (24./25. Dezember), Silvester (31. Dezember/1. Jänner) und der Vorabend von Epiphanie (5./6. Jänner). Die Bedingungen sollten, wie bei jedem Zauber, vom Alltäglichen abweichen: man musste schweigen, Bewegungen verkehrt oder rückwärts machen oder die Handlung dreimal vornehmen. In Kärnten (und nicht nur dort) erwarteten junge Frauen Hinweise auf den erhofften Bräutigam.

Wie in der Steiermark, ist hingegen das Räuchern am Dreikönigsvorabend ein religiöser Brauch. Zum Ausräuchern, das seit Haus und Hof Segen bringen soll, benötigt man Glut, Weihrauch, Wacholder, geweihte Kräuter oder Teile des Palmbuschens. In der Gegend von Pöllau gibt es eigene Gefäße für das "Rauchen und Sprengen". Es sind irdene Doppeltöpfe mit einem gemeinsamen Henkel. Ein Behälter ist für das Weihwasser, der zweite, mit Löchern versehene, für das Räucherwerk bestimmt. Ein bekannter Spruch für das Segensritual lautet: "Glück herein, Unglück hinaus".

Erschienen in der Zeitschrit "Y", 2016