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Die Porträtgalerie des steirischen Adels#

Auf Schloss Hainfeld befand sich fast 260 Jahre lang eine einmalige Porträtgalerie von 58 steirschen Adeligen aus dem 18. Jahrhundert. 2011 musste sie verkauft werden.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Schloss Hainfeld
Schloss Hainfeld ist das größte Wasserschloss der Steiermark und birgt viele Überraschungen
© LUNGHAMMER

Schloss Hainfel im Raabtal (Bezirk Feldbach) ist in mehrfacher Hinsicht äußerst bemerkenswert. Nicht nur, dass es das größte Wasserschloss des Landes ist, war es auch der Grund, dass die Steiermark literarisch zum Vampirland wurde. Und das kam so: Gräfin Johanna Anna von Purgstall, eine gebürtige Schottin und Jugendfreundin des bekannten Dichters Walter Scott, lebte seit dem Tod ihres Gatten 1812 einsam im großen Schloss und sehnte sich nach Besuch aus ihrer alten Heimat. Und wirklich - der schottische Marineoffizier und Schriftsteller Basil Hall besuchte sie und verbrachte sechs Monate bis zu ihrem Tod am 23. Februar 1835 auf Hainfeld. Über seinen Besuch verfasste er ein Buch mit dem Titel „Schloss Hainfeld oder: Ein Winter in der Steiermark“, das 1836 in drei Sprachen in Edinburgh, Paris und Berlin erschien und die Steiermark erstmals weithin bekannt machte. Darin berichtete er von den „schwer zugänglichen, von dumpfen Bauernvölkern besiedelten Gebieten, in denen ein zügelloser Aberglaube den verschiedenen Ängsten und Schrecken Gestalt verleiht.“ Als der irische Schriftsteller Sheridan LeFanu auf der Suche nach dem idealen Schauplatz für eine Vampirgeschichte war, griff er auf das bei Hall geschilderte Schloss Hainfeld „30 Meilen von Graz“ zurück. Auch die Handlung seiner Vampir-Story übernahm er aus Halls Buch, daraus entstand 1872 „Carmilla“, die Ahnfrau aller weiblichen Vampire in der Schauerliteratur. Sogar Graf Dracula wäre fast ein Steirer geworden, denn der irische Autor Bram Stoker hatte ebenfalls „Carmilla“ gelesen und Wohlgefallen an der wilden Steiermark gefunden. Doch dann stieß er auf die historische Figur des transsylvanischen Fürsten Vlad III. Draculea - der Rest ist Literaturgeschichte. Im Bad Ausseer Kammerhofmuseum wird dieser steirische Vampirbezug übrigens als Teil der Sonderausstellung „Die Völkertafel. Ihr Nachleben als europäische Kuriositätenschau“ vom 5. Juni bis 20. Oktober zu sehen sein.

Doch zurück zu Schloss Hainfeld: Der Schotte Basil Hall lieferte in seinem Buch auch den ersten Hinweis auf eine weitere Besonderheit des Schlosses - die einmalige Porträtgalerie des steiermärkischen Adels. Er berichtet, dass die Wände der Schlossräume „mit gräßlich stierenden vorsintflutlichen Familienbildnissen vollbehangen waren.“ Doch hier irrte der Schotte, es handelte sich um keine Familiengalerie der Grafen Purgstall, sondern um eine Sammlung von 58 barock gerahmten Porträts aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die ganzfigurig zumeist steirische Adelige darstellen, die um 1750 bedeutende Persönlichkeiten waren, informiert das Bundesdenkmalamt. Klingende Namen wie Attems, Dietrichstein, Orsini-Rosenberg, Saurau oder Trauttmannsdorf scheinen unter den Porträtierten auf, die Blüte des steirischen Adels zu dieser Zeit, alle verwandt, verschwägert oder befreundet mit den Grafen von Purgstall. Und mitten unter ihnen ein scheinbarer Außenseiter - Pietro Antonio Trapassi, der unter dem Namen „Metastasio“ in Rom und Neapel als poetisches Wunderkind gefeiert worden war. Seine Stücke wurden von Pergolesi, Scarlatti, Vivaldi und anderen vertont, er erlangte Weltruhm und wurde 1730 als Hofdichter von Kaiser Karl VI. nach Wien geholt. „Zwischen 1736 und 1746 sollte kaum ein Jahr vergehen, in dem nicht mindestens eines von Metastasios Stücken auf dem Spielplan des hölzernen Theaters auf dem Grazer Tummelplatz stand“, berichtet Franz Reitinger in seinem soeben erschienenen Buch „Die Metastasier. Geschmackseliten im 18. Jahrhundert“ (Verlag Anton Pustet). Ausführlich und detailreich widmet sich der Autor dieser Porträtgalerie und gibt Einblick in die Geschichte der Porträtkunst. Der neapolitanische Künstler Gennaro Basile (1722-1782) hat den „Metastasiern“, also den adeligen Freunden und Bewunderern des erfolgreichen Bühnenautors Pietro Metastasio, mit 58 Porträts ein Denkmal gesetzt: „Die dargestellten Persönlichkeiten werden in den Porträts individuell charakterisiert, die Kleidung wird detailgetreu wiedergegeben. Von besonderer Detailtreue ist auch die Wiedergabe von Möbeln, Gebrauchsgegenständen, Musikinstrumenten, Tieren (insbesondere Hunden), Wappen etc.“, heißt es von Seiten des Bundesdenkmalamtes. Dadurch sind die Gemälde nicht nur von künstlerischem, sondern vor allem kulturgeschichtlichem Wert und stellen „ein singuläres Dokument zur steirischen Geschichte des 18. Jahrhunderts“ dar. 2011 musste die Gemäldegalerie von den Vorbesitzern von Schloss Hainfeld verkauft werden, hat aber nun geschlossen einen neuen Eigentümer im Inland gefunden. Ein singuläres Dokument zur steirischen Geschichte, aber leider kein singuläres Schicksal.

Johann Wenzel Graf Purgstall
Johann Wenzel Graf Purgstall (KK)
Pietro Trapassi, genannt Metastasio
Pietro Trapassi, genannt Metastasio (KK)
Vinzenz Ferrer Graf Orsini-Rosenberg
Vinzenz Ferrer Graf Orsini-Rosenberg (KK)
Franz Ludwig Graf Dietrichstein
Franz Ludwig Graf Dietrichstein (KK)


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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele