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Eine Schöckelpartie per Automobil#

Puch-Oberingenieur Karl Slevogt fuhr am 15. August 1909 mit dem Auto auf elenden Gehwegen auf den Schöckel. Vier Tage zuvor hatte er in der Landscha-Allee mit einem Puch-Auto den Geschwindigkeitsrekord von 130,4 km/h aufgestellt.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Karl Slevogt
Porträtzeichnung von Karl Slevogt (1876-1951) (KK)

Nicht schlecht staunten die verschreckten Bergwanderer und Sportler am 15. August 1909, dem Mariä Himmelfahrt-Tag, und brachen dann in Jubel aus, als Karl Slevogt und sein Beifahrer Gyula Diescher mit ihrem „Puch 18“ mit Getöse vor dem Stubenberghaus am Schöckelplateau vorfuhren. „Ungeheures Aufsehen unter der gesamten auf der Höhe versammelten Touristen- und Sportwelt. Eine Schöckelpartie per Automobil, das war jedenfalls ein Novum“, berichtete am Tag darauf das Grazer Volksblatt. Immerhin war dies die erste Bergfahrt auf Gehwegen in der Steiermark gewesen. Und es „war eine mörderische Fahrt. Auf Hohlwegen, über Felsgeröll, kaum Platz für die Räder mußte der Wagen (ein 18/22 HP, zweisitzig karossiert) die Höhe erkämpfen. Zum Schutze der Pneus (= Pneumatics = Reifen) wurden die Räder mit Ketten umwickelt. Erst wurde der Versuch mit dünnen Gliederketten gemacht, dann mußten schwere Fuhrketten angelegt werden ... Trotz Steigung, elendem Weg und regendurchweichter Bahn wurde die Schöckelpartie per Auto doch in zirka 29 Minuten erledigt.“ Denselben Text druckte auch die Allgemeine Automobilzeitung mit zahlreichen Fotos am 5. September 1909 ab, weitere Sportzeitungen folgten. Dann glückte auch die Rückfahrt nach St. Radegund perfekt, von dort ging es schnellstens nach Ligist, wo Firmenchef Johann Puch auf Sommerfrische weilte. Denn Karl Slevogt wollte seinem Firmenchef topaktuell vom abenteuerlichen Bergsieg des Puch-Autos berichten.

Schon vier Tage zuvor hatte Slevogt in der später für zahlreiche schwere Unfälle berüchtigten Landscha-Allee (Triester Reichsstraße südlich von Leibnitz) ein anderes Meisterstück geliefert. Er hatte, wiederum mit „Herrn Diescher, Beamter der Puch-Werke“ als Beifahrer, bei fliegendem Start und mäßigem Wetter mit seinem Vierzylinder Puch-Wagen mit 86 mm Bohrung und 172 mm Hub einen neuen österreichischen Geschwindigkeitsrekord von 130,43 km/h aufgestellt. Danach beschrieb er seine Rekordfahrt: „Ich bin ganz ruhig. Ich überblicke alles, sehe alles, auch die Leute zur Seite. Nur zu erkennen ist natürlich bei diesem Tempo niemand. Alles konzentriert sich in mir auf den Motor ...“

Doch Karl (immer wieder auch Carl geschrieben, er selbst schrieb sich aber stets mit K) Slevogt (1876-1951) war nicht nur ein begnadeter Berg- und Schnellfahrer, sondern auch einer der ganz großen deutschen Automobilkonstrukteure seiner Zeit. Als er am 1. November 1907 von Laurin und Klement (später Skoda) in Böhmen zur aufstrebenden Firma Puch nach Graz kam, übernahm er die Leitung der Firma und führte sofort zahlreiche Neuerungen ein - was recht einfach ging, da ein Großteil der Fírma kurz zuvor abgebrannt war und Slevogt sozusagen bei Null beginnen konnte. Er konstruierte neben einem Vierzylinder OHC-Rennmotor auch eine Gebrauchsmotoren-Reihe mit 14, 22 und 32 PS sowie die dazu passenden Automobile. Er war es auch, der den Puch-Antriebsmotor für das Luftschiff „Estaric“ der Renner-Brüder Alexander und Anatol konstruierte, mit dem sie am 26. September 1909 ihre kurze und spektakuläre Luft-Karriere starteten. Da bei Puch die Sport- und Rennwagenabteilung eingestellt wurde, zog der Sportautofan Slevogt weiter und wurde ab 1910 technischer Direktor im Apollo-Werk in Apolda, Thüringen.

Slevogts Ankunft vor dem Stubenberghaus
Slevogts Ankunft vor dem Stubenberghaus auf dem Schöckel (KK)
Rekordgeschwindigkeit mit Puch-Rennwagen
Am 11. August 1909 stellte Karl Slevogt mit seinem Puch-Rennwagen eine Rekordgeschwindigkeit von 130,4 km/h auf (KK)
mit Ketten auf den Schöckel
Vier Tage später fuhr Slevogt mit Ketten auf den Schöckel (KK)

© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele