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„Damit Gotha lebt, muss ich sterben!“ #

Der Grazer Josef Ritter von Gadolla rettete die Stadt Gotha vor der Zerstörung durch die US Armee – und wurde von den Nazis hingerichtet.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


frühere k. k. Kadettenschule
BG HIB Liebenau, frühere k. k. Kadettenschule.
© KK

Der Name Gadolla ist wohl den wenigsten Grazern ein Begriff – heute wie einst. Nur der schmale Gadollaweg, der von der Rudersdorferstraße in Puntigam abzweigt, erinnert an den mutigen Grazer Offizier. Als am 4. April 2000 diese schmale Straße nach Josef Ritter von Gadolla benannt wurde, beschrieb ihn der damalige Grazer Bürgermeister Alfred Stingl kurz und prägnant, indem er Oberst i. R. Manfred Oswald, den Grazer Menschenrechtspreisträger und Aufdecker zahlloser Naziverbrechen, zitierte: „Er war sicher ein Held, ein Held der anderen Art. Er konnte keinem Befehl mehr gehorchen außer dem seines Gewissens.“ Wer war nun dieser Held der anderen Art aber wirklich?

Ein Held der anderen Art#

Vor fast genau 105 Jahren, am 14. Jänner 1897, wurde Josef Ritter von Gadolla in Graz geboren, wo er auch von 1904 bis 1909 die Volksschule besuchte. In der Tradition seiner k.u.k. Offiziersfamilie besuchte er eine Militärschule und ab 1913 die Infanterie-Kadettenschule in Graz-Liebenau. Sofort nach seiner Ausmusterung aus der technischen Militärakademie in Hainburg erhielt der junge Gadolla am 17. August 1917 den Befehl, sich an den Kriegshandlungen gegen Italien zu beteiligen. Als Zugskommandant kam er in Südtirol im Gebiet des Monte Grappa zum Einsatz und wurde schwer verwundet. Nach dem Kriegsende kehrte Gadolla direkt aus dem Lazarett nach Graz zurück und trat hier in den Dienst der Volkswehr, wo er sozialdemokratischer Vertrauensmann und Soldatenrat wurde.

Gadolla-Weg
Der nach ihm benannte Weg.
© ENGELE

Alpenjäger-Regiment Nr. 9#

1919 trat er in die Armee der neu gegründeten Republik Österreich ein und wurde Offizier im Grazer Alpenjäger-Regiment Nr. 9, das bei der Niederschlagung der Februarkämpfe 1934 in Eggenberg eingesetzt wurde. Als Mitte der 30er-Jahre die Luftstreitkräfte auch in Graz durch Alexander Löhr neu aufgestellt wurden, übernahm Gadolla das Kommando über die Fliegerwerft- Kompanie in Graz-Thalerhof. Zu dieser Zeit heiratete er „unstandesgemäß“ Alma Sampl, mit der er die Tochter Ingeborg hatte. 1938 wurde Gadolla nach dem gewaltsamen „Anschluss“ Österreichs von der deutschen Wehrmacht übernommen und kam 1943 als Offizier nach Gotha in Thüringen. Am 1. Februar 1945 wurde er zum „Kampfkommandanten“ Gothas ernannt, „der den ihm übertragenen Standort bis zum Tode zu verteidigen habe“. Als Ende März/Anfang April 1945 – also fast im letzten Abdruck des Zweiten Weltkrieges – die US-Truppen bereits vor den Toren der Stadt standen, hatte Gadolla die schwere Entscheidung zu fällen, wie und ob Gotha zu verteidigen – oder zu retten sei. Die örtlichen Nazi-Größen hatten – wie üblich – die Stadt bereits heldenhaft Richtung Erfurt und Weimar verlassen, nur noch wenige Soldaten und kaum schweres Gerät standen dem „Kampfkommandanten“ zur Verfügung. Was sollte er tun? Tausende Bewohner opfern und den historischen Kern der Stadt zerstören lassen? Gadolla entschloss sich, dem Kampfbefehl nicht Folge zu leisten und Gotha kampflos den Amerikanern zu übergeben.

Josef Ritter von Gadolla
Gadolla als Wehrmachtsoffizier.
© MELBINGER

Todesmutig#

Kurzerhand schickte er die Reste des Volkssturms nach Hause und gab zum Schutz der Zivilbevölkerung den Befehl, die Kapitulation unverzüglich vorzubereiten. Auf allen öffentlichen Plätzen wurden weiße Fahnen gehisst. Wie aber sollten die Amerikaner erfahren, dass er kein weiteres Blutvergießen wollte? Jemand musste es ihnen glaubwürdig mitteilen. Also setzte er sich in sein Militärfahrzeug, hisste eine weiße Fahne und fuhr der 3. US-Panzerdivision entgegen. Die erste Parlamentärfahrt glückte, bei der zweiten Fahrt am 3. April 1945 entdeckten Wehrmachtsoldaten die weiße Fahne auf dem deutschen Fahrzeug und hielten es an. Gadolla wurde verhaftet, nach Weimar überführt und wegen Landesverrats angeklagt. Bereits am 4. April wurde er „wegen versuchter Übergabe des festen Platzes in Gotha an den Feind“ zum Tode verurteilt und am 5. April um7 Uhr morgens durch ein Exekutionskommando standrechtlich erschossen. Seine letzten Worte sind überliefert und lauten: „Damit Gotha leben kann, muss ich sterben!“

Die Stadt ist gerettet#

Während Josef Ritter von Gadolla in Weimar erschossen wurde, marschierten zur selben Zeit schon amerikanische Truppen kampflos in Gotha ein, weil sie die weißen Fahnen auf Schloss Friedenstein (der Kommandozentrale der Wehrmacht) und dem Rathaus gesehen hatten. Über Funk konnten sie gerade noch rechtzeitig einen eben auf Gotha anfliegenden schweren Bomberverband umleiten. „Durch Gadollas mutiges Handeln wurden Tausende Menschen und die Stadt vor der Zerstörung gerettet“, heißt es heute auf einer Gedenktafel zu Ehren des mutigen Grazers auf Schloss Friedenstein in Gotha.


"Er war sicher ein Held, ein Held der anderen Art. Er konnte keinem Befehl mehr gehorchen außer dem seines Gewissens."

Alfred Stingl, Grazer Bürgermeister


--> vgl. Biographie von Josef Ritter von Gadolla (Biographien)




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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele