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Graz von 1934 bis 1945 in alten Filmen #

30 alte Filmdokumente zeigen Graz zwischen 1934 und 1945: Eine Reise in die Vergangenheit. Jetzt auf DVD und im KIZ Royal.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Goebbels wird bejubelt
Goebbels wird vom BDM bejubelt
Foto: © FILMARCHIV AUSTRIA

Brandneu ist jetzt die DVD „Graz in historischen Filmdokumenten 1934-1945“ in Zusammenarbeit von Film Archiv Austria und Universalmuseum Joanneum (Euro 24,90) erschienen.

Hatte der erste Teil der DVD-Edition im Vorjahr die Zeit von 1914 bis 1933 gezeigt und vor allem den „Kommunalsozialismus“ nach dem Ersten Weltkrieg zum Inhalt, so folgt nun eine epische Darstellung von Graz zur Zeit des Ständestaates von Engelbert Dollfuß und des Nationalsozialismus. Viele der mehr als 30 Filme und Filmfragmente werden hier zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert, vor allem die Amateurfilme reichern das audiovisuelle Erbe von Graz an. Die Stumm-, SW-, Ton- und Farbfilme sind unkommentiert, werden aber in einem Begleitheft ausführlich erläutert und in historischen Zusammenhängen erklärt.

Grazer Triumphfahrt
1942: Goebbels’ Grazer Triumphfahrt
Foto: © FILMARCHIV AUSTRIA

1934 bis 1945 war auch in Graz eine heftig bewegte Zeit: 1934 endete die lange sozialistische Periode der Stadtpolitik unter Bürgermeister Vinzenz Muchitsch. In der Folge regierte in Österreich vier Jahre lang das autoritäre Regime des Ständestaates unter Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg. In der Ära der „Vaterländischen Front“ setzte sich das Medium des Tonfilms endgültig durch, was durch Beiträge wie „Die steiermärkischen Bauern huldigen dem Bundeskanzler (1934) und „Mutterschutzwerk Graz Steiermark“ (1935) der staatlichen Wochenschau bestens dokumentiert wird.

Ganz besonders intensiv filmisch festgehalten ist aber die Zeit der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich. Klar, war doch Propaganda eine ader großen Stärken des neuen Regimes. Vor allem die Doku „Graz. Stadt der Volkserhebung. Bilddokumente aus großen Tagen“ des steirischen Künstlers und Werbegrafikers Hanns Wagula ist 24 Minuten lang ein bemerkenswertes Beispiel perfekter Polit-Werbung, bei der die Zuschauer das Gefühl haben, direkt am Puls der Zeit dabei zu sein.

Der „Führer“ in Graz#

Gauleiter übergibt Treuegelder
1944: Gauleiter übergibt Treuegelder
Foto: © FILMARCHIV AUSTRIA

Bereits am 3. und 4. April 1938 besuchte Adolf Hitler Graz – als Auftakt für seine Werbetour für die Volksabstimmung am 10. April 1938 zum „Anschluss“ ans Deutsche Reich. Die pompöse Wahlveranstaltung fand vor Tausenden Zuhörern in der Montagehalle der Weitzer Waggonfabrik statt, die wegen der Weltwirtschaftskrise schon seit einiger Zeit leer stand. Danach fuhr Hitler im Triumphzug durch die Straßen der Stadt. Zehntausende Steirer waren mit dem Zug in die Landeshauptstadt gereist, um den „Führer“ zu sehen. „Ja“ war damals das geflügelte Wort der Zustimmung, das Straßenbahnen und Häuser schmückte. Ein Amateurfilm und ein Propagandafilm zeigen dies ausführlich. Darin taucht wie ein Schatten der Erinnerung auch das längst vergessene Café Europa in der Herrengasse auf, von dessen Balkon im ersten Stock die Gäste Adolf Hitler zujubeln. Oder das Spielwarengeschäft Koch am Hauptplatz (der sofort in Adolf-Hitler-Platz umbenannt wurde), wo heute H&M seine Kleidung anbietet.

Hitler neben Gauleiter Uiberreither
1941: Hitler am Hotelbalkon, neben ihm Gauleiter Uiberreither
Foto: © FILMARCHIV AUSTRIA

Drei Jahre später, auf seiner Fahrt ins „befreite“ Marburg/Maribor besuchte Hitler am 26. April 1941 zum zweiten Mal Graz. Begleitet von NS-Funktionären und Gauleiter Sigfried Uiberreither sieht man in einem professionellen Filmbeitrag von Leni Riefenstahls Kameramann Walter Frentz, wie der „Führer“ im offenen Mercedes auf den Schloßberg geführt wird, wo ihn bereits eine Abordnung von strammen NAPOLA-Schülern im Regen erwartet. Überall herrschen eitle Freude und Jubelstimmung – nur der Himmel weint.

Göring und Goebbels kamen#

Auch andere Größen der Nazi- Führungsriege besuchten Graz – 1938 kam Hermann Göring, 1942 Propagandaminister Joseph Goebbels, der wie ein Filmstar umjubelt wurde.

Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges verlagerte sich dann die filmische Berichterstattung natürlich immer stärker in Richtung Front. Deshalb sind Filmfragmente wie „Knappschaftsrentner erhalten vom Gauleiter der Untersteiermark Sigfried Uiberreither das Bergmannstreuegeld“ vom 1. Mai 1944 besonders wertvoll.

Wie anders ist jetzt die Atmosphäre dieses offiziellen Filmdokuments: Ausgezehrte Gesichter der alten untersteirischen Knappen, nachdenkliche, bittere Blicke, keine lachenden Kinder mehr, die Fähnchen mit dem Hakenkreuz schwenken, kein Siegeslächeln. Von der Euphorie über den „Anschluss“ scheint nun – ein knappes Jahr vor Kriegsende – nichts mehr übrig geblieben zu sein. Nur der Gauleiter beschwört in seiner Rede unbeirrt den Endsieg.


--> Historische Filmdokumente (1914-1933)



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele