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Per Flugzeug ins alte Rom #

Wo heute in Graz Flugzeuge starten und landen, befand sich vor etwa 1800 Jahren eine römische Luxusvilla. Eine Spurensuche.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


dreidimensionale Rekonstruktion der römischen „Villa Thalerhof“
Die digitale dreidimensionale Rekonstruktion des Baukörpers der römischen „Villa Thalerhof“ aus dem 2. Jahrhundert. Hier wohnte man wie in einem antiken Fünfsternehotel © BDA/FLUGHAFEN

Man glaubt es kaum, aber in Forst bei Kalsdorf, nahe dem Flughafen Graz-Thalerhof, befand sich vor gut 1800 Jahren der prächtigste Römerbau im römischen Österreich.

KeinWunder, war doch die Gegend des heutigen Flughafens, 20 römische Meilen nördlich von Flavia Solva, schon zu antiker Zeit ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, schreibt Patrick Marko in der Broschüre „Mit dem Flugzeug in die Römerzeit“: „Hier beim Vicus (Dorf) von Kalsdorf bei Graz zweigte von der entlang der Mur verlaufenden römischen Staatsstraße ein Weg nach Savaria, einer der wichtigsten Städte Pannoniens (heute Szombathely), ab.“Und genau dort,woheute die Flugzeuge starten und landen, lag im 2. und 3. nachchristlichen Jahrhundert einer der herausragendsten Bauten der ganzen Provinz Noricum. Es war also wenig überraschend, dass bereits seit dem 19. Jahrhundert von den Einheimischen in der Gegend immer wieder antike Funde gemacht wurden, wobei man leider auch vieles zerstört hat. Doch erst 1937 entschloss sich Walter Schmid vom Landesmuseum Joanneum zu genaueren Untersuchungen.

Wandmalerei der römischen „Villa Thalerhof“
Beinahe vollständig erhalten ist die schöne Wandmalerei einer Wachtel im Mitteltrakt © UNIVERSALMUSEUM JOANNEUM

Es war einmal ein Hügel#

Damals war in der Ortschaft Forst südlich des jungen Flughafens noch ein deutlich sichtbarer Hügel vorhanden, der unter der Leitung von Marianne Grubinger erforscht wurde. Das Ergebnis war sensationell, die Grabungen brachten zutage, was Schmid sofort als „den größten und prächtigsten Römerbau der Ostalpen“ bezeichnete.

Was da zutage gefördert wurde, konnte sich wirklich sehen lassen: ein riesiges, luxuriöses Anwesen, das auf gut 160 Metern in Ost-West-Richtung etwa 80 Repräsentations-, Wohn- und Wirtschaftsräume besaß (siehe digitale 3-D-Rekonstruktion unten). Hier war alles vorhanden, was ein römisches Luxusherz erfreute: riesiger Badetrakt, Wandvertäfelungen aus Marmor, Stuckverzierungen, schöne Mosaike und (natürlich) eine Fußbodenheizung im ganzen Haus. Sogar die bis zu 46 Meter langen Korridore waren durchgehend beheizbar.

„Jedes Zimmer, ja jede Wand war mit anderen Mustern bemalt“, hält Marianne Grubinger in den „Blättern für Heimatkunde“ 1959 fest. Vor allem „das schöne, glatte Pompejanischrot“ kommt häufig vor, betont sie. Im Mitteltrakt werden die Repräsentationsräume vermutet, weil von hier die meisten der gefundenen Wandmalerei-Fragmente stammen. Darunter auch das fast voll ständig erhaltene Bild eines Vogels, wohl einer Wachtel (siehe Abbildung unten rechts).

Die damalige Grundbesitzerin erzählte, so Grubinger, „dass nach dem Ersten Weltkrieg die großen nördlichen Räume von Sträflingen umgegraben und eingeebnet worden seien“. Dabei sei man auf einen steinernen Herd gestoßen, aufdemmehrere ganze irdene Töpfe standen und solche seien auch am Boden gelegen.

Großzügige Förderungen#

Die Grabungen ab 1937waren von österreichischen und – nach dem Anschluss – von deutschen Stellen großzügig gefördert worden. Nach dem Krieg ging die Aufarbeitung der Fundstücke natürlich nur noch stockend voran. So bleiben heute die Aufzeichnungen Grubingers, neben den vielen Kisten mit Fundstücken, als einzige Unterlagen aus erster Hand, bemängelt Ingo Mirsch in seiner Schrift über „Thalerhof bei Graz. Römerzeitliche Villa, Schloss und Massengräber“. „Lediglich durch Zufall haben sich vereinzelt Aufzeichnungen und Fotos erhalten.“ Und weiter: „Die Villa Thalerhof wurde anlässlich der Grabungen nie exakt eingemessen, sodass bis vor Kurzem nicht einmal ihre genaue Lage bekannt war.“

Nach diesen Grabungen war alles wieder zugeschüttet worden, ein Teil des Gebäudes ist sogar direkt unter der Piste des Flughafens verschwunden. Erst 2007 wurden anlässlich der geplanten Erweiterung des Flughafens Georadarmessungen durchgeführt, die beweisen, dass noch beachtliche Reste der inzwischen unter Denkmalschutz gestellten Villa Thalerhof unter der Erde liegen – und dort auch erhalten bleiben. Aber nicht nur dort finden die Fundamente der alten Villa auch in Zukunft ihren Platz, sondern im Ankunftsbereich der Flughafenhalle selbst erinnert eine kleine Ausstellung daran, die in einer Kooperation des Flughafens mit dem Universalmuseum Joanneum bis Ende April 2011 gezeigt wird.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele