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Kapellner, Ewald (Essay)#

Ein-Mann-Betrieb kämpft gegen Plastik-Müllberge
Ewald Kapellner tüftelt mit seiner Firma Biobag an Verpackung, die verrottet.

Von Sophia Freynschlag

Bioplastik gilt als Zukunftsmarkt. Produkte vom Joghurtbecher bis zu Cateringgeschirr und Hundekotbeutel.

Sack für Biomüll, Foto: Strasser
Sack für Biomüll
Einen Joghurtbecher samt Deckel in die Biotonne werfen? Auch heute noch erntet Ewald Kapellner skeptische Blicke, wenn er seine Produkte vorstellt. Der Gründer von Biobag Austria gilt als heimischer Pionier auf dem Gebiet der Biokunststoffe – das sind Folien, Verpackungen oder Müllsäcke, die aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden und nach Gebrauch verrotten. Das "Plastikzeitalter", in dem jeden Tag Unmengen von Plastikmüll in die Tonne wandern, ist Kapellner ein Dorn im Auge. Während ein Plastikbeutel mehr als 100 Jahre für den Abbau braucht, baue sich ein Biobag-Müllbeutel innerhalb von 42 Tagen rückstandsfrei ab. Bioplastik biete eine Alternative zu herkömmlichem Plastik, das von Rohöl abhängig ist, sagt Kapellner. Die Folien und Säcke werden auf Basis von Maisstärke produziert, die Becher aus Polymilchsäure.

Das Sortiment reicht mittlerweile von Müllsäcken über Tragetaschen bis zu Hundekotbeuteln und Frischhaltefolie, die atmet. Unter dem Motto "Große Feste ohne Reste" werden auch kompostierbare Cateringartikel von Linz aus exportiert.

Schon seit 25 Jahren beschäftigt sich Kapellner mit Bioplastik-Verpackungen, vor 15 Jahren gründete er dann seine Firma in Linz, die bis heute ein Ein-Mann-Betrieb geblieben ist. Für Projekte sucht er sich Partner. Seit einigen Jahren gehört er zur Dachmarke Biobag International, die laut eigenen Angaben der weltgrößte Erzeuger von kompostierbaren Produkten ist.

Becher wachsen auf Feld#

"Die Ideen stammen immer noch aus meiner Feder", betont Kapellner. So brachte ihn sein schulpflichtiger Sohn auf die Idee, kompostierbare Schulmilchbecher zu entwickeln. Derzeit werden österreichweit zehn Millionen kompostierbare Becher pro Jahr erzeugt, Biobag arbeitet dafür mit 22 bäuerlichen Direktvermarktern zusammen. In fünf Jahren werde es im großen Stil Joghurtbecher aus kompostierbarem Material geben, prognostiziert Kapellner.

Oft tüftelt er jahrelang an einer Idee – etwa am Deckel für die Becher. Das nötige chemische Wissen hat er sich selbst angeeignet.

Die Anfangszeit war für ihn ein Spießrutenlauf. "Niemand konnte sich vorstellen, dass sich das Material anfühlt wie Plastik, aber aus nachwachsenden Rohstoffen und kompostierbar ist", erzählt Kapellner.

Der Durchbruch kam vor rund sieben Jahren. In niederösterreichischen Gemeinden gab es erste Tests, heute sind die Müllsäcke in allen österreichischen Abfallverbänden erhältlich.

Auch große internationale Kunden wie McDonald’s, die US-Navy oder Warner Brothers hat Biobag schon versorgt. Umsatzzahlen gibt Kapellner nicht bekannt – er könne mit dem, was die Firma abwirft, jedenfalls gut leben, sagt er.

Sein nächstes großes Ziel: Die Müllsäcke sollen österreichweit im Handel erhältlich sein. Zwar sind sie derzeit noch teuer im Vergleich zu herkömmlichen Plastiksäcken. Das werde sich aber ändern, sobald der Absatz steigt, hofft Kapellner.

Quelle: Wiener Zeitung, Printausgabe vom Freitag, 04. Juni 2010

Online seit: Donnerstag, 03. Juni 2010 16:57:00