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!!!Altes Bauen in Älterer Umgebung

!Historische Bauten und Interventionen in noch älterer Nachbarschaft (Essay)
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''Text und Bilder von''

[Hasso Hohmann|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Hohmann,_Hasso,_Univ._Doz._(Architektur,_Baukunst)]

''Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von'' 

__ISG Magazin Heft 3 / 2002__    ([Internationales Städteforum Graz|http://www.staedteforum.at])

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[{Image src ='Jesuiten-Gymn.jpg' height='300' class='image_left' caption='Die Nordfassade des ehemaligen Jesuiten-Gymnasiums in der Grazer Hofgasse.' width='194'}]

Die Art der Ausschnittwahl bei fast allen Fotografen ist ein klarer Beleg für das Wegsehen, für das selektive Sehen. Störendes wird ausgeblendet, weggeschnitten, verdrängt. Die hier gezeigten Beispiele aus Graz und Steyr gehören längst zu den viel besuchten Attraktionen der Innenstädte und werden oft fotografiert. Niemand käme auf die Idee, sie der Kritik wegen zu ändern - und dennoch mögen sie als Beispiele dafür dienen, dass sie eigentlich bei genauer Betrachtung schon vor 100 oder 400 Jahren als wirklich störende oder verunklärende Architekturelemente in das damalige Ensemble implantiert wurden.


!Beispiel 1

Das __ehemalige Jesuiten-Gymnasium__ in der Grazer Hofgasse 10 wurde 1618 bis 1619 errichtet und wird seiner herausragenden Höhe und der vorübergehend darin in grosser Zahl nistenden Tauben wegen auch Taubenkobel genannt. Die damaligen Nachbargebäude aus dem 15. bzw. 16. Jh. waren niedriger und wurden im 16. bzw. 18. Jh. umgebaut bzw. neu errichtet. Auch diese Bauten sind heute noch niedriger, als das Jesuiten-Gymnasium aus der Spätrenaissance. Es waren funktionelle Gründe, die zur Höhe führten - ein Argument, das schon im alten Rom immer wieder angeführt wurde und Grund dafür war, dass man dort bereits die Höhenentwicklung vor allem zu öffentlichen Flächen sehr restriktiv beschränken musste, das  aber auch heute wieder verstärkt zum Ruf nach Hochhäusern führt. Für die Ensemblewirkung war das ehemalige Gymnasium zu hoch gebaut worden, und man hätte vielleicht mit dem Baukörper statt dessen in den dahinter liegenden Gartenbereich ausweichen sollen.



[{Image src ='Hofgasse.jpg' height='200' class='image_right' caption='Die Nordfassaden der Häuser in der Grazer Hofgasse Nr. 6 und Nr. 8 mit dem Holzportal der Hofbäckerei Edegger-Tax.' width='279'}]
[{Image src ='Hofbäckerei.jpg' height='200' class='image_right' caption='Hofbäckerei Edegger-Tax' width='144'}]

!Beispiel 2

Gleich zwei Häuser weiter in Richtung Sporgasse beim Haus Hofgasse 6 findet sich das von sehr vielen Besuchern der Stadt Graz besuchte und fotografierte, sehr aufwendig gestaltete Holzportal der __Hofbäckerei Edegger-Tax__ von 1896. Dieses Portal nimmt nicht nur die Breite der [Fassade|Thema/Bauelemente] des sehr wertvollen aus dem 16. Jh. stammenden Hauses 6 ein, sondern reicht bis auf die erste Fensterachse des Hauses Hofgasse 8, das im Kern ins 15. Jh. datiert wird. Hierdurch ist die Eigenständigkeit der Fassaden der zwei Häuser stark verunklärt. Die Gestaltung des Portals der [Bäckerei|Thema/Baeckerei_Konditorei] ist allerdings so dominant, dass der Zusammenhang mit den Hausfassaden fast niemandem auffällt. Architektonisch ist die Kritik aber jedenfalls berechtigt.


!Beispiel 3

[{Image src ='Bummerlhaus.jpg' height='300' class='image_left' caption='Das gotische "Bummerlhaus" am Stadtplatz Nr. 32 mit seinen zwei Nachbargebäuden mit grossen rechteckigen Fassaden aus dem Barock bzw. aus dem 19. Jh.' width='430'}]

Das Ensemble der Häuser um den __Stadtplatz von Steyr__ in Oberösterreich empfinden wir heute als sehr reizvoll. Dennoch ist es von zwei Bauformen geprägt, die eigentlich nicht gut miteinander harmonieren und von sehr unterschiedlichem Charakter sind. Einerseits fallen die sehr gedrungen wirkenden giebelständigen gotischen Häuser mit ihren steilen Schopfwalmdächern auf. Die Fassaden der gotischen Häuser haben meist einen breiten Erker über Kragsteinen mit Segmentbögen im ersten Obergeschoss, der sich aus einer Baubestimmung der damaligen Zeit ableitet.

Daneben finden wir Bauten mit einer fast brettartigen reliefierten Fassade, die ein wesentlich breiteres und höheres Format haben und über einen geraden Traufabschluss verfügen. Auch diese Bauten stammen meist im
Kern aus der Gotik, wurden aber vor allem in der Zeit des Barock und im Historismus stark umgebaut und aufgestockt oder in seltenen Fällen auch ganz ausgewechselt, zumindest aber mit einer neuen Fassade versehen. Das neue Konzept zur Gestaltung des Stadtplatzes sah eine viergeschossige Verbauung mit durchlaufenden horizontalen Traufen vor. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden in einigen Fällen sogar Scheinfassaden unmittelbar vor die steilen gotischen Dächer gestellt. Einige der Fenster in solchen Fassaden haben nur eine halbe oder gar keine Funktion.

Das neue städtebauliche Konzept konnte aus wirtschaftlichen und anderen Gründen nur zum Teil umgesetzt werden, so dass wir heute eine Mischung aus sehr unterschiedlichen Bauten in Steyr vor uns haben, die ein sehr heterogenes Ensemble abgeben. Dennoch oder gerade deshalb wird heute Steyr zu den wertvollsten historischen Städten Österreichs gezählt. Fast allen Fassaden in Steyr ist ein spürbares Bemühen um architektonische Qualität gemeinsam.

[{VerifyArticle user='hmaurer' template='Standard' date='15. Mai 2013' page-date='2002' original-author='Hasso Hohmann' }]