!!!Sympathischer Querdenker

!!Für andere baut der Tiroler Architekt Hermann Holzknecht Wohnräume, für sich selbst schafft er Freiräume

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''Mit freundlicher Genehmigung der [Wiener Zeitung|http://wienerzeitung.at] (19./20. Juni 2010)''


Von

__Irene Brugger__


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[{Image src='Hermann_Holzknecht.jpg' caption='Hermann Holzknecht. Foto: Alois Gufler' width='200' class='image_left' alt='Hermann Holzknecht' height='219'}]


Seine bevorzugte Kopfbedeckung, eine kleine dunkle
Kappe, ist mittlerweile fast
schon sein Markenzeichen. Er hat
sie an einer Schaufensterpuppe
gesehen und für passend befunden.
Sich selber stellt Hermann
Holzknecht aber nicht gern in die
Auslage. „Ich bin für die Öffentlichkeit
nicht so interessant“, sagt
er, wobei keine Spur von Koketterie
mitschwingt. „Und dass ich
auf Handy und Internet verzichte,
ist das denn wirklich so etwas Besonderes?“

Nein, das Besondere
an ihm ist nicht, dass er, mitten
im Leben und im Berufsleben stehend,
auf mittlerweile unabdingbar
scheinende Kommunikationsmittel
verzichtet. Das ist zwar außergewöhnlich,
wäre aber nicht
der Rede wert, gehörte es nicht
zum Gesamtkonzept eines gelungenen
Lebens, das auch einen
sehr individuellen Umgang mit
dem Faktor Zeit beinhaltet. Schon
allein deshalb lohnt es sich, in
dieser so schnelllebigen Welt einen
genaueren Blick auf Menschen
wie ihn zu werfen.

!Der Oetztaler Rebell

Als gelernter [Architekt|Thema/Architektur] entwirft
und gestaltet Hermann Holzknecht
Häuser und Wohnungen,
aber was nützen die schönsten
Wohnräume, wenn es keine Freiräume
gibt? Solche hat sich Hermann
Holzknecht schon sehr früh
geschaffen. Dort, wo er herkommt,
gehört das zur Lebensund
Überlebenskunst. Im Tiroler
Ötztal, wo nicht nur die Berge,
sondern auch Hotelburgen senkrecht
zum Himmel aufragen, legen
sich manche Leute quer, um
nicht vom Sog einer touristischen
Massenkultur mitgespült zu werden.
Sie tun das oftmals mit polterndem
Charme und volksnaher
Poesie wie der Volkskundler und
Mundartdichter Hans Haid, mit
präziser literarischer Analyse und
Formulierlust wie der international
renommierte Schriftsteller
Norbert Gstrein, oder eben ruhig,
gelassen und unspektakulär wie Hermann Holzknecht.


[{Image src='Seminarraum.JPG' caption='Jausenstation/Seminarraum am Bichl/Ötztal. Foto: Hermann Holzknecht' class='image_right' width='300' alt='Haus.JPG' height='387'}]

Er gehört zu jener heute schon
seltenen Gattung von Menschen,
die man oft tagelang nicht erreicht,
weil sie weder Handy noch
Internet besitzen und auch den
Anrufbeantworter nicht regelmäßig
abhören – etwa, wenn sie unterwegs
sind. Es könnte also kompliziert
werden oder zumindest
ein bisschen umständlich, einen
Termin zu vereinbaren, diesen
kurz vorher nochmals zu bestätigen
oder, wenn nötig, abzuändern.
Aber dann funktioniert doch alles
problemlos. Pünktlich auf die
Minute erscheint Hermann Holzknecht
am vereinbarten Ort, einem
Innsbrucker Kaffeehaus.

Er mag Kaffeehäuser, weil sie sich
wie Inseln im hektischen Getriebe
des Alltags ausnehmen, obwohl auch hier die neue KommunikaKommunikationsformen
und die damit einhergehenden
Unarten längst Einzug
gehalten haben. 

Am Nebentisch
unterrichtet soeben eine Frau mittels
Handy jemanden davon, dass
sie sich gerade im Kaffeehaus befindet
und gemeinsam mit einer
lieben Bekannten einen Kaffee
trinkt, während die liebe Bekannte
die längste Weile unbeachtet daneben sitzt.

Das kann einem mit Hermann
Holzknecht nicht passieren. Fast
irritiert es, dass er während des
Gespräches nicht ein einziges Mal
auf die Uhr schaut. Er ist auch
nicht „auf dem Sprung“ zu neuen
Taten oder Geschäftigkeiten, er ist
ganz einfach da, hört zu und erzählt.


Solche Intensität springt
über. Man lässt sich selber auch nicht mehr so leicht ablenken und kann sich ganz auf das Gespraech konzentrieren.  Nein, er sei keineswegs ein
technikfeindlicher Mensch, sagt
Hermann Holzknecht, er sei mit
dem Auto hergekommen und
nicht mit der Kutsche, es stecke
bei seinem Verzicht auf Handy
und Internet auch keine Ideologie
oder die Angst vor Handystrahlen
dahinter, er sei einfach nur der
Meinung, dass ständige Verfügbarkeit
seine Freiheit mehr einschränke
als erweitere. Nichts gegen
flexible Arbeitszeiten, aber er
habe bereits an sich selbst die Angewohnheit
festgestellt, Menschen
für Arbeitsgespräche auch
außerhalb der Arbeitszeiten zu
kontaktieren, wenn sie mittels
Handy erreichbar sind. „Die ständige
Erreichbarkeit erzeugt Abhängigkeit,
Kontrollverhalten,
Ängstlichkeit und vor allem
Stress. Und ich möchte die Geschwindigkeit meines Lebens lieber selbst bestimmen."


[Voller Beitrag als PDF-File hier|Sympatischer Querdenker.pdf]



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[Wiener Zeitung|http://wienerzeitung.at], 19./20. Juni 2010
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%%hidden [Thema/Architektur]%% 
[{Metadata Suchbegriff='Architekt, Architektur, Holzknecht' Kontrolle='Ja'}]