!!!Was kostet die Welt?  

!!In Österreich ist es um die Finanzbildung nicht gut bestellt. Vor allem an Pflichtschulen  kommt sie laut Experten viel zu kurz. Was muss passieren? 

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''Von der [Wiener Zeitung|http://wienerzeitung.at] (Dienstag, 2. Mai 2017) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.''

Von

__Saskia Blatakes__

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[{Image src='mobile-phone.jpg' caption='Bargeldlos Bezahlen\\Foto: [pixabay.com|https://pixabay.com/de/handy-euro-geld-finanzen-2224000]' alt='bargeldlos Bezahlen' class='image_right' width='600' height='268'}]

Schulden zu machen war noch nie  so leicht wie heute. Bettina Fuhrmann,  Leiterin des Instituts für  Wirtschaftspädagogik an der WU  Wien erinnert sich: „Als ich Kind  war, gab es keine Bankomaten.  Ich weiß noch, wie erstaunt ich  war, als ich zum ersten Mal einen  benutzt habe und da auf einmal  hundert Schilling herauskamen.“  Nicht nur das [bargeldlose Bezahlen,  auch Online-Shopping mit  ein paar Klicks und Handy-Apps|Thema/Zahlungsmethoden]  haben unser Verhältnis zum  Geld abstrakter gemacht. „Man  hat fast nie Geld in der Hand, es  ist nicht so sichtbar, nicht mehr  so fühlbar.“ Und das hat Folgen.  Wirtschaftspsychologische Studien  zeigen: Wenn man etwas  mit Bargeld bezahlt, hat man ein  stärkeres Eigentumsgefühl, einen  stärkeren Bezug, als wenn man  nur die Bankomatkarte zückt.  

Generell ist es um die Finanzbildung  in Österreich heute  schlecht bestellt. Bettina Fuhrmann  erklärt: „Untersuchungen  zeigen, dass sehr viele Menschen  mit zentralen finanziellen Konzepten  wie Zinsen, Devisen oder  Krediten nicht viel anfangen können  oder nicht wissen, wie sie  davon betroffen sind.“ Mit einem  bestimmten, begrenzten Betrag  auszukommen, das sei eigentlich  die grundlegendste Fähigkeit  im Umgang mit Geld, so Bettina  Fuhrmann. Und gerade hier  hapert es: „Viele Jugendliche haben  eine Bankomatkarte und da  kommt halt immer wieder etwas  aus dem Automaten heraus. Viele  Eltern zeigen ihre Zuneigung mit  Geld und glauben auch noch, sie  tun etwas Gutes.“  

Am prägendsten  ist für Jugendliche,  wie ihre eigenen  Eltern mit  Geld umgehen:  Was erzählen sie  über Ausgaben  oder Aktien? Welche  Kaufentscheidungen  treffen  sie täglich? Bettina  Fuhrmann:  „Bei einigen Menschen  sitzt das Geld zu locker,  sie kaufen impulsiv und ohne die  Konsequenzen zu bedenken. Andere  sitzen andere sitzen drauf  als wäre es das schlimmste, etwas  zu investieren. Das Ziel wäre ein  bewussteres, aber auch entspannteres  Umgehen mit Geld.“  

Dass Bildung vererbt wird, gilt  seit dem französischen Soziologen  Pierre Bourdieu als Binsenweisheit,  an der sich nicht viel  geändert hat. Und genau wie Bildung,  werden auch Armut, das  generelle Verhältnis zum Geld  und die Tendenz, Schulden zu  machen immer noch vererbt. Und  Schuldnerkarrieren beginnen  heute sehr früh. Jugendliche borgen  sich oft untereinander Geld  aus, die Beträge werden dann oft  sukzessive höher, die Scheu vor  dem Schuldenmachen schwindet.  In einer Interviewstudie hat die  Wirtschaftspädagogin die Jugendlichen  gefragt, was Schulden eigentlich  sind. Die überraschende  Antwort der meisten: „Schulden  sind Beträge, die man jemandem  schuldet, den man nicht so gut  kennt.“ Bei Freunden werde geborgtes  Geld nicht als Schulden  empfunden, so Fuhrmann. Dazu  kommt folgendes: Eigentlich dürfen  Jugendliche bis 18 Jahren ihr  Konto gar nicht überziehen. Aber  viele Eltern haben  keinen Überblick  über die [Finanzen|Thema/Finanzen]  ihrer Kindern,  überweisen blind  regelmäßig Geld  oder unterschreiben  sogar direkt  bei der [Bank|Thema/Bank],  dass ihr Kind das  Konto überziehen  darf.  

Um solche Defizite  auszugleichen, müssten Jugendliche  in der Schule lernen,  mit Geld umzugehen. Und Finanzbildung  wird noch längst nicht an  allen Schulen angeboten. Es gibt  einzelne Schulen, die verstärkt  ihr Augenmerk darauf legen, vor  allem berufsbildende Schulen wie  Handelsakademien. Viele Schulen  nutzen auch gezielt die Angebote  der Nationalbank und Sozialministerium.  Aber letztendlich bleibt  es den Schulen selbst überlassen  und die Angebote variieren entsprechend  stark von Einrichtung  zu Einrichtung. Ab der fünften  Schulstufe steht in Gymnasien  und Neuen Mittelschulen „Geografie  und Wirtschaftskunde“ auf  dem Stundenplan. Leider steht bei  vielen Lehrern die Geografie im  Vordergrund, kritisiert Bettina  Fuhrmann. Auch die Lehrpläne  seien zum Teil zu allgemein gehalten  und nicht immer  in logischer  Reihenfolge aufgebaut.  Was auch  ein Grund sein  könnte, weshalb  Lehrer sie nicht  immer umsetzen.  Manche Schulen  überlassen es die  Finanzbildung  komplett dem Elternhaus.  

Für viele endet  das in der Schuldenfalle. Alexander  Maly, Chef der Schuldnerberatung  Wien sagt: „Wir haben zwar  nicht viele Jugendliche in der [Beratung|Thema/Beratung],  aber sehr viele Achtzehnjährige.  Dann werden scheinbar  plötzlich alle bisher gesehen Werbeclips  in die Realität umgewandelt  und alles auf Kredit gekauft,  was man sich eigentlich nicht leisten  kann“.  

Was hält er von der schulischen  Finanzbildung? „Eigentlich  müsste es schon in der Volksschule  beginnen. Die Finanzbildung an  den Pflichtschulen halte ich für  unterbelichtet. Da müsste es um  basale Dinge gehen: Was ist ein  Kredit? Was kostet ein auf Kredit  finanziertes Moped am Ende  des Tages? Und bitte auch: Was  ist eigentlich von den Versprechen  des Handels zu halten? In  den Neunziger Jahren wurde der  Konsumkredit in Österreich eingeführt.  Das halte ich für eine der  schlimmsten Erfindungen.“  

Von den Lehrerinnen und Lehrern  wünscht er sich, dass sie  die Jugendlichen in diesen ganz  grundlegenden Fragen bilden.  Aber er betont: „Auch die Bildung  der Anbieter wäre ganz wichtig. Es  ist nicht OK, wenn Kreditangebote  sich gezielt an Jugendliche richten.  Wenn ich Smartphones für  null Euro anbiete,  ist das für Jugendliche  eine sehr  große Verlockung,  die ein großes Risiko  birgt, denn  die echten Kosten  sind ja viel höher.  Die Politik  müsste da viel  mehr Sensibilität  von Banken und  Handybetreibern  einfordern. “  

Die Banken treten aber nicht  nur als Verführer auf – viele lancieren  Aufklärungsprojekte und  bieten in Kooperation mit den  Schulen Workshops zum Umgang  mit Geld an. Was ist davon zu halten?  Wirtschaftspädagogin Bettina  Fuhrmann warnt: „Kooperationen  mit Banken sind immer eine  Gratwanderung. Grundsätzlich  begrüße ich jede Initiative zur Finanzbildung.  Aber tatsachlich hat  eine Bank natürlich vor allem ein  Geschäftsinteresse. Es stellt sich  immer die Frage, was sie auf der  Agenda hat, wenn sie solche Maßnahmen  ins Leben ruft. Da sehe  ich gute, informationsorientierte  Angebote und leider auch Initiativen  bei denen die Aufklärung  schon sehr in den Hintergrund  rückt und die Schüler konkret  aufgerufen werden, ein Konto zu  eröffnen.“  

Kürzlich war zum Beispiel die  Raiffeisenbank mit als aggressiv  empfundener, an Jugendliche  adressierte [Werbung|Thema/Werbung] in die Kritik  geraten. Als eher positiv bewertet  die Professorin den Financial Life  Park auf dem Campus der Erste  Bank. In der multimedialen Ausstellung  sollen Jugendliche ab 10  Jahren spielerisch den Umgang  mit Geld lernen. Die Professorin  hat aber auch einen ganz simplen  Tipp: Zum Beispiel könnten die  Schülerinnen und Schüler versuchen,  bei einem Schulausflug mit  einer bestimmten Summe auszukommen.  Das könnte auch von der  Schule initiiert werden. 
 

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[Wiener Zeitung|http://wienerzeitung.at], Dienstag, 2. Mai 2017
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!Weiterführendes
> [Geld - gestern, heute, morgen|AEIOU/Geld_-_gestern,_heute,_morgen] (AEIOU)


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