!!!Tausendfacher Dank als bunte Bilderwelt
!!Der Riesenschatz an Mirakelbildern für die Schwarze Madonna in der Heiligen Kapelle zu Altötting

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Von

[Günther Jontes|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Jontes,_Professor_Dr._Günther_(Volkskunde,_Brauchtum,_Geschichte)]


''Die begleitenden Bilder wurden vom Verfasser bei zahlreichen Besuchen in Altötting in den Jahren 1988 bis 2005 aufgenommen. Sie sind Teil des Archivs „Bilderflut Jontes“. Das Bild mit der Abbildung der Madonna entstammt einer älteren undatierten Diaserie des Dia-Verlages  Fiedler, München. Danke! (Anm. d. Autors)''


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Die Heilige Kapelle mit dem Gnadenbild der Madonna in Altötting steht wahrhaft im Mittelpunkt der Marienverehrung in Bayern. Da sie in solitärer Lage inmitten eines großen Platzes steht, können sich ihr die Pilgerströme aus allen Himmelsrichtungen nähern. 


Weitere, sie an Größe und Höhe überragende Kirchen und liturgisch bestimmte Gebäude umgeben sie, so die doppeltürmige sogenannte Stiftskirche als Pfarrkirche, die St. Magdalenenkirche, die Päpstliche Basilika  und das Kloster samt Kirche der Kapuziner, wo dessen einstiger Pförtner, der hl. Bruder Konrad von Parzham ebenfalls vielfache Verehrung genießt.

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[{Image src='image1.jpeg' height='220' class='image_block' caption='Heilige Kapelle' alt='Heilige Kapelle' width='336'}]
[{Image src='image2.jpeg' height='220' class='image_block' caption='Heilige Kapelle' alt='Heilige Kapelle' width='336'}]
[{Image src='image3.jpeg' height='220' class='image_block' caption='liturgische Gebäude' alt='liturgische Gebäude' width='360'}]
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Den nach außen bescheiden wirkenden Bau umgibt ein gedeckter Umgang, der über zweitausend Votivbilder aus einem Zeitraum von etwa 1500 bis in unsere unmittelbare Gegenwart enthält.

Eine plastische Darstellung des Gnadenbildes von 1768 schmückt den Giebel über dem Eingang
 
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[{Image src='image4.jpeg' height='280' class='image_block' caption='Heilige Kapelle' alt='Heilige Kapelle' width='185'}]
[{Image src='image5.jpeg' height='280' class='image_block' caption='Heilige Kapelle' alt='Heilige Kapelle' width='424'}]
[{Image src='image6.jpeg' height='280' class='image_block' caption='Gnadenbild' alt='Gnadenbild' width='429'}]
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Die generelle Bedeutung von Altötting für das Herzogtum, das nachmalige Kurfürstentum und schließlich des Königreiches Bayern erhellt aus der Tatsache, dass die Wittelsbacher die Heilige Kapelle auch zu ihrer Herzgruft bestimmt hatten. In Urnen, getrennt vom Leib, wurden hier die Herzen bayrischer Herrscher ganz in der Nähe des Gnadenbildes aufbewahrt. Besonders hervorgehoben ist die silberne Urne, die mit der römisch-deutschen Kaiserkrone geschmückt ist und das Herz des Kaisers Karl VII. aus dem Hause Wittelsbach enthält. Seiner Herrschaft über das Reich ohne Machtmittel wurde durch „Kaiserin“ Maria Theresia bald ein Ende zugunsten ihres Gemahls Franz I. Stephan von Lothringen gemacht.


Die Bedeutung Altöttings für das katholische Deutschland wird auch durch Papstbesuche deutlich.

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[{Image src='image7.jpeg' height='330' class='image_block' caption='Herzurne' alt='Herzurne' width='519'}]
[{Image src='image8.jpeg' height='330' class='image_block' caption='Papstbesuche 1974' alt='Papstbesuche 1974' width='478'}]
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Bereits in einer Urkunde von 748 wird der Amtshof Autinga unter Herzog Tassilo III. genannt, der ebenfalls schon über eine Kirche verfügt haben muss. Sie dürfte noch in Resten im Kern der heutigen Heiligen Kapelle enthalten sein. Sie könnte ursprünglich eine Taufkapelle gewesen sein, denn in einer Legende soll hier der hl. Rupert von Salzburg vor 720 den bajuwarischen Herzog Odo getauft haben. König Karlmann übergab sie 877 an das von ihm hier ins Leben gerufene Marienstift. 1228 gründete Herzog Ludwig hier ein neues Chorherrenstift mit einer Marienkirche, deren Matrozinium dann auf die Kapelle übergegangen zu sein scheint. Das spätgotische Langhaus der Kapelle erstand um 1490 und auch der den gesamten Bau umschließende Bogengang stammt aus dieser Zeit. Die heutige vertraute Gestalt wird erstmals 1519 im Bilde von Johann Aventins Altöttinger Chronik deutlich.

Das Gnadenbild der Altöttinger hl. Maria mit Kind entspricht dem der Schwarzen Madonnen, bei denen Gesicht und Inkarnat eine dunkle bis schwarze Färbung haben.


[{Image src='image9.jpeg' height='430' align='center' caption='' alt='Gnadenbild der Altöttinger hl. Maria mit Kind' width='273'}]

Damit ist die Altöttingerin in einer Gruppe mit den Madonnen von Montserrat in Katalonien, im polnischen Tschenstochau / Jasna Gora, in der Maria Einsiedeln-Kapelle in Rastatt oder in den frühgotischen Malereien im steirischen Stift Göss vereint. Es gibt dazu mehrere Erklärungen, von welchen diejenige sehr pragmatisch ist, dass nämlich im Laufe von Jahrhunderten sich starke Schichten von Kerzenruß an der Oberfläche des Inkarnats abgelagert hätten. Eine andere theologische Deutung bezieht sich sich auf ein Zitat aus dem Hohen Lied Salomonis. Die lateinische Aussage Nigra sum sed pulchra / „Schön bin ich aber schwarz“ bzw. altgriechisch in der Septuaginta melaina eimi ego kai kale bezieht sich auf die Seele als Braut Gottes, womit Maria gemeint ist. Das künstlerisch eher bescheidene Bildwerk stammt aus der Zeit früher Gotik um 1330.

[{Image src='image10.jpeg' height='430' align='center' caption='' alt='Madonna' width='281'}]

Eine historistische Glasmalerei in der Stiftskirche von Altötting zeigt sie ebenso gekleidet und gekrönt. Nicht wie bei anderen Gnadenbildern gibt es eine große Anzahl von zum Wechseln bestimmter kostbarer Kleider und verschiedenartiger Kronen. Sie erscheint immer im selben Gewand. Das Kleid aus Silberbrokat mit Goldstickerei in seiner heutigen Gestalt weist auf das 17. Jahrhundert, die fälschlich Skapulier genannte Stoffbahn, die  vom Hals bei Mutter und Kind mit ihrer reichen Stickerei herabfällt, stammt aus dem Hochbarock des 18. Saeculums.



Die so zahlreichen Votivbilder, die den Umgang von unten bis an die Decke dicht gehängt schmücken, sind nur ein Aspekt einer tief verwurzelten Volksfrömmigkeit. Sie sind gleichsam der Endpunkt einer Kette frommer Handlungen, an deren Anfang ein Gelöbnis für eine persönliche Bitte steht und die mit der dankerfüllten Präsentation eines Bildes endet, das auf Bitte, Erfüllung und Dank Bezug nimmt. 

Wallfahrt hat verschiedene Ursachen, die sich im Spätmittelalter fast exzessiv herausgebildet hatten. Zum einen war es die Bitte um Eingreifen des Numens in eine persönlich kaum mehr zu bewältigende Situation. Zu anderen unternimmt man die Pilgerreise, um den Dank auszusprechen, weil man die Lösung eines Problems durch das Eingreifen dieser angeflehten höheren Macht empfunden hatte. Eine dritte Komponente war, dass man für schwere Sünden zur Sühne auch zu einer Bußwallfahrt verurteilt werden konnte. Allerdings bestand in der Verfallszeit in den Zeiten vor der Reformation auch die Möglichkeit, gegen entsprechendes Honorarium auch andere Personen diese Auflagen für sich tun zu lassen. Da die lebensgefährliche Wallfahrt nach dem Heiligen Land nur von wenigen gewagt wurde, trat zur erstrebenswertesten Pilgerfahrt die auf dem Jakobsweg nach dem Orte Santiago de Compostela im nordspanischen Galicien hinzu. Man glaubte, wenn man ihn erreichte, dort am Grabe des Apostels Jakobus d. Ä. zu sein, zu verweilen und dem Matamoros („Maurentöter“), dem Besieger der muslimischen Mauren seine Anliegen vorzutragen. Dementsprechend wurde seine Darstellung als Pilgersmann mit Tracht und Abzeichen über das Mittelalter hinaus eine Quelle für das Aussehen dieser Leute.

Die erste Marienwallfahrt von weither nach Altötting steht im Zusammenhang mit dem ersten bezeugten Wunder, das sich 1489 hier ereignet haben soll. 1497 erschien das erste Wallfahrtsbüchlein als Anleitung, das Richtige zu tun. Damals löste Altötting den bis dato größten Wallfahrtsort Bayerns, nämlich den Heiligen Berg von Andechs ab.   

Barocke Skulptur des Apostels Jakobus d. Ä. in der Bürgerspitalskirche von Weil der Stadt. Er trägt einen Schulterkragen, der mit großen Pilgermuscheln benäht ist. Der Pilgerhut mit emporgebogener Krempe trägt ebensolche Muscheln und dazu gekreuzte Pilgerstäbe. In der Hand trägt er einen solchen, an dem auch eine Kürbisflasche für Getränk befestigt ist.

[{Image src='image11.jpeg' height='430' align='center' caption='' alt='Jakobus d. Ä. in der Bürgerspitalskirche von Weil der Stadt' width='285'}]


Durchblicke im Umgang lassen erkennen, dass tatsächlich vom Boden bis zur Decke Votivbilder hängen und selbst die schrägen Dachungen damit geschmückt sind.

 
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[{Image src='image12.jpeg' height='470' class='image_block' caption='' alt='Votivbilder' width='315'}]
[{Image src='image13.jpeg' height='470' class='image_block' caption='' alt='Votivbilder' width='324'}]
[{Image src='image14.jpeg' height='470' class='image_block' caption='' alt='Votivbilder' width='325'}]
[{Image src='image15.jpeg' height='370' class='image_block' caption='' alt='Votivbilder' width='568'}]
[{Image src='image16.jpeg' height='370' class='image_block' caption='' alt='Votivbilder' width='235'}]
[{Image src='image17.jpeg' height='370' class='image_block' caption='' alt='Votivbilder' width='240'}]
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Votivbilder bilden also den Abschluss dieser psychologisch verständlichen Kette von Handlungen. Sie zeigen im Kern das Ereignis, für welches Hilfe erfleht und auch erreicht wurde. Ein Text schildert in knapper Form den Hergang, nennt den Namen des Stifters, meist auch das Jahr. Die Formel EX VOTO „aus einem Gelöbnis heraus“ findet sich des Öfteren. Und niemals vergessen wird eine über allem schwebende Darstellung der Gottesmutter in der Altöttinger Form der Verehrung. 

Da die erbetene Hilfe, wenn sie eintrat, für ein die Naturgesetze durch Mariens Fürsprache und Gottes Hilfe außer Kraft setzende Wunder angesehen wurden, als Mirakel also, nannte man die Bilder auch Mirakelbilder. Schon in früher Zeit wurden solche Wunder in Mirakelbücher geschrieben, die dann wie im Falle  Altötting anzunehmen ist, in eine einheitliche Reihe solcher bildlichen Darstellungen gebracht wurden, die heute der älteste Bestand der Heiligen Kapelle sind.

Die Besucher der Heiligen Kapelle kann man in mehrere Gruppen einteilen. Zum einen sind es die ernsthaft als Pilger kommenden Menschen. Dann folgen die Leute, deren Interesse auf die kulturgeschichtlichen Komponenten dieser Materialisationen von Frömmigkeit gerichtet ist. Das sind Menschen mit wachen Sinnen, die ein allgemeines Interesse, aber auch eine spezielle Intention hierher gebracht hat. Dazu zählen allgemein Gebildete, aber auch ausgesprochene Fachleute wie Volkskundler, Kunst- oder Kirchenhistoriker, auch Photographen, denen es vor allem um schöne Bilder geht. Ja, und schließlich ist da auch der gaffende Pöbel, der es nicht nur beim Betrachten der Bilder bleiben lässt. Diesem muss man auch in Erinnerung rufen, wie er sich zu benehmen hat und im Notfall auch auf die Finger klopfen.

[{Image src='image18.jpeg' height='430' align='center' caption='' alt='Hinweisschild' width='266'}]


Als im Zweiten Weltkrieg der Bombenkrieg der alliierten Mächte sich auch auf die Zivilbevölkerung richtete und unersetzliche Altstädte und Kulturdenkmäler, selbst sakrale Zentren in Schutt und Asche sanken, wurden die bedeutendsten, noch aus dem Spätmittelalter stammenden Votivbilder bombensicher geborgen.

[{Image src='image19.jpeg' height='400' align='center' caption='' alt='Hinweisschild' width='659'}]

Eine zweite Manifestation von Wundern sind solche, welche die Gesundheit betreffen. Medizinische Mirakel werden oft als solche angesehen, die den Bewegungsapparat der Gliedmaßen betreffen. Bei Heilung wurden deshalb ursprünglich notwendige Hilfsmittel an den Ort der Heilsvermittlung gebracht und dort hinterlassen. Waren es ursprünglich einfache Holzkrücken, kamen später mit der Entwicklung der Unfallmedizin auch Prothesen dazu. In Altötting sind sie im Umgang an mehreren Stellen gemeinsam aufgehängt und vermitteln bei Betrachtung einen eher zwiespältigen Eindruck.

 

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[{Image src='image20.jpeg' height='400' class='image_block' caption='' alt='Holzkrücken und Prothesen' width='263'}]
[{Image src='image21.jpeg' height='400' class='image_block' caption='' alt='Holzkrücken und Prothesen' width='590'}]
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Leiden zu erleben und geduldig mit der Aussicht auf höheren Lohn auf sich zu nehmen, gipfelt in der Aussage, dass jeder sein Kreuz auf sich nehmen möge, wie Christus seines in der Passion getragen habe. Auch in Altötting bietet sich dem Frommen die Möglichkeit mit einem solchen symbolischen Holzkreuz betend das Heiligtum zu umrunden. Auch bringen Pilger solche Kreuze mit sich und hinterlassen sie dem Heiligtum.

 
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[{Image src='image22.jpeg' height='370' class='image_block' caption='' alt='Hinweistafel' width='610'}]
[{Image src='image23.jpeg' height='370' class='image_block' caption='' alt='Kreuze' width='255'}]
[{Image src='image24.jpeg' height='330' class='image_block' caption='' alt='Kreuze' width='519'}]
[{Image src='image25.jpeg' height='330' class='image_block' caption='' alt='Kreuze' width='502'}]
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Die Votivbilder sind nicht wahllos aufgehängt. Ein gewisses Ordnungsprinzip ist zu beobachten, wenngleich dieses wegen der Masse an Bildern nur schwer zu durchschauen ist. An bestimmten Stellen sind es ganz neue, dann folgen Wand- und Deckenabschnitte, wo ältere zusammengefasst sind. Thematisch ist keine Gliederung erkennbar, doch die größten Kostbarkeiten, die Mirakeltafeln des Spätmittelalters bilden einen fast geschlossenen Kranz unter der Decke an der Kapellenmauer. Sie sind dem tappenden Zugriff durch die Höhe entzogen.

Man sollte bei der Einschätzung der Qualität der Bilder sich nicht von ästhetischen oder kunsthistorischen Leitlinien lenken lassen. Es geht vor allem um Inhalte und den frommen Sinn, der dahinter steckt. Wenngleich es keine vorgeschriebenen Bildgrößen gibt, ähneln sie in den Abmessungen einander ziemlich und sind fast immer hochformatig. Technisch sind sie auf Holztafeln oder  Leinwandgründe als Tempera- oder Ölmalerei, die neuen auch in Acrylfarben bunter Prägung gehalten, während die alten farblich ziemlich zurückhaltend sind.

 
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[{Image src='image26.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Votivbilder' width='306'}]
[{Image src='image30.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Votivbilder' width='289'}]
[{Image src='image28.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Votivbilder' width='308'}]
[{Image src='image27.jpeg' height='340' class='image_block' alt='Votivbilder' width='563'}]
[{Image src='image29.jpeg' height='340' class='image_block' alt='Votivbilder' width='502'}]
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Auch einfachsten Dankesbezeugungen wird ein wenig Raum gegönnt, sodass selbst handgeschriebene Papierblätter und Kartons die Sehnsucht reflektieren, seinen Dank an dieser geheiligten Stätte zu deponieren.
 
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[{Image src='image31.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Dankesbezeugungen' width='312'}]
[{Image src='image32.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Dankesbezeugungen' width='285'}]
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Die gotischen Votive begleiten rundum die Decke. Es handelt sich um Tafelmalereien, die der Donauschule um 1520 nahestehen. Diese sich die Donau entlang von Passau bis nach Wien erstreckende neue Sicht der landschaftlichen Realität zeigt zum ersten Mal in der Kunstgeschichte des süddeutsch-österreichischen Raumes Landschaften und Orte, wie sie damals wirklich ausgesehen haben. Die Tafeln sind etwa zwei Meter hoch und tragen im oberen Teil ein Bild, das erzählt, was im unteren in Worte gefasst ist: Wunder, die der Fürsprache der Madonna zu verdanken waren. Es handelt sich sozusagen um ein gewaltiges Mirakelbuch und um eine detailreiche, unglaublich wichtige Quelle zur geistigen und materiellen Volkskunde.

 
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[{Image src='image33.jpeg' height='230' class='image_block' alt='gotische Votive' width='350'}]
[{Image src='image34.jpeg' height='230' class='image_block' alt='gotische Votive' width='330'}]
[{Image src='image35.jpeg' height='230' class='image_block' alt='gotische Votive' width='351'}]
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Ein dramatisches Ereignis und eine wundersame Errettung schildert eine Tafel, die auf das Jahr 1490 Bezug nimmt. Eine Frau war mit ihren drei jungen Töchtern auf einem Floß auf der Isar unterwegs. In Moosburg rammte man damit eine Brücke, das Floß zerbrach und die Mutter samt den Mädchen fiel ins Wasser, wird eine Strecke lang abgetrieben, jedoch nach einiger Zeit unversehrt ans Ufer geschwemmt. Im Originaltext wird das Wunder so erzählt:

''Scolastica Wintzerin Renntmeisterin zw Regensburg ist selbstvierde zw Minchen auf ainem Floss aufgefaren. Sind die Schefleut zw Mospurg an dy Pruckhn gefaren, den Flos zw Drümern gestossen. Ist obgemelte Renntmaisterin sambt iren dreien Junckhfrailen in Mitten der Iser in allen ihren Klaidern wol drey Acker lengs Wegs gerunnen. In dem hat sy angerueft Mariam, sich here gen Altenödting versprochen, zuhant an alle Hilff und an Laid an das Gestad ausgerunnen. Geschehen im lxxxxi Jar.''


[{Image src='image36.jpeg' height='430' align='center' caption='' alt='Originaltext Wunder' width='297'}]

Zuweilen kommt auch die Erweckung eines bereits toten Menschen vor, wie hier vermerkt wird. Das liest sich dann so:

''Hanns Winckl Wirth im Pirg hatt ain Khindt Cristoff gehaissen. Als er mit seiner Ehfraw vom Feldt heimkhomm, haben sie es todt gefunden. Aber durch Anruffung Maria von Ödting wiederum zum Leben kommen.''

[{Image src='image37.jpeg' height='430' align='center' caption='' alt='Originaltext Wunder' width='280'}]
 

Die Tafeln mit Wunderberichten fanden noch im 17. Jahrhundert Fortsetzungen. Der Stil und die Art der Darstellung hatten sich wesentlich geändert und die Temperatechnik war der Ölmalerei  gewichen. 

Dass auch Verbrecher durch Gelöbnisse an Maria gerettet wurden, zeigt das Beispiel eines Studenten aus Hall in Tirol. Dieser wurde wegen eines Mordes 1663 gefänglich eingezogen und nach einem Prozess zur grausamsten aller Strafen, dem Rädern verurteilt. Dabei werden dem Delinquenten systematisch die Knochen der Glieder durch ein Rad zerbrochen und er schließlich in ein Rad geflochten auf einem hohen Pfahl zur Schau gestellt. Hier heißt es, dass der Scharfrichter „ihm dreizehn grausame Radstöße“ versetzt habe. Trotzdem wurde ihm nur der linke Fuß gebrochen und er überlebte selbst das Insradflechten. Man scheint nicht auf seinen Tod ausgewesen zu sein, denn er konnte sogar noch im Gefängnis noch eine Wallfahrt nach Altötting geloben.

 
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[{Image src='image38.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='308'}]
[{Image src='image39.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='308'}]
[{Image src='image40.jpeg' height='470' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='306'}]
[{Image src='image41.jpeg' height='330' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='215'}]
[{Image src='image42.jpeg' height='330' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='216'}]
[{Image src='image43.jpeg' height='330' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='501'}]
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Oft geht es bei den Gelöbnissen wie hier um eine schwere Geburt

''Jörgen Haniflers Haussfraw von Rietnburg an der Altmüll ist zwen Tag gelegen auf dem Marterstro und schwärlich gearbait zu der Geburde, das khain Hofnung des Lebens mer gewest, haben auch die Hefamen gemaint das Khind sey nimer in Mueter Leib lebendig. Also hat ir Hauswiert gerueft andächtiglich zu der Mueter Gots Hilf, sich parfues mit Wasser und Brod und ainem lebendigen Opfer in ihr heiligs Gotshaus...''

1514 geht es bei einem der Mirakel um die Heilung eines Kindes von der Epilepsie. Dieses Leiden, das auch mit Dämonen in Verbindung gebracht wurde, hieß im Frühneuhochdeutsch „die fallende Krankheit“, weil ein plötzlicher epileptischer Anfall den Kranken hinfallen, stürzen läßt. Die volksetymologische Deutung des ähnlichen Klanges ließ den hl. Valentin zum Schutzpatron dieser Leidenden werden.

''Paulus Schneiderin drey Meil Wegs von Villach hat ainen Khnaben, der ist mit Sant Valentins Krankheit schwärlich beladen gewesen, das ien die Krankheit in Tag und Nacht bey dreissig Mallen heftiglich berürt.'' 

 

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[{Image src='image44.jpeg' height='370' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='240'}]
[{Image src='image45.jpeg' height='370' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='565'}]
[{Image src='image46.jpeg' height='370' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='242'}]
[{Image src='image47.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='413'}]
[{Image src='image48.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='184'}]
[{Image src='image49.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='412'}]
[{Image src='image50.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='413'}]
[{Image src='image51.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='184'}]
[{Image src='image52.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='187'}]
[{Image src='image53.jpeg' height='270' class='image_block' alt='Tafeln mit Wunderberichten' width='172'}]

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Am Beginn des 16. Jahrhunderts erfasste die Geschlechtskrankheit der wahrscheinlich aus der Neuen Welt eingeschleppte Syphilis die europäische Menschheit und macht dem alten Badstubengenuss und -luxus ein Ende. In diesem Fall erkrankte eine Frau aus Wien „an den Franzosen“, wie man die Krankheit auch nannte, wurde aber nach einem Gelöbnis nach Altötting wieder gesund.


[{Image src='image54.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='242'}]

Gemeinschaftliche „Verlobungen“ nach Altötting wurden auch von Besatzungen und Passagieren in Seenot gemacht:

[{Image src='image55.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='533'}]

Zufällige Stichwunden können augenblicklich mit dem Tod enden. Hier ging es noch einmal gut aus, hatte man doch rechtzeitig die Altöttinger Muttergottes angerufen:

''Item Perer Palbierer von Ried des Sun ist gefallen an ein scharpfen Pfryemen, welcher inn das Hertz eingangen ist bis an das Gehültz her zu vnser Frawen versprochen worden, ist der Pfryem aus dem Hertzen gezogen worden, khain Pluet hernach gangen, sundern frisch vnd gesundt worden. ''

 

[{Image src='image56.jpeg' height='470' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='306'}]




Bei den neueren Votivbildern steht wohl das persönlichste Motiv, nämlich die eigene Gesundheit und die nahestehender Menschen an der Spitze. Da werden selbst ganze Operationsteams bei der Arbeit gezeigt.

Auch die technischen Möglichkeiten, Krankheiten zu begleiten und zu heilen, finden ihre bildliche Darstellung.

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[{Image src='image57.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='242'}]
[{Image src='image58.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='557'}]
[{Image src='image59.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='224'}]
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Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte die Kinderlähmung als weitgestreute Seuche ein Gefahrenpotential besonderer Art dar. Selbst das Beispiel einer Eisernen Lunge zur künstlichen Beatmung eines Kranken zeigt sich hier dem Betrachter.

[{Image src='image60.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='582'}]

Kleinkinder an altmodischen Küchenherden sind besonders Verbrühungen mit siedendem Wasser ausgesetzt.

[{Image src='image61.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='548'}]

Und irrtümlich von der Salzlösung zu trinken, der man die so wohlschmeckenden bayrischen Laugenbrezen verdankt, kann ebenfalls tödlich wirken.

[{Image src='image62.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='605'}]

Tuberkulose, die „weiße Pest“, war einst die Todeskrankheit armer und unterernährter Menschen. Besonders Kinder fielen ihr zum Opfer. Wenigstens erlaubte nach dem Zweiten Weltkrieg die Tuberkulinprobe, die staatlich gelenkte massenhafte Überprüfung von Kindern, Gefährdete einer Behandlung zuzuführen.

[{Image src='image63.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='582'}]

Waren es im 19. Jahrhundert noch Verkehrsunfälle mit Pferden und Kutschen, so wurde nach 1900 mit der einsetzenden Motorisierung der „Kraftwagen“, das Auto zur latenten aktiven und passiven Gefahr für Lenker und Mitfahrende.

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[{Image src='image64.jpeg' height='330' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='501'}]
[{Image src='image65.jpeg' height='330' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='546'}]
[{Image src='image66.jpeg' height='330' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='486'}]
[{Image src='image67.jpeg' height='330' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='492'}]
[{Image src='image68.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='566'}]
[{Image src='image69.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='235'}]
[{Image src='image67.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='552'}]
[{Image src='image71.jpeg' height='370' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='235'}]
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Da war die Amateurfliegerei schon exklusiver, hatte aber auch ihre besonderen Gefahren.

[{Image src='image72.jpeg' height='370' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='559'}]

Wenn elementare Gewalten losbrechen, ist der Mensch oft hilflos und sucht sein Heil in Gottvertrauen und Hilfe von oben. Der Brand eines Hauses kann alle Habe, aber auch Mensch und Tier vernichten. Verschonung bringt dann Bilder des Dankes hervor, denn ein Gelöbnis scheint sich erfüllt zu haben.

 
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[{Image src='image73.jpeg' height='400' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='611'}]
[{Image src='image74.jpeg' height='400' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='261'}]
[{Image src='image75.jpeg' height='330' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='546'}]
[{Image src='image76.jpeg' height='330' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='497'}]
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Wie schnell der Tod kommen kann, erwies sich beim Tsunami an Asiens Küsten 2004. Und auch hier erscheint die Öttinger Madonna rettend über den alles verschlingenden Wogen.

[{Image src='image77.jpeg' height='470' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='328'}]

Kriege und ihre Folgen brachten unendliches Leid und Errettung aus dieser Bedrängnis wurde als göttliche Hilfe mit Dankbarkeit angenommen.

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[{Image src='image78.jpeg' height='470' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='309'}]
[{Image src='image79.jpeg' height='470' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='309'}]
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Das Überleben des 2. Weltkrieges wird hier mit Dankbarkeit vermerkt. Der Maler dieses Mirakelbildes hat aber eigenartiger Weise als Vorlage für einen Panzerangriff einen der ersten, damals noch Tank genannten englischen Panzer der Zeit 1917/1918 als Vorbild genommen, während der Soldat eindeutig Stahlhelm und Uniform der Deutschen Wehrmacht 1939/1945 trägt.

[{Image src='image80.jpeg' height='400' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='630'}]


Am mörderischsten wurde im Zweiten Weltkrieg die Ostfront gegen die Sowjetunion empfunden. Hier gelingt es einem deutschen Soldaten, sich unter dem Schutz der Altöttingerin vor einem angreifenden russischen Panzer in Sicherheit zu bringen, der als der gefährliche Koloss T 34/85  zu identifizieren ist.

Auch um Entlassung besonders aus langdauernder russischer Kriegsgefangenschaft wurde angerufen und Dank gespendet.

 
[{Image src='image81.jpeg' height='470' align='center' alt='Tafel mit Wunderbericht' width='321'}]

Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg hatte im Zweiten auch die Zivilbevölkerung alle Leiden durch Waffen durchzustehen, wobei Millionen den Tod fanden und unersetzbare Architektur- und Kulturschätze zerstört worden. Den Bombenkrieg der alliierten Mächte überlebt zu fanden, kommt auch in Dankbarkeit in den Votivbildern zum Ausdruck.

 

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[{Image src='image82.jpeg' height='270' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='416'}]
[{Image src='image83.jpeg' height='270' class='image_block' alt='neuere Votivbilder' width='407'}]
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Da Bayern ein Agrarland war und teilweise noch ist und die Landbevölkerung besondere Formen der Marienverehrung und Pilgerfahrten liebte, finden sich auch zahlreiche Danksagungen für Verschonung bei der landwirtschaftlichen Arbeit, die unvermutet auch in Katastrophen umschlagen kann. Besonders mit dem Aufkommen des Traktors ergaben sich neue Gefahrenquellen.
 

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Wer die Romane und Geschichten von Ludwig Thoma liest, stößt immer wieder auf das Streithanseltum, das besonders der ländlichen Bevölkerung Bayerns eigentümlich zu sein scheint. Kein Wunder also, dass man sich bei Maria auch für ausgestandene oder sogar gewonnene Prozesse bedankt.

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Das Bauen von Häusern hat viele gefährliche Geschehnisse im Gefolge, unter denen der Sturz vom Gerüst zu den unvermuteten Katastrophen gehört. Genügen die wenigen Sekunden freien Falls, sich noch der Altöttingerin anzuvertrauen?

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Aber auch Kinder hat sie gerettet, die erst lernen müssen, mit der Höhe der Gebäude zurechtzukommen. Von Fall zu Fall erst Erfahrung sammeln?

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Seit neuestem ist die Altöttinger hl. Maria anscheinend auch für den Sport zuständig. Fürwahr ein weites Betätigungsfeld!

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In seltenen Fällen kommt man auch ohne Illustration des Wunders aus. Sorgfältig kalligraphiert klingt in dieser Tafel aus 1939 auch ein leiser Vorwurf an die Madonna an, die die Votantin 18 Jahre lang n i c h t  erhört hatte.

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Und auch die Wallfahrer, die oft gemeinsam in riesigen Mengen besonders an den Marienfeiertagen nach Altötting kommen, hinterlassen ihre bildlichen Spuren.

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Ende gut, alles gut! Sie haben sich schließlich doch bekommen.





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