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Österreichische Besatzer in Bayern#

Als Wien in München diktierte#


Mit freundlicher Genehmigung der Wiener Zeitung, (Freitag, 20. Februar 2009)

Von

Alfred Fricek


Bauernkampf 1705/06 gegen Kaiserliche
Bauern kämpften 1705/06 gegen Kaiserliche/Kurfürst Max Emanuel war bereits geflohen

Ab 1704 standen kaiserliche Truppen im Land an der Isar. Die Bevölkerung litt äußerst schwer. Zehn Jahre Besatzungszeit bilden das Thema dieses Beitrags. Es geht um die hierzulande fast vergessene militärisch-politische Kontrolle Bayerns durch Österreich 1704ff – Folge der Niederlage bayrisch-französischer Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg bei Höchstädt.

Der Verfasser ist für die Aufgabe prädestiniert. OStR Prof. Mag. Dr. Alfred Fricek, Wien 16, hat 1954 den Universitätsprofessoren Heinrich Benedikt und Alphons Lhotzky als Doktorvätern seine Dissertation „Die Administration in Bayern von 1704– 1714“ zur Approbation vorgelegt. Nachstehend einige (z.T. redaktionell gekürzte) Ergebnisse dieser Arbeit.

Exzesse der Soldaten#

Österreich zog aus der Okkupation Bayerns große Vorteile. In der Kriegskasse Kaiser Leopolds I. herrschte oft Ebbe und so bot sich nach der Niederwerfung des Kurfürstentums Bayern die erwünschte Gelegenheit, auf Kosten dieses Landes die gewaltigen finanziellen Lücken, die die Kriegsschauplätze verursacht hatten, zu schließen.

Hatte doch Leopold nach der Schlacht von Höchstädt an Prinz Eugen geschrieben, er möge alles tun, „um Bayern völlig in seine Devotion und seinem entkräfteten Aerario zu gedeihlichem Nutzen zu bringen“.

Die Bayern 1705 von Österreich auferlegten extrem hohen Kontributionen sowie die vielen Exzesse der Besatzungssoldaten waren die Ursachen für den Bauernaufstand gewesen, der Ende 1705 ausbrach. Die Losung der Erhebung lautete: „Lieber bayrisch sterben als in des Kaisers Unfug verderben“. Erst Anfang 1706, nach wochenlangen Kämpfen, konnten die österreichischen Truppen den Aufstand niederwerfen. Die Verbitterung der Bevölkerung wuchs.

Graf als Administrator#

Noch 1705 war Graf Löwenstein vom Kaiser als Administrator in Bayern eingesetzt worden. Leopold I. wollte, dass Löwenstein seine Fürsorge darauf richte, die Landstände und Untertanen „so viel es bei jetzigen schweren Kriegszeiten geschehen kann in guter Stimmung zu erhalten“. Weiters hatte der Graf die (kurfürstlichen, Anm.) Kameralieneinkünfte zu verwalten, wie auch alles zur völligen Einbringung der Kontributionen zu tun. Ferner sollte er darauf achten, dass Exzesse vermieden würden.

Forschungen (von Verfasser Dr. Fricek, Anm.) haben ergeben, dass Graf Löwenstein die Wünsche des Kaisers bestens erfüllt hat. Den Grafen zeichneten nicht nur glänzende Fähigkeiten aus, sondern auch Menschlichkeit und Verständnis für die bedrückte Bevölkerung. Wiederholt setzte er sich während seiner fast zehnjährigen Amtszeit beim Kaiser für die Untertanen ein. Er konnte in einigen Fällen Erleichterungen erreichen.

Löwenstein erfreute sich wegen seiner Haltung großer Beliebtheit. Als während des Aufstandes die Bauern von Anzing um Waffenstillstand baten, lehnten sie Verhandlungen mit den österreichischen Heerführern ab und wollten ihre Abgeordneten nur zu Löwenstein schicken, „weil dieser, wie sie betonten, bei den Bauern in großer Estime (= Achtung) stehe“.

1706 wurden die Prinzen, die Söhne Max Emanuels (des 1704 aus dem Land geflohenen bayrischen Kurfürsten, Anm.) nach Klagenfurt gebracht. Die Reiseleitung hatte der sehr fähige Administrationsrat Petschowitz inne. Während der mehrere Wochen dauernden Überfahrt tat er alles, damit das Wohl der Prinzen nicht beeinträchtigt würde. Er informierte sich ständig über deren Gesundheitszustand, sorgte für ausreichende Verpflegung, für bequeme Nachtquartiere und Vergnügen aller Art.

Bis 1710 sorgte die Administration für mehr Kasernen und konnte so die Bürger und Bauern fast völlig von der Quartierlast befreien. Am 18. August 1713 erließ die Administration, da in Nieder- und Oberösterreich die schwarzen Pocken ausgebrochen waren, ein Dekret zur Vorbeugung an die Bevölkerung Bayerns.

Für mehr Hygiene#

Großes Augenmerk legte die Administration auf die Sauberhaltung von Straßen, „da die bösen Seuchen nicht wenig Beförderung aus Verunreinigung der Luft empfangen“. Den Untertanen wurde strengstens verboten, Unrat auf den Straßen auszuleeren. Jeder musste seinen Mist zu fließenden Bächen bringen und in diese schütten.

Ebenso waren tote Hunde, Katzen und Ungeziefer, von dem nach Meinung der Administration „viel Vergiftung der Luft zu erwarten wäre“, aus den Orten zu schaffen.

Männer und Frauen, die Unwohlsein verspürten, sollten sich sofort eines Arztes bedienen, damit im Anfangsstadium „durch die Geschicklichkeit der Ärzte geholfen werden könne“.

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Die Ärzte wurden ersucht, arme Untertanen umsonst zu pflegen und nur von reichen Bewohnern eine Belohnung entgegenzunehmen. Als die Seuche 1714 in einigen Gebieten ausgebrochen war, konnte sie erfolgreich bekämpft werden. Überdies wurde der eifrige Besuch des Gottesdienstes empfohlen – „um sich nicht dem Zorn des Erlösers auszusetzen“.

Mit dem Abzug der Administration am 25. Jänner 1715 war übrigens eine für die Juden verhältnismäßig gute Zeit zu Ende gegangen. Als Kurfürst Max Emanuel im März 1715 zurückgekehrt war, fand er, dass ihre Zahl während der Administrationstätigkeit sehr angewachsen war und befahl ihre Ausweisung.

1742 wieder besetzt#

Dr. Fricek erinnert in einem breiteren Überblick daran, dass Bayern 1742–1745 erneut von österreichischen Truppen besetzt wurde. Außerdem geht er auf weitere Aspekte der wechselvollen österreichisch-bayrischen Kontakte ein – so auf den Tiroler Aufstand 1809, der in erster Linie gegen die bayrischen Truppen gerichtet war.

Erst später besserten sich die Beziehungen der Nachbarn – bis in die Gegenwart. In diesem Zusammenhang führt Spezialtüftler Dr. Fricek auch eine Anekdote an. Bundeskanzler Bruno Kreisky hielt sich während seiner Regierungszeit (1970–1983) anlässlich einer Deutschland-Reise in Bayern auf und meinte dort: „Wenn man in Bayern ist, ist man nicht mehr in Österreich, aber noch nicht in Preußen.“ Das gefiel der bayrischen Regierung so gut, dass sie ihn mit einem Orden auszeichnete...

Wiener Zeitung,, 20. Februar 2009