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Bertha von Suttner (1843-1914)#


Mit freundlicher Genehmigung entnommen aus dem Buch: Große Österreicher. Thomas Chorherr (Hg). Verlag Carl Ueberreuter, Wien. 1985.


Bertha von Suttner war 43 Jahre alt, als sie 1886/87 bei einem längeren Aufenthalt in Paris erstmals von der britischen "Internationalen Assoziation für Schiedsgerichtsbarkeit und Frieden" hörte und von deren Zielen so begeistert war, dass sie beschloss, der Vereinigung "einen Dienst zu leisten", indem sie ein Buch schrieb. Es war von vornherein als ein Tendenzroman konzipiert; darum gab sie diesem Antikriegsbuch - der Geschichte einer Frau, die ihren ersten Mann in der Schlacht von Magenta, den zweiten während des Deutsch-Französischen Kriegs in Paris verliert - den aufsehenerregenden Titel "Die Waffen nieder!".

Der Roman wurde 1889 ein Sensationserfolg. Durch ihn wurde ihr Name bekannt, und dies wiederum war die wichtigste Voraussetzung für die internationale Auswirkung ihrer Arbeit für den Frieden. Eine zweite Voraussetzung waren ihre Fremdsprachenkenntnisse, ihre Weltgewandtheit, ihr bemerkenswerter persönlicher Charme, den sie sehr bewusst einsetzte und der seine Wirkung auch nicht verfehlte, als sie bereits an der Schwelle zum Greisenalter stand. Der Charme war ihr von Natur aus gegeben - Sprachenkenntnisse und Weltgewandtheit hat sie unter recht schwierigen Umständen erwerben mü;ssen. Bertha wurde am 9. Juni 1843 in Prag geboren, kurz nach dem Tode ihres Vaters, des pensionierten Feldmarschall-Leutnants und Wirklichen Kämmerers Franz Joseph Graf Kinsky von Wchinitz und Tettau. Ihre Mutter hatte mit Mädchennamen Sophia Wilhelmine von Körner geheiß;en und war mit dem Freiheitsdichter entfernt verwandt, im Sinne der Hoffähigkeit aber ihrem Manne nicht ebenbürtig. Als die junge Komtesse in Wien in die Gesellschaft eingeführt wurde, brachte ihr dies manche für sie schmerzliche Zurücksetzung; die Lage wurde nicht leichter, als die Spielleidenschaft ihrer Mutter das Vermögen zum Schwinden gebracht hatte. Als sie 30 Jahre alt war, eine 'alte Jungfrau' mit gutem Namen, nahm sie eine Anstellung als Erzieherin im Haus des Freiherrn von Suttner an. Suttner war ein in der Gründerzeit reichgewordener Industrieller, er hatte vier junge Töchter und drei erwachsene Söhne. Der jüngste dieser Söhne, Arthur Gundaccar, verliebte sich in die sieben Jahre ältere Bertha, die sein Gefühl erwiderte. Die Eltern Suttner widersetzten sich einer Heirat, sowohl wegen der Mittellosigkeit Berthas als vor allem wegen des für damalige Begriffe skandalösen Altersunterschiedes. Für die Erzieherin musste eine andere Stelle gesucht werden, möglichst weit weg. Baronin Suttner fand sie durch eine Annonce in der "Neuen Freien Presse" bei einem reichen schwedischen Industriellen und Privatforscher namens Alfred Nobel, der in Paris lebte und eine sprachenkundige Sekretärin suchte.

Bertha Kinsky reiste ab. Das Arbeitsverhältnis dauerte nur knappe zwei Wochen - dann wurde Nobel von seinem König nach Schweden gerufen, und Bertha ließ sich von ihrem Heimweh und ihrer Liebe zu Arthur heimführen. In aller Heimlichkeit heirateten die beiden am 12. Juni 1876 in Wien. Die anschließende Reise in den Kaukasus war so etwas wie eine Flucht, freilich in ihrer Abenteuerlichkeit gemildert durch die Tatsache, dass Bertha dort in der Fürstin von Mingrelien eine Freundin und Gönnerin hatte. Mehr als acht Jahre dauerte der Aufenthalt in Kutais, Tiflis und Zugidi. Baron Suttner machte sich auf verschiedenen Gebieten nützlich, entwickelte aber vor allem eine rege, finanziell durchaus ertragreiche schriftstellerische Tätigkeit. Der Wunsch, es dem geliebten Mann gleichzutun (und auch ein bisschen Neid), ließ Bertha ebenfalls zur Feder greifen. Den Durchbruch brachte "Die Waffen nieder!".

Alfred Nobel schrieb ihr: "Man sagt, dass es 2 000 Sprachen gibt... gewiss aber gibt es keine Sprache, in die Ihr vortreffliches Werk nicht übersetzt werden sollte, in der es nicht gelesen und darüber meditiert werden sollte."

n einem Brief von Tolstoi heißt es: "Der Abschaffung der Sklaverei war das berühmte Werk einer Frau, H. Beecher-Stowe, vorausgegangen. Gott möge es so fügen, dass die Abschaffung des Krieges Ihrem Werk folge." Bertha von Suttner fand Kontakt zu europäischen Parlamentariern, die sich seit 1888 zu interparlamentarischen Konferenzen zusammenfanden, und regte schließlich 1891 die Gründung der "Österreichischen Friedensgesellschaft" an, deren Prä;sidentin sie bis in ihr letztes Lebensjahr blieb.

Noch im Jahr 1891 hielt sie beim Weltfriedenskongress in Rom ihre erste öffentliche Rede, Berlin war Ziel der nächsten Reise, die Gründung eines dortigen Friedensvereins die Folge. Obwohl ihre Zusammenarbeit mit Alfred Nobel nur Tage gezählt hatte, blieb die Verbindung in Form eines Briefwechsels bis zu seinem Tod (1896) erhalten. Ein Hauptthema der Korrespondenz bildete die Friedensfrage. Im Januar 1893 teilte ihr Nobel mit: "Ich will testamentarisch einen Teil meines Vermögens für einen alle fünf Jahre zu verteilenden Preis bestimmen.... Der Preis soll jenem zufallen, der den weitesten Schritt auf dem Weg zur Befriedung Europas getan haben wird." Im November 1895 fasste Nobel sein Testament ab - es enthielt auch die Bestimmung, dass er einen Preis stifte "für denjenigen oder diejenige, der oder die am meisten und besten für die Verbrüderung der Völker, für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Verbreitung von Friedenskongressen gewirkt" habe.

Es war zweifellos eine Enttäuschung für Bertha von Suttner, dass sie nicht zu den allerersten Empfängern des Friedensnobelpreises gehörte. Sie bekam den Preis erst 1905 zugesprochen und 1906 überreicht. Ihre Freude daran wurde verdunkelt durch den Tod ihres Mannes. Seit dem Friedensmanifest des russischen Zaren Nikolaus II. (1898) und der ersten Haager Friedenskonferenz (1899) hatten sich ihre Aktivitäten noch gesteigert. 1904 bereiste sie nach der Teilnahme am Weltfriedenskongress in Boston die USA und hielt Vorträge in vielen Städten, nach der Überreichung des Friedensnobelpreises trug sie ihre Ideen durch ganz Skandinavien, und noch 1912 kehrte sie nach Amerika zurück, um in 50 Städten bis hin zur Westküste zu sprechen, 1913 hielt sie Vorträge in Berlin, Den Haag und Paris. Für Herbst 1914 war der nächste Weltfriedenskongress vorgesehen. Er sollte in Wien stattfinden - es kam nicht mehr dazu, denn der Sommer 1914 brachte den Beginn des Ersten Weltkriegs. Bertha von Suttner hat ihn nicht mehr erlebt. Sie starb am 21. Juni 1914, wenige Tage vor den Schüssen von Sarajevo.

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