!!!Es ändert sich doch etwas

!!Das Strafrecht des Kirchengesetzbuches scheint obsolet zu werden

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''Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 388/2021''

Von

__Herbert Kohlmaier__

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In meinem vor Kurzem erschienenen Buch „Die neue Kirche“ setze ich mich nicht nur
mit dem System, sondern auch mit der Lehre der Kirche kritisch auseinander.



!Meine Kritik

Ich halte deren Zusammenfassung im Katechismus für überholt und nicht mehr tauglich
– auch in zentralen Fragen wie dem „anthropomorph“ geprägten Gottesbild der
Dreifaltigkeit. Eine tiefgreifende Erneuerung erscheint notwendig, die von eigenverantwortlich
handelnden Christen in Gang gesetzt werden sollte.[1]

In diesem Zusammenhang weise ich auf die Möglichkeit hin, Eucharistiefeiern in frei
gebildeten Gemeinschaften authentisch, also so zu feiern, wie es dem überlieferten
Willen Jesu entnommen werden kann. Sie finden schon heutzutage keineswegs selten
statt und erweisen sich als wertvoll.[2] 

Mir war es wichtig, dies nicht nur in einer Publikation zu vertreten, sondern auch der
Kirchenleitung zu unterbreiten. So sandte ich ein Buchexemplar dem Vorsitzenden der
Österreichischen Bischofskonferenz Erzbischof Dr. Franz Lackner. Mit Interesse erwartete
ich eine Reaktion, wie sie allerdings erfahrungsgemäß oft zu vermissen ist. Nun
erhielt ich eine freundliche Antwort samt herzlichen Segenswünschen.

In dieser weist Lackner naturgemäß darauf hin, dass er meine Überlegungen nicht immer
nachvollziehen könne. Er betont aber auch, dass man von einem breiten Strom der
Glaubenstradition sprechen könne. Er sehe heute die Aufgabe, das „eigene Bekenntnis
in Wort und Tat“ einfließen zu lassen, „damit der ganze Strom auch in Zukunft die von
Gott ausgestreuten Saatkörner des Glaubens zu bewässern vermag“.

!Eine kirchenamtliche Zurechtweisung unterblieb

Ich weiß zu schätzen, dass sich der Herr Erzbischof nicht nur auf persönliche Weise
bedankte, sondern meine Schrift als „von der aufrichtigen Sorge und dem Nachdenken
um die Zukunft des Christusbekenntnisses durchzogen“ sieht. Wesentlich erscheint allerdings
auch, was in sei nem Brief nicht erfolgte. Nämlich eine Ermahnung und Zurechtweisung,
oder gar ein Ingangsetzen von Sanktionen.

Solche wären für mein Verhalten im Codex Iuris Canonici vorgesehen.[3] Strafwürdig
sind hier beharrlicher Widerspruch gegen die Lehre ebenso wie das Feiern des „eucharistischen
Opfers“ ohne Priesterweihe. Wegen dieses Delikts wurde die Vorsitzende
der „Plattform Wir sind Kirche“ Dr. Martha Heizer 2014 gemeinsam mit ihrem Gatten
mit der strengsten Kirchenstrafe der Exkommunikation belegt. In meinem Buch plädiere ich ausdrücklich und offen für solche „private“ Feiern des Gedächtnisses Jesu. Ich begehe also gar Anstiftung zum Verbotenen; und dies bleibt unbeanstandet.

Offen gestanden hätte ich eine Auseinandersetzung über die Zulässigkeit meines Verhaltens
nicht nur in Kauf genommen, sondern mir sogar gewünscht. Es wäre damit
möglich geworden, sich grundsätzlich mit der Sinnhaftigkeit und Berechtigung derartiger
Strafbestimmungen auseinanderzusetzen. Aber man geht darüber freundlich hinweg. Vielleicht bin ich nicht wichtig genug, obwohl ich in meinem Leben hochrangige öffentliche Funktionen bekleidete. Aber das allein kann nicht den Ausschlag geben. Es scheint so, dass man heute erkannt hat, wie problematisch eine Handhabung der Strafbestimmungen
des 1983 promulgierten Kirchengesetzbuches wäre.

Papst Franziskus wird oft und leider zu Recht vorgeworfen, dass er notwendige Reformschritte
nicht wage. Unbestreitbar ist allerdings, dass er einen veritablen Klimawandel
in der Kirche herbeigeführt hat. Heute sind freie Meinungsäußerung und Kritik
möglich, die früher rücksichtslos unterdrückt wurden. Es gibt zwar genug Ewiggestrige
in den Ämtern, die meinen, man könne ein autoritäres System längst vergangener Zeiten
fortführen. Aber was im Vatikan beschlossen wird, kümmert die meisten nicht mehr
wirklich. Bischöfe und Theologen machen von der neuen Freiheit Gebrauch. Die
Werte des Christentums scheinen gegenüber dem Religionsregime wieder in den Vordergrund
zu treten. Vielleicht erleben wir doch erste Schritte einer längst fälligen Erneuerung.

Selbstverständlich braucht der Glaube Ordnung und feste Anhaltspunkte. Aber ebenso
bedarf er der Freiheit des Denkens und Strebens. Wir sind gewiss dazu aufgerufen, in
dieser Zeit eigenverantwortlich zu handeln und uns von längst Überholtem zu befreien.
Damit ist nicht Beliebigkeit gemeint, sondern das Wahrnehmen einer Verantwortung
für die Kirche, die nicht der Hierarchie allein zusteht, sondern die wir alle tragen. Dass
wir nicht mehr nur „brave“ Katholiken sein dürfen und uns nicht mehr vor den strengen
Maßnahmen einer geheiligten Obrigkeit zu fürchten brauchen, ist immerhin ein Fortschritt.

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!Fußnoten
[1|#1] Plattform-Verlag [www.plattform-martinek.at|http://www.plattform-martinek.at]\\
[2|#2] Siehe [www.gedaechtnisfeier.eu|https://www.gedaechtnisfeier.eu]\\
[3|#3] Can. 1311 ff.







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