!!!Pfarrherren

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''Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 350/2020''

Von 

__Robert Hochgruber__

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Die Vatikanische Pfarreieninstruktion[1] hat einiges ausgelöst. Die Ablehnung war breit
gefächert: von der Katholischen Männerbewegung bis zum Katholischen Forum, von
einzelnen Personen wie J. Stricker bis zu meinem Beitrag auf Salto.bz sowie in der Tageszeitung.
Beide haben ein großes Echo gefunden. Die Verteidigung war hochkarätig, aber
aussichtslos. Was nützt es, wenn Seelsorgeamtsleiter R. Demetz betont, man müsse nur
die Bezeichnungen ändern (Katholisches Sonntagsblatt -K.Sb.- 20.9.2020) oder der Leiter des diözesanen Verwaltungsamtes M. Mitterhofer darauf hinweist, dass die Instruktion
nur das Kirchenrecht unterstrichen habe (K.Sb. 6.9.2020). Das trifft zu. Das Kirchenrecht
ist in diesem Punkt aber überholt und sollte an die heutige Wirklichkeit in den Pfarreien
angepasst werden.

Auch Bischof Ivo Muser[2] wagte sich in die „Höhle des Löwen“, wie er selber sagte (K.Sb.
13.9.2020), d.h. zur Herbsttagung der der Katholischen Männerbewegung. Er zeigte sich
versöhnter und wagte nicht mehr, die Kritik als Polemisieren abzutun. Er betonte, dass
die Tätigkeiten der Laien in der Instruktion wohl zu wenig gewürdigt worden seien, dass
Laien auch mitverantwortlich seien. Er wies darauf hin, dass die Zeit der Pfarrherren vorbei
sei.

Dieser Aussage möchte ich widersprechen. Gar manche Pfarrer, vor allem die jüngeren,
sind selbstherrlich tätig. Konstruktiv-kritische Mitarbeitende werden oft abgelehnt und
durch eine genehme Fangemeinde ersetzt. Ein Pfarrer drückte es so aus: „Wozu bin ich
denn Pfarrer geworden, wenn ich nichts mehr zu sagen habe“. Laut Kirchenrecht ist der
Pfarrer auch heute noch wie ein Pfarrherr, denn er kann alles bestimmen und die Laien
haben ausschließlich Beratungsfunktion und „dürfen“ mitarbeiten, d.h. ausführen. Ich
kenne keinen Pfarrer, der auf diese Rechte öffentlich verzichtet hat.

Dasselbe gilt für den Bischof. Es ist meiner Meinung nach wohl eine fürstbischöfliche
Mentalität, wenn der Bischof im Rahmen der Synode verbietet, über bestimmte Themen
abzustimmen oder wenn in der Zeit des Lock down fast nur die Übertragung des Sonntagsgottesdienstes
mit dem Bischof aus dem Bozner Dom beworben wird. Und wenn
Bischof Ivo auf der Herbsttagung betont, „ohne Amtspriestertum gibt es keine kath. Kirche,
sonst landen wir bei der priesterlosen evangelischen Kirche“ dann liegt eine zweifache
Irritation vor. Die heutige Ausformung des Amtspriestertums, die es über viele Jahrhunderte
nicht gab, ist das Problem, nicht die Weihe; und die evangelische Kirche dürfte
solche Äußerungen wohl als Abwertung verstehen.

Freilich klingt dies alles hart. Der Großteil der Pfarrer gibt sich nicht als Pfarrherr. Es
wird aber immer mehr deutlich, dass in den Pfarreien sehr viel nicht mehr zusammenpasst.
Umfassende Seelsorge kann nicht mehr stattfinden. Viele Kompetenzen der Laien
werden nicht geschätzt, d.h. nicht wahrgenommen. Mir scheint, dass die Kirchenleitung in
Bozen wie in Rom nach wie vor glaubt, dass alles so weitergehen kann wie bisher. Demgegenüber
schlägt der Stadtdekan von Frankfurt Johannes zu Eltz (Die Zeit Nr. 38
10.9.2020) vor, die Bischöfe sollten ihre Macht rechtsverbindlich einschränken, „damit
Katholiken sich in der Demokratie ihrer Kirche nicht mehr schämen“.



Hat der Bischof schon angerufen, haben mich zwei Personen nach meiner letzten Stellungnahme
gefragt. Nein, aber er hat sich der Diskussion mit den Männern gestellt. Eine
Frau meinte, die Kirche sei es nicht wert, sich für sie einzusetzen. Na ja, diese Form von
Kirche ist es nicht mehr wert. Wohl aber möchte ich an einer neuen evangeliumsgemäßen
Gemeinschaft von mehr oder weniger Gläubigen mitbauen. Die Menschen und das
Evangelium sind es mir wert!

''__Robert Hochgruber__, Theologe und Volksbildner, hat 36
Jahre Religion unterrichtet. Der Kirchenkritiker war vor 25
Jahren Initiator des Kirchenvolksbegehrens in Südtirol.''


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!Fußnoten
[1|#1] Instruktion der Kongregation für den Klerus: Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen
Sendung der Kirche vom 29. Juni 2020, deutscher Text in: Deutsche Bischofskonferenz, AKTUELLES, 20.07.2020,
[https://dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2020/2020-07-20_Instruktion-Die-pastorale-
Umkehr-der-Pfarrgemeinde.pdf]\\
[2|#2] Bischof Muser, geb. 1962, ist seit 2011 Bischof der Diözese Bozen-Brixen.
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