!!!Das Motu proprio "Porta fidei", 

!!mit dem von Papst Benedikt XVI. am 11.10.2011 ein Jahr des Glaubens ausgerufen wird.

\\

Von

Em. Univ. Prof. Dr. __Hans J. Stetter__, Wien

''Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit, Nr. 26/2012''

\\

Als Anlass für das am 11.10.2012 beginnende Jahr dienen zwar der 50. Jahrestag
des Beginns des 2. Vatikanischen Konzils und der 20. Jahrestag der Veröffentlichung
des Katechismus des Katholischen Kirche (KKK); jedoch werden die Bedeutung
und der allgemeine Nutzen eines solchen Ereignisses für die Gläubigen
und für die gesamte Kirche breit dargestellt und auf die einberufene Vollversammlung
der Bischofssynode für den Oktober 2012 zum Thema "Die Neuevangelisierung
zur Weitergabe des christlichen Glaubens" hingewiesen. Das Wort
"Glauben" bezieht sich dabei zunächst vornehmlich auf den Glaubensakt ("fides
qua creditur"); es wird dann auf die hierfür notwendige Kenntnis des Glaubensinhalts
übergeleitet, weil "eine tiefe Einheit zwischen dem Glaubensakt und den
Inhalten, denen wir zustimmen" besteht. Andrerseits wird nach Lukas betont,
"dass die Kenntnis der zu glaubenden Inhalte nicht genügt, wenn ... das Herz
nicht durch die Gnade geöffnet wird".

Als Zugang zu einer systematischen Kenntnis der Glaubensgeheimnisse wird
dann der KKK herausgestellt, in dem "der Reichtum der Lehre aufleuchtet, die
die Kirche in den zweitausend Jahren ihrer Geschichte empfangen, gehütet und
dargeboten hat". Die Kongregation für die Glaubenslehre ist beauftragt worden,
"eine Note zu erstellen, mit der der Kirche und den Gläubigen einige Hinweise
gegeben werden, um dieses Jahr des Glaubens auf höchst wirksame und geeignete
Weise im Dienst des Glaubens und der Evangelisierung zu leben".

Nach einer nochmaligen ausführlichen Darstellung der Bedeutung des Glaubens
vom Beginn der Kirche bis heute folgt in Nr. 14 noch ein Hinweis auf die gleichzeitige
Bedeutung der Werke mit dem Jacobus-Zitat "... ist der Glaube für sich
allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat". Es wird auch nirgends auf die
Bedeutung der Heiligen Schrift für den Erwerb und die Pflege des Glaubens hingewiesen.
Offenbar ist an eine gemeinsame Feier des Jahres des Glaubens mit
den Kirchen der Reformation, die eigentlich ja naheliegend wäre, nicht gedacht!

Note mit pastoralen Hinweisen zum Jahr des Glaubens
der Kongregation für die Glaubenslehre (6.1.2012)
In einer ausführlichen Einführung, in der zunächst an die Ausführungen des
Papstes in "Porta fidei" angeschlossen, aber auch auf die Bedeutung des 2. Vatikanischen
Konzils für die unverfälschte und vollständige Weitergabe der katholischen
Lehre (bei Verwendung der richtigen Hermeneutik) hingewiesen wird,
wird dann die Bedeutung des KKK als "sichere Norm für die Lehre des Glaubens"
und ein "gültiges und legitimes Werkzeug im Dienst der kirchlichen Gemeinschaft"
herausgestellt. Tatsächlich ist der eigentliche Inhalt der Note
("Hinweise") fast ausschließlich dem Einsatz des KKK im Rahmen des Jahres des
Glaubens sowohl für die Gläubigen wie für die Neuevangelisierung gewidmet;
das Stichwort KKK kommt in dem Schreiben 22-mal vor! Dabei wird der Zusammenhang
zwischen dem "Glauben als persönlichem Vertrauen auf den Herrn (fides
qua) und dem Glauben, den wir im Credo bekennen (fides quae)," als untrennbar
bezeichnet, da sie sich gegenseitig bedingen und erfordern. Begründet
wird diese Feststellung mit dem Verweis auf einen Satz im KKK, der selber nicht
ausreichend begründet ist!

Die nachfolgenden konkreten "Hinweise" sind für alle Teile der Kirche bestimmt:
Nacheinander werden behandelt

* die weltkirchliche Ebene
* die Ebene der Bischofskonferenzen
* die Ebene der Diözesen
* die Ebene der Pfarreien / Gemeinschaften / Vereinigungen / Bewegungen
Dabei fallen u. a. die folgenden Eigenheiten auf[1]:

* Weltkirche: Die Kenntnis der Inhalte der katholischen Lehre soll durch
Symposien etc., auch auf internationaler Ebene, gefördert werden. Einige
Zusammenkünfte sollen vor allem der Wiederentdeckung (!) der Lehren des
2. Vatikanums dienen.
* Weltkirche: Besonders für Priesteramtskandidaten soll die Kenntnis der
wichtigsten Dokumente des 2. Vatikanums und das Studium des KKK vertieft
werden.
* Bischofskonferenzen: Lokale Katechismen sollen auf ihre volle Übereinstimmung
mit dem KKK überprüft werden; im Fall von Lücken oder bei
nicht vollem Einklang soll die Arbeit an neuen Texten begonnen werden.
* Bischofskonferenzen: Es sollen apologetische Hilfsmittel vorbereitet werden
zur besseren Beantwortung von ... "Fragen, die aus einer veränderten
Mentalität herrühren, die ... den Bereich der Gewissheiten auf den der
wissenschaftlichen und technologischen Errungenschaften reduziert".
* Diözesen: In einen kreativen Dialog zwischen Glaube und Vernunft soll
die Welt der Wissenschaft und der Kultur neu(!) mit einbezogen werden.
Dabei ist zu zeigen, "dass zwischen Glauben und authentischer(!) Wissenschaft
kein Konflikt bestehen kann, da beide - wenn auch auf verschiedenen
Wegen ... nach der Wahrheit streben".
* Pfarren: Lesen des KKK in Gruppen von Gläubigen.

Auf keiner Ebene wird die Heilige Schrift als Quelle für den Glaubensinhalt empfohlen.
Die teilweise schon 1992 antiquierte und auf vorkonziliare Auffassungen
zurückgehende Denk- und Sprechweise des KKK wird nirgends als ergänzungsoder
gar revisionsbedürftig angemerkt. So kommt ja etwa im KKK nicht einmal
das Wort "Evolution" vor, die Entstehung des menschlichen Lebens wird als
durch die Genesis beschrieben angenommen!

Durch die rigorose Bindung lokaler Katechismusversionen an den KKK wird einer
auch nur ansatzweisen Inkulturation des Glaubensinhalts von vorneherein
eine Absage erteilt! Ebenso verbietet dies eine Adaption an die Bedürfnisse bestimmter
Bevölkerungsgruppen - (Jugend, Gebildete, etc.).

Ein ökumenisches Vorgehen wird nur am Rande erwähnt: Auf weltkirchlicher
Ebene soll ein(!) feierlicher Ökumenischer Gottesdienst stattfinden, und das Verhältnis
von Glaube und Kunst soll gegebenenfalls ökumenisch bearbeitet werden.
Auf Grund all dieser Bemerkungen ist nicht zu erwarten, dass die vom Vatikan
ausgehenden Impulse eine Breitenwirkung in Bezug auf die Evangelisierungsbemühungen
vor Ort haben werden. Zudem erwecken die Vermeidung expliziter
Hinweise auf die Lektüre der Heiligen Schrift in beiden Dokumenten sowie die
Betonung der "Werke" zusätzlich zum Glauben in "Porta dei" Erinnerungen an
Perioden der Kirchengeschichte, die man eigentlich als endgültig überwunden
annimmt.

!"Porta fidei":
* [http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20120106_nota-anno-fede_ge.html]

!Note der Glaubenskongregation:
* [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/motu_proprio/documents/hf_ben-xvi_motu-proprio_20111011_porta-fidei_ge.html]




[1|#1] Die durchaus zahlreichen naheliegenden und sinnvollen Vorschläge sind hier nicht aufgelistet.

[{Metadata Suchbegriff='Das Motu proprio Porta fidei' Kontrolle='Nein'}]