!!!Schreiben an die Bischofskonferenz

                                                                                                                                 
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Von

__Willibald Eichinger__ 

Aus: ''Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 260/2018''

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''Pregarten, 2018-03-25''
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''An die öster. Bischofskonferenz\\
z.H. Herrn Kardinal Schönborn''

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Grüß Gott, Herr Kardinal!

Am 1 Fastensonntag d.J. haben wir vom Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu aus dem Ev. nach Markus gehört.  Dort hat es geheißen: „ Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“  Das griechische „Metanoete“ wird übersetzt mit dem etwas harmlosen __„kehrt um“__. In der ursprünglichen Bedeutung heißt „metanoete“ __denkt um__. Dieses „Denkt um“ ist heute genauso aktuell wie zu Jesu Zeiten.

Einige Beispiele:

Ich beginne bei Äußerlichkeiten: Mk 12,37b ff: Worte gegen die Schriftgelehrten: „Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Plätzen und Straßen begrüßt…“ Hat sich bei euch Bischöfen da etwas geändert? Wenn ihr in eure Kathedralen einzieht mit Mitra, Pastorale, huldreich segnend wie siegreiche Triumphatoren zum Gottesdienst, dem Dienst Gottes an uns? Bei der Liturgie selber: Mitra auf, Mitra ab, Pastorale in die Hand, Pastorale aus der Hand, Pileolus auf, Pileolus ab. Versteht ihr selber noch, was ihr da macht? Ich nicht. Und wenn ihr in die Pfarren kommt zur Visitation, sollen alle Vereine und Körperschaften aufmarschieren, um dem hw. Herrn Bischof einen würdigen Empfang zu bereiten. Ihr kommt als „Herren über unseren Glauben, nicht als Helfer zu unserer Freude“ (2 kor, 24). Euer äußeres Auftreten zeigt, wer  ihr seid und wem man Respekt entgegenbringen muss. Wo bleibt da der „Geruch der Herde?“  Abgehoben!

Ein weiteres „Metanoete“: welches Gottesbild verkündet die Liturgie? Fast alle Gebete beginnen mit den Worten: Allmächtiger, ewiger Gott und enden mit: der herrscht und regiert in alle Ewigkeit. Im Kanon II beten wir: „Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen“. Das ist eine glatte Häresie! In den Gebeten bei der Totenliturgie ist fast durchwegs von Dienern und Dienerinnen die Rede. Wer kann zu so einem Gott eine liebevolle und tragfähige Beziehung aufbauen? Wenn  ich ein Diener Gottes bin, dann  kann ich mein Dienstverhältnis zu meinem Herrn auflösen. Hunderttausende Menschen haben das in den letzten Jahrzehnten getan. Aber die Kirchenführung hat sich kaum spürbare Gedanken darüber gemacht, warum. „Sind eh nicht die Besten, die gehen!“ „Wir müssen wieder eine kleine Herde werden“.  

Welches Gottesbild hat uns Jesus vermittelt? Wenn ihr betet, dann betet also: Vater unser…Oder Jesus sagt, wir dürfen Gott „Abba“ „Papa“ nennen. Zu einem solchen Gott kann ich eine lebensfähige und tragfähige Beziehung aufbauen, weil ich die Beziehung „Vater – Kind“ nicht aufkündigen kann. Wo spürt man etwas davon, dass „wir ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum sind? Wie oft hören wir, dass „wir geliebte Kinder Gottes, Erben Gottes und Miterben Christi sind“?  Eine von Macht geprägte (und besessene) Hierarchie kann schwerlich ein solches Gottesbild verkünden. Sie würde sich selbst untergraben. Metanoete!!!

Ein weiteres „Metanoete“: Die Kirchenspaltungen im Laufe der Geschichte hätten unterbleiben können, wenn die Kirchenführung bereit und fähig zu einem Dialog gewesen wäre. Alle Reformatoren haben mit Recht auf Missstände in der Kirche hingewiesen mit dem Ziel, in der Kirche etwas zum Besseren zu bewegen.  Wie hat die Hierarchie darauf reagiert? Mit Dialogverweigerung, Sturheit, Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit. Man war nicht bereit, das eigene Fehlverhalten zu hinterfragen, sondern hat den anderen die Schuld gegeben, sie verurteilt und exkommuniziert. Bis auf den heutigen Tag das gleiche Verhalten. 

Wie oft hat euch Bischöfe Papst Franziskus schon gebeten, mutige Vorschläge zu bringen. Wo sind diese mutigen Vorschläge? Schweigen! Den Papst allein lassen! Wer weiß, wer als nächster Papst kommt. Und wenn euch die Laieninitiativen mutige Vorschläge überreichen mit der Bitte, sie nach Rom zu tragen, dann heißt es von deiner Seite: die trage ich nicht nach Rom. Für wen seid ihr Bischöfe da? Für eure „Herden“ oder für die Obrigkeit in Rom? Metanoete!! Wie oft haben sich die Laien –Reformbewegungen schon in Rom getroffen und Vertreter der Hierarchie zum Gespräch eingeladen. Laut Medienberichten ist ein einziges Mal ein Bischof als Zuhörer erschienen. Ein tolles Beispiel von oberster kirchlicher Stelle, wie man mit Brüdern  und Schwestern  im Glauben umgeht.

Ein weiteres „Metanoete!“ Die Bilder, die man von der letzten Bischofssynode in Rom zu sehen bekam, waren haarsträubend.  Da sah man lauter alte, ergraute Männer mit langen schwarzen rot umrandeten Gewändern und mit einem roten Häubchen auf dem Kopf als Schutz vor dem Hl. Geist. Von den Betroffenen, um die es eigentlich beim Thema „Ehe und Familie“ ging, sah man wenig oder kaum etwas. Sie waren in der Minderheit. Wieder einmal: die Kirche spricht über andere und nicht mit anderen. Was würde ein Bäcker sagen, wenn ihm ein Mechaniker erklären würde, wie er sein Brot zu backen hat. Metanoete!! 

Ein weiteres „Metanoete“: der leidige Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten. In der Dogmatik haben wir gelernt, dass das Sakrament der Ehe die Brautleute schließen. Der Priester ist Trauzeuge. Wenn das auch heute noch stimmt, dann bestimmen die Brautleute, wann ihre Ehe als Sakrament, als hl. Zeichen beginnt und wann es endet. Kein Mensch kann zu einem lebenslangen Ja gezwungen werden. Wer heute kirchlich heiratet, steht gleichsam unter einem Zwang: er muss  sein Ja ein Leben lang „durchstehen“. Wenn es gelingt, dieses Ja zu leben, dann halleluja. Wenn es – aus welchen Gründen auch immer – nicht gelingt, dieses Ja zu leben, ist man deswegen kein schlechterer Mensch. Wo und wie soll und kann eine zerbrochene Ehe noch hl. Zeichen sein? Sie wird zum Gegenteil!  

Zum Wesen des Menschen gehört das Wandeln. „Leben heißt sich wandeln, und vollkommen sein, sich oft gewandelt zu haben“ sagte Karl Rahner. Eine neue Beziehung kann vielmehr wieder ein hl. Zeichen der liebenden Gegenwart Gottes in der Welt sein. Schauen wir auf Jesus: Wie hat er die Ehebrecherin behandelt oder die Frau am Jakobsbrunnen oder die stadtbekannte Sünderin? Kein Wort einer Schuldzuweisung geschweige denn eine Verurteilung. Was hat Jesus über den Sabbat gesagt? Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht umgekehrt! 

Gilt das nicht auch für Eheleute, deren Ehe zerbrochen  ist? Kann die Kirchenführung da nicht mehr Barmherzigkeit und Verständnis aufbringen ebenso den Priestern gegenüber, die aus Liebe zu einer Frau ein zweites Sakrament empfangen wollten? Glaubt die Hierarchie hier Macht zu verlieren? Wie unmenschlich und unchristlich war und ist der Umgang mit den verheirateten Untergrundpriestern während des Kommunismus?! Wo bleibt hier der Primat der Liebe vor dem Gesetz?!  Höchste Zeit zu einem „Metanoete!“

Ein weiteres „Metanoete“: Dogmen können Brücken, Zäune aber auch Keulen zum Totschlagen sein. Als Brücken werden sie kaum verwendet. Meist zu den beiden anderen Zwecken. Glaubensinhalte müssen immer wieder neu reflektiert und behandelt werden. Es ist höchste Zeit, dass die Hierarchie im 21. Jhdt. ankommt und mit der heutigen Zeit denkt und nicht mehr mit den Gedanken eines Augustinus, eines Bonaventura oder eines Thomas von Aquin. Alles hervorragende Menschen zu ihrer Zeit, aber wir leben nicht mehr in deren Zeit. Wir leben  im Hier und Heute. Bei der Konferenz: „Europa – wohin“ hat Prof. Tomáš Halík gesagt: „Das Christentum von Gestern kann schwerlich eine Hoffnung für das Europa von heute oder morgen sein…“. 
Metanoete!

Ein weiteres „Metanoete“: Aus vielen Jahrzehnten Erfahrung weiß man, dass die meisten Priesterberufe aus kleinen, überschaubaren Pfarrgemeinden gekommen sind. Gegen diese Erfahrungen macht man heute riesige, nicht mehr überschaubare „Seelsorgsräume“, die von ein paar überalterten Pfarrern betreut werden. Von einer Seelsorge kann keine Rede mehr sein.   Oder man importiert aus fremden Ländern, fremden Kulturen, fremden Glaubenserfahrungen Geistliche und pflanzt sie hier ein. Man nimmt diesen Ländern die geistigen und spirituellen Führungskräfte weg, um bei uns Löcher zu stopfen anstatt um problemorientierte Lösungen zu suchen. 

In meiner unmittelbaren Umgebung stehen drei Pfarrhöfe leer. Kein Wunder, wenn die Kirchen immer leerer  und die seelsorglichen Angebote immer weniger werden. Ich erlebe immer mehr eine „beamtete“ Seelsorge zu bestimmten „Dienstzeiten“. Man muss sich abgrenzen! Wo sind die „Hirten“, die für ihre „Herde“ einfach da sind?  Metanoete!!!


Herr Kardinal! Ich bin mir sicher, dass dieser Brief nicht in die angesprochene Bischofskonferenz kommen wird, denn da müsstet ihr Bischöfe einmal ehrlich über euch selbst nachdenken und euch bei der Nase nehmen. Das tut weh, wie die berühmten Ansprachen von Papst Franziskus an seine Kurie. Und wie reagieren die hochwürdigsten Herren? Mit Opposition und Widerstand. Ein nachahmenswertes Beispiel für den Gehorsam dem Papst gegenüber. Der Antichrist ist nicht in der „sündigen Welt“ zu suchen, sondern in den eigenen Reihen. Die kleine Maus da draußen irgendwo auf dem Land soll ruhig piepsen, wir lassen uns nicht stören von ihr. Ich habe meiner inneren Stimme gefolgt und nicht geschwiegen, sondern meine Stimme erhoben aus Liebe zu meiner Kirche.

Im Glauben mit dir verbunden grüßt

Willibald Eichinger par. emer.


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''Konsistorialrat[1]  __Willibald Eichinger__ lebt in Pregarten, Oberösterreich, wo er als Pfarrer wirkte.''

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[1|#1] Den Titel Konsistorialrat erhalten Kleriker, welche auf Grund ihrer Verdienste zum weiteren Beratergremium des Bischofs gehören. 
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