!!!ADALBERT GRAF STERNBERG




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1924: Vor dem Strafbezirksgericht I begann  heute die Verhandlung über eine Ehrenbeleidigungsklage, die Adalbert Graf Sternberg gegen den Präsidenten des österreichischen Jockeyklubs den ehemaligen Prinzen Karl Emil  Fürstenberg zuletzt Botschafter in Madrid, eingebracht hatte. Den Vorsitz in der Verhandlung führte Landesgerichtsrat Dr. Kramer. Der Graf  wird von dem Rechtsanwalt Dr. Emil Lewitus vertreten wird, ist aus Karlsbad nach Wien gekommen, da ihm die  Polizeidirektion für sein Erscheinen vor Gericht freies Geleit gewährt und den Ausweisungsbefehl für ein paar Tage aufgehoben hat.

Es handelt sich um folgende Affäre vor dem Sacher: Graf Sternberg hatte dem ehemaligen Flügeladjutanten des Erzherzogs  Friedrich und Vorsitzenden des Komitees für Ehrenangelegenheiten, Grafen Herberstein, ein paar Ohrfeigen versetzt – hatte Prinz Fürstenberg am 2. Juni um 8 Uhr abends in den Räumen des Jockeyklubs vor fast 40 Personen, also öffentlich, erklärt, dass Graf Sternberg den Herberstein von rückwärts angegriffen und geschlagen habe. Diese Äußerung wird von Sternberg Verdrehung  des wahren Tatbestandes erklärt und steht auch im vollen Widerspruch zu der von Herberstein bei der Polizei gemachten Anzeige. Sie  bedeutet, nach der Auffassung Sternbergs, den Vorwurf einer heimtückischen, hinterlistigen und daher ehrenrührigen Handlungsweise. Kurz  nachher hat Fürstenberg als Präsident des Jockeyklub ausgestoßen wird, der mit Sternberg verkehrt.

Fürstenberg ließ den Neffen des Sternberg, Leopold zu sich rufen und    machte ihn aufmerksam  den Verkehr mit seinem Onkel zu unterlassen denn sonst drohe ihm der Ausschluss aus dem Klub.

Auf Grund  dieser Vorfälle erhob Sternberg die Privatklage gegen den Prinzen Fürstenberg wegen Übertretung gegen die Sicherheit der Ehre.

Zur Verhandlung kam weder Fürstenberg noch die vielen prominenten Zeugen.

Bei dieser Ehrenangelegenheit ging es in Wahrheit um etwas ganz anderem, sondern  um den mannhaften Kampf  Sternbergs gegen eine Clique von Leuten handelt, denen Sternberg unbequem geworden ist und die mit den schmutzigsten Mitteln der Ehrenabschneider und der  Dokumentenfälschung, ihn aus Wien vertreiben wollen.
 
Es war der 11. Juli  1925, als Adalbert Graf Sternberg von der Polizeidirektion folgende Aufforderung erhielt. Der Polizeibericht lautete: „Herr Adalbert Sternberg wurde von der Polizeidirektion Wien mit dem Erkenntnis von  27. März 1923, nachdem er durch die Art seines  Auftretens wiederholt die öffentliche Aufmerksamkeit in unliebsamer Weise auf sich gelenkt hatte, für beständig aus Österreich abgeschafft.

Der von ihm gegen diese Verfügung eingebrachte Rekurs wurde vom Magistrat Wien als politische Landesbehörde mit der Entscheidung von 7. August 1923 abgewiesen. Dem daraufhin von Sternberg eingebrachten Gesuch um die Bewilligung des Aufenthaltes in Wien wurde insbesondere unter Bedacht auf die von ihm geltend gemachten Rücksichten auf seinen Lebensunterhalt mit dem Bescheid vom 8. September 1923 insoweit Folge gegeben, dass ihm probeweise und gegen Widerruf für den Fall der geringsten, wie immer gearteten Beanstandung der Aufenthalt gestattet wurde.

Während dieses probeweisen Aufenthaltes hat Herr Sternberg am 2. Juni 1924 den aufsehenerregenden Exzess in der Augustinerstraße verübt, indem er dem  pensionierten Feldmarschall Leutnant Herberstein in aller Öffentlichkeit einen Schlag versetzte. Wegen dieser Ausschreitung wurde Sternberg polizeilich mit 600.000 Kronen im Nichteinbringungsfall mit 48 Stunden  Arrest bestraft und bei gleichzeitiger Entziehung der probeweisen  Aufenthaltsbewilligung veranlasst, das Gebiet der Republik Österreich sofort zu verlassen.

Darauf hin ist Herr Sternberg am 10. Juni  1924 nach Karlsbad abgereist. Seinem am 30. September 1924 eingebrachten Gesuch um neuerliche probeweise Bewilligung des  Aufenthaltes in Wien, das wieder mit Existenzrücksichten und außerdem mit dem Hinweis  auf die Notwendigkeit einer persönlichen  Anwesenheit bei anhängigen Prozessen motiviert worden ist,  wurde zunächst bis 31. Oktober 1924 Folge gegeben und diese Aufenthaltsbewilligung auf wiederholtes Ansuchen aus denselben Gründen verlängert.

Während dieses probeweisen Aufenthaltes hat Sternberg um Aufhebung der Abschaffung, beziehungsweise um  weitere Aufenthaltsbewilligung angesucht. Bevor noch über dieses Ansuchen ein Bescheid erfolgt ist, hat sich Adalbert Sternberg in den letzten Wochen der politischen  Tätigkeit zugewendet und ist, in gänzlicher  Verkennung der Sachlage und unter Missachtung der Bedingungen seines probeweisen Aufenthaltes, auch in politischen Versammlungen als Redner aufgetreten.

In einer dieser Versammlungen hatte sich Sternberg auch über die gegenwärtige österreichische Staatsform, über die Regierung und über die öffentlichen Einrichtungen Österreichs in nicht  wiederzugebenden  Ausdrücken in einer Weise geäußert, die sich kein Staat von einem Ausländer bieten  lassen kann.

Die Aufenthaltsbewilligung wurde negativ  beschieden und er wurde neuerlich aufgefordert Österreichs Gebiet zu verlassen.

Der frühere Reichsratsabgeortnete Sternberg hatte bereits im Jahr 1918 gegen den Redakteur Fritz Austerlitz  der „Arbeiter Zeitung“ Klage eingereicht. Der Sachverhalt der Klage: Aus Anlass der Ernennung des Grafen Sternberg zum Rittmeister erschien im Oktober vorigen Jahres in der „Arbeiter Zeitung“ eine Glosse, in welcher ausgeführt wurde, dass der „tolle Bertl“ sich zumeist im Hinterland in Kanzleien,  aber  nicht vorne an der Front betätigt habe.

Durch diese Bemerkungen fühlte sich Graf Sternberg in seiner Ehre verletzt. Der Richter fand,  dass die Glosse geeignet war den Grafen Sternberg dem Spott auszusetzen und verurteilte Austerlitz zu 70 Kronen Geldstrafe.

Sternberg hatte sein ganzes Leben das, was wir im neuen  Österreich so sehr vermissen: Auftrieb, Originalität, Schlagfertigkeit, Gerechtigkeitssinn und  Unbelastet. Es fehlte ihm die Ehrfurcht vor verstaubten Dingen, kein Wunder, dass ihm das übel genommen wurde.
 
Adalbert, der am 14. Jänner  1868 wurde als  Sohn des Generals der Kavallerie und Fideikommißherrn auf  Pohorelie geboren.  Sein verwöhntes und sorgloses  Dasein verlief  in Reichtum, wie   es damals Sitte bei jungen Adeligen war,   eine einzigen Ausnahme, dass er  es liebte durch  Exzentrizitäten aufzufallen. Er schnupperte ein wenig  Studiumsluft, wurde  Dragoneroffizier, machte Schulden, dass in seinen Kreisen unüblich war. Doch das große väterliche Vermögen, das ihm als Lieblingssohn zufiel, erlaubten ihm  so manches. Konziliantes Benehmen allerdings war keineswegs seine Stärke, im Gegenteil, spitze Bemerkungen, brüskes Benehmen anderer gegenüber waren an der Tagesordnung.

An dem Burenkrieg in Südafrika beteiligte er sich als Freiwilliger und kämpfte gegen die Engländer. Er wurde von ihnen gefangen genommen, da er ein Adeliger war wurde er dementsprechend gut behandelt. Sie brachten ihn nach London, wo er bald in  den Klubs exklusives  eines große Rolle spielte.

Höchst erstaunlich waren die Erzählungen des vornehmen Kriegsgefangenen wie er mit dem „Long Tom“ der Buren umzugehen verstand und wie viele Engländer er getötet hätte. Das  passte den Engländern nicht und durch die Einbeziehung der Botschaft kam er bald darauf nach Österreich zurück. Hier war er wieder seinen Feinden ausgeliefert.

Nun im Parlament war sein Benehmen nicht anders. Als er beim Kaiser Franz Joseph einmal in Audienz war, äußerte er sich mit wenig Freundlichkeit über die Abgeordneten. Franz Joseph meinte warum er so grob sei. Sternberg, weil sie es nicht anders verdienen. Dafür hatte der Kaiser nur ein Lächeln übrig.

Im Kaffee Fenstergucker äußerte sich Sternberg unter dem Schutz der  Abgeordneten-Immunität und nach einer Unzahl Gläser Schnaps mit gewohnten Kraftausdrücken über Herren der hohen Gesellschaft.

In dem berühmten Weinlokal Brady in der Ballgasse wurde es noch ärger, wo er in das Publikum brüllte: „Wollt ihr den österreichischen Landesverteidigungsminister sehen?“ Er zerrte die  sich sträubende  Aufsichtsdame der Toilette in den Saal und stellte sie auf den Tisch und unter dem Johlen des Publikums hielt er eine Brandrede gegen den Minister.

Nun musste Sternberg rechnen, sobald seine Immunität erlosch,  ihm eine  Verfolgung wegen Hochverrat blühen würde. So kam es auch, Hals über Kopf musste er ins Ausland flüchten. Es war für ihn nun schwer vom Ausland aus  sich seinen Wählern präsentieren zu können. Doch Sternberg wusste sich zu helfen. Tausende Ansichtskarte mit seinem Bildnis wurden nun an die Wähler versendet und Luftballons warfen  über seinen Wahlkreis Zettel ab. Er hatte Glück,  blieb Sieger  mit starker Majorität ging er aus den Wahlen hervor und unter dem Schutz der Immunität nahm er seine Tätigkeit in Österreich wieder auf.

Am 25. April 1930 starb  im Sanatorium Fürth nach langem qualvollem Leiden mit 62 Jahren Adalbert Graf  Sternberg. Eine  der interessantesten und bedeutendsten Gestalten des öffentlichen Lebens ist mit ihm dahingegangen, außerdem war  er ein   geistvoller Schriftsteller und ein origineller Denker. Seine  aufsehenerregenden politischen Beiträge und seine philosophischen Essays, die im  „Neuen  Wiener Journal“  veröffentlicht wurden, und stets großen Widerhall erntete.

Wenn Graf Sternberg den Saal des Parlaments betrat füllten sich   sogleich die Bänke, denn seine Reden waren ein Erlebnis. Klar und voll klang die sonore Stimme durch den Raum. Er sprach eigentlich nicht zur Sache, die ihn offenbar langweilte. Er aber sprach spannend und geistvoll. Jeden Zwischenrufer erledigte  er sofort  mit einem  wuchtigen geistigen Hieb. Keiner wagte ihn zurechtzuweisen. Er sprach von Hohenwart und Andrassy und entrollte ein Bild der österreichischen  politischen Geschichte der letzten Jahrzehnte. Seine Argumente waren unwiderleglich. Sie waren genial und richtig.

Einmal tat er den Ausspruch, Kaiser Franz Joseph  sei zu alt, er sollte die Regierung jüngeren Kräften überlassen. Diese Worte haben ihm seine Gegner nie verziehen. Katharina Schratt, die mit Graf Sternberg sehr befreundet war und ihm ihre Freundschaft bis zuletzt treu bewahrt hat, intervenierte zu seinen Gunsten. Der greise Monarch hat in seiner hohen Einsicht zugunsten Sternbergs die Offenheit und den Mut bewundert.

Sternberg war nicht nur Politiker, er verfügte über ein Wissen und war von einer Vielseitigkeit. Es gab kaum ein Gebiet, dass er nicht beherrschte. Seine Einfälle waren wundervoll, aber seine Ausfälle oft allzu heftig. Dadurch schuf er sich eine Legion von unversöhnlichen Feinden.

Sternbergs Arzt Doz. Dr. Franz Högler gab ausführlich darüber  Auskunft welche Krankheit zum Tode seines berühmten Patienten führte. In den letzten Jahren litt Sternberg öfter an Leberstörungenck und Herzbeschwerden, kein Wunder, war er doch stets ein starker  Potator gewesen. Übermäßiger Alkoholgenuss und so erlitt er vor Monaten tatsächlich einen  Schlaganfall, doch in Wahrheit war es eine Alkoholvergiftung. Dadurch erlitt Sternberg schwere  Lähmungserscheinungen zeigte, wurde damals in das Sanatorium „Weißer Hirsch“ bei Dresden gebracht, wo er sich einer Alkoholentwöhnungskur unterzog, dadurch wurde sein Körper geschwächt. Vor etwa zwei Monaten wurde er in das Sanatorium Lakatos nach Baden bei Wien überführt. Die Lähmungserscheinungen verbesserten sich ein wenig, dafür trat ein Versagen des Magen-Darm-Traktes ein, und infolge der Leberstörungen Anzeichen von Wassersucht. In den letzten Tagen wurden die Lähmungserscheinungen wieder akut, er konnte kaum noch sprechen, hatte Schluckbeschwerden und Herzstörungen.

Nun wurde Sternberg in das Sanatorium  Fürth nach Wien gebracht. Hier verschlechterte sich sein Zustand, zwei Stunden  vor dem Tod erfolgte eine vollständige Lähmung und starb schließlich  an  Gehirnschlag. Er starb umringt von seinem Bruder
Leopold und zahlreichen anderen Freunden aus dem Adel.

Die Leiche des Grafen wurde auf sein Gut  Buhofelice bei Napajedl in Tschechien überführt und in der Familiengruft beigesetzt.

Graf  Sternberg entstammte einem  der ältesten deutschen Grafengeschlecht, welches sich um das Jahr 1200 in Böhmen und Mähren ansässig machte. Sofort griff es ein in die Geschichte des Landes. Schon im 13. Jahrhunderts warf sich Jaroslaw von Sternberg den Tataren entgegen und besiegte sie in offener Feldschlacht.....

QUELLEN: Die Stunde, 20. Juli 1924l, 22.Juli 1924, 11. Juli 1925, Der Tag, 17. Juli 1925, Österreich Ill. Zeitung. 22. Jänner 1928, Neues Wiener Journal, 26. April 1930. Österreichische Nationalbibliothek ANNO.

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