!!!ALFREDO  CASELLA




[{Image src='Alfredo Casella.png'class='image_left'height='300' caption='Alfredo Casella' alt='Komponist' width='235' popup='false'}]


Casellas „Frau Schlange“  wird soeben 1934 im   Mannheimer Nationaltheater aufgeführt. Der Komponist gilt zu dieser Zeit als einer der bedeutsamsten Erneuerer des italienischen  Musikstils  der die Wiedergeburt italienischer Musik der großen nationalen Vergangenheit  heraufbeschwören wollte. Zur Einführung seiner Oper meinte er: „Der Vorsatz, der mich  beim Komponieren dieses Werkes am  reichhaltigsten erfüllte, war,  eine bewegliche, flüssige, ausdrucksvolle, aber vor allem gefällige Musik zu schreiben. Ich bin der Ansicht, dass das Theater der Predigten, der Pseudo-Religion, der statuenischen Geste  und der  Weltanschauungen auf Kosten der Handlung, seine zeitliche Sendung erfüllt hat, und dass die Komponisten von heute -  vor allem trachten müssen,  dem Publikum eine Form der lyrisch-dynamischen Oper wieder zu schenken. Das heutige italienische Operntheater hat die Aufgabe, den jetzt  endgültig versperrten Weg des veristischen Musikdramas und der bürgerlich-dramatischen Oper zu  verlassen. Als Schöpfer der  Frau Schlange hatte ich kein anderes Ziel, als zu zeigen, dass man heute in Italien – gleichsam ohne die  völkische Heimstatt zu überschreiten  - eine theatralische Form finden kann,  die zu  gleicher Zeit der Überlieferung und dem Wollen der Gegenwart entspricht.“

Als Unterlage  seiner ersten Oper diente ihm Gozzis  dramatisches Märchen „La donna  serpente“ - Die Frau Schlange, auch Richard Wagner hatte dieses Märchen für seine „Feen“ gewählt. Doch Casellas  Operntextgestalter Cesare Lodovici,  hat die  Eigenschaften Gozzis Stil getreu  erhalten,  um dem Komponisten  all die ungewöhnlichen  musikalischen  Möglichkeiten zu bieten. Es handelt sich in diesem Stück um  die schöne niemals alternde  Miranda  im Reich des Feenkönigs Demogorgon, als sie ihn verlässt  um  dem König von Teflis , Altidor  zu  folgen, wurde sie vom Feenkönig verflucht und  später für 200 Jahre in eine Schlange  verwandelt.

Als  erste Oper des Schöpfers wurde sie günstig und mit Nachsicht beurteilt. Die Stärke der Casella Musik liegt nicht nur im Klanglichen, im Harmonischen, es ist auch die frische  vitale Kraft  welche diese Musik bewegt. Ein weiteres Kennzeichen ist die  Prägnanz der Gedanken, Elektizismus ist ihr nicht abzusprechen, wie auch die Melodik – die Anlehnung im Lyrischen an die alte Opernmusik Italiens ist unverkennbar, aber nicht die große Stärke  Casellas. Sehr wirkungsvoll  gestaltet er dafür  die Vokal-Ensembles, seine große Könner-und Meisterschaft zeigt er in den orchestralen Zwischenspielen, insbesondere in jenem, welches das die Exposition bringende Vorspiel mit dem ersten Akt verbindet: eine  sinfonische Dichtung von einer  seltenen Klarheit und Überzeugungskraft. 

Mit allen Ehren gewährte das Mannheimer Nationaltheater Casella Gehör, zeigte sich großzügig, musikalische Gegenwart mit Vergangenheit zu vereinen. Casellas Werk wurde vom Publikum  freundlich aufgenommen.

Sehr viel Schönes  und in der Stimmung Wohl getroffenes bot die Inszenierung durch Dr. Richard Hein.

Alfredo Casella wurde  am 25. Juli  1883 in Turin in   einer Musik begeisterten Familie geboren. Von seiner Mutter erhielt er den ersten Klavierunterricht. Am Pariser Konservatorium begann er 1896 mit seinen Studien in den Fächern Klavier und Komposition. Er befand sich in bester Gesellschaft denn hier  studierten nicht nur  Maurice Ravel und George  Enescu, machte außerdem Bekanntschaft mit  Claude Debussy, Manuel de Falla, sowie Igor Strawinsky aber auch die damals bereits  berühmten Komponisten Ferruccio  Busoni, Gustav Mahler und Richard Strauss zählten zu seinen Bekannten.

So war es kein Wunder, dass er sich als junger Dirigent bereits für Gustav Mahlers Werke einsetzte, denn er ist einer der leidenschaftlichsten  Bewunderer dieses titanisch stehenden Mannes  der zum Vertrauten  wurde, der ihn als Menschen und Kollegen schätzen lernte.  Antonio Vivaldi hatte ebenfalls  seine Wiedergeburt  Casella zu verdanken, seither ist der Wiedererweckte oft in Konzerten präsent. Das Instituto Italiano Antonio Vivaldi  wurde  von dem Geschäftsmann Fanna gegründet um dessen Musik zu fördern und neue  Ausgaben  seiner Werke zu veröffentlichen.

Er war nicht nur Komponist sondern auch Dirigent, Pianist, Musikschriftsteller und  Musikkritiker, gab zahlreiche musikwissenschaftliche Bücher heraus, war Musikkorrespondent für  wichtige ausländische  Musikzeitschriften.

1915 kehrte er nach Italien zurück, war Professor an der Accademia di Santa Cecilia in Rom widmete sich der zeitgenössischen Musik zu, der er sich hingezogen fühlte, wurde  einer der führenden Persönlichkeiten der modernen Bewegung. Ließ er sich bisher von Ravel und Albeniz inspirieren, feierte er internationale Erfolge.

Eine  außergewöhnliche  Faszination schien wohl Strawinskys „Le Sacre du printemps“ bei Casella ausgelöst zu haben, denn ab nun waren seine Werke  dem Stil eines Bartok, Schönberg  und Strawinskys nahe, erkennbar in Casellas  „Elegia eroica“ die er den Gefallenen des Ersten Weltkrieges widmete.  Später  wandte sich Casella dem  neoklassizistischen Stil des 18. Jahrhunderts zu, denn Italien hatte hier jene große Zeit der Musikkunst des Barocks.

1920 fand in Amsterdam ein Mahler Fest statt  bei dem Casella  eine bedeutsame Festrede hielt und von ihm stammt auch ein Klavierauszug von Mahlers  Siebenter  Symphonie.

1923 gründete Casella zusammen mit  Gabriele D'Annunzio und Gian  Francesco Malipiero aus Venedig den  Verein  „Corporation  of the New Music“ der für die Verbreitung der modernen italienischen Musik sorgte.

Im November 1926 durfte die Musikwelt Wien  den berühmten Komponisten aus  Italien  in der Donaustadt begrüßen und das Publikum hat den Anlass benutzt, ihn mit lebhafter Sympathie zu feiern: Alfredo  Casella, von dem im Tonkünstlerkonzert  zwei neue Werke gespielt wurden, eine Partita für Klavier und Orchester und die symphonische Ballettsuite „La giara“.  Er ist zu dieser Zeit der  unbestrittene Führer der jungen Generation, die sich um diesen Mann schart, von dem sie Unterstützung erwarten darf, der Talente fördert. Schönberg ist einer von ihnen den er nach Italien brachte.

Casella zählt zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des damaligen europäischen Musiklebens und zeichnete sich durch internationalen Weitblick aus, seine Kompositionen widerspiegeln eine Vielzahl unterschiedlicher Strömungen und Tendenzen, In neuen  Geisteswelten lebend, ein moderner Musiker mit starkem Intellekt hatte er die Besonderheit der Gegenwart sogleich erfasst.

Im November 1936 hat Casella für sein Wiener  Rundfunkkonzert ein sehr interessantes und vielfältiges Programm zusammengestellt, enthalten Werke jener  bedeutenden Komponisten Italiens Musikwelt und zwei seiner eigenen Schöpfungen. Begonnen wird mit dem Liszt Schüler  Siloti der für kleines Orchester gesetztes  Konzert von Antonio Vivaldi, dessen Konzerte sogar  auf J. S. Bach einen derartigen Eindruck machten die  ihn zu Klavierübertragungen bewegten.

Casella stellt mit  Muzio  Clementi einen berühmten  Klavierspieler vor, dessen  Symphonien durch vier Jahrzehnte von 1790 bis 1830 in den europäischen Konzertsälen  neben     österreichischen Meistern, sich behaupten konnten, der Klavierfabrikant  hinterließ außerdem ein lehrreiches  Schulwerk  „Gradus ad  parnassum“. Die Symphonie in D-Dur wurde erst kürzlich wieder entdeckt, aber es gibt zu viele Ungereimtheiten so entschloss er sich stattdessen ein Allegro zu bringen.

Casellas 1934 komponierte Violoncello-Konzert ist  dem Solisten Arturo Bonucci gewidmet, der 1894  aus Rom  gebürtig, in Bologna studiert und seither mit großem Erfolg konzertiert. Das Konzert besteht aus drei Sätzen die ohne Unterbrechung ineinander übergehen und das Finale ein Perpetuum mobile große Anforderungen an die Solisten stellt. Beendet wird mit Casellas „Indroduktion Arie und Toccata“ die 1933 komponiert und meisterhaft das technische Können  beherrscht.

Das Konzert war nicht allein der Grund seines Wien Aufenthaltes sondern er wird im Kulturbund über zeitgenössische  italienische Musik einen Vortrag halten. Dieser erfolgt in Französisch. Seinen Vortrag wird der  ausgezeichnete Cellist  Arturo  Bonucci  mit  einigen Beispielen bereichern. Ein Abend also der viel versprechend  wird, besonders für all die Musiker Wiens die mit aufrichtiger  Sympathie einen Mann begrüßen, der zu den markantesten Persönlichkeiten der heutigen Musikwelt zählt. Der vielgereiste Künstler kommt immer wieder gern nach Wien wo ein großer Teil seiner Werke verlegt ist, und hat außerdem hier viele Freunde die ihn mit aller Herzlichkeit willkommen heißen.

Zur Hundertjahrfeier der Wiener Philharmoniker wurde am 14. April 1942 im Großen Musikvereinssaal  Alfredo Casella  „Paganiniana“  op. 65 unter Karl Böhm uraufgeführt


In kurzen Notizen wurde in den Zeitungen bekannt gegeben, dass am 6. März 1947 der bekannte Komponist  Alfredo  Casella in Rom verstorben ist. Gerade an diesem Tag wurde in Rom zum ersten Mal seine „Messe für den Frieden“ aufgeführt.

__QUELLEN:__   Signale  1912  H 43, S 10, Radio Wien,  13. November  1936, S 6, sowie Bild, Die Stunde 17. November  1936, S 4, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/ALFREDO_CASELLA

>[Zurück  zur Übersicht über alle Beiträge|Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp]







[{Metadata Suchbegriff=' ' Kontrolle='Nein'}]



[{ALLOW view All}][{ALLOW comment All}][{ALLOW edit Graupp}][{ALLOW upload Graupp}][{ALLOW delete Graupp}]