!!!DER BRUCKGRABEN

Immer wieder entdeckt man einzigartige Naturschönheiten, dazu darf wohl auch der Bruckgraben  gezählt werden.

1888: Dem „Spezialführer durch das Gesäuse“ von Heinrich Heß entnehmen wir die nachfolgende Beschreibung der Partie auf dem  Brucksattel und   durch den Bruckgraben:  Eine der herrlichsten, großartigsten Touren von Gstatterboden aus ist die Tour auf den Brucksattel 1093 Meter  und durch den Bruckgraben zurück nach Gstatterboden. Doch ist dieser Ausflug nur geübten Touristen anzuraten; für Damen ist der Graben nicht gangbar. Bergstock nötig. Auf dem Weg zum Brucksattel hat man einen herrlichen Anblick, zuerst des Reichensteins, dann des imposanten Hochtorzuges; von dem Matten bedeckten  Brucksattel mit der Büchelmar Alm Blick auf den großen Buchstein.  Der Bruckgraben ist selbst in den wild zerklüfteten und  zerschründeten Kalkalpen ein von den berühmten Liechtenstein-Klammen übertroffen. Vom Brucksattel -  bis  dahin rote Markierung – und zwar jenseits der Büchelmar Alm steigt man durch Wald in einen Graben und durch Krummholz bis zur Hütte im Bruckgraben. Gleich von dieser aufwärts nimmt der Graben wilden Felscharakter an. Wegen des Wassers wandert man auf schmalem, Dynamit gesprengten Steig bis zum Schleusenwerk – einem mächtigen Holzbau – in einsamer großartiger Felswildnis. Von hier abwärts beginnt der wildromantische Teil des Grabens. Ein kurzes Stück noch auf weichem Schuttboden, dann  bauen sich die Wände trotzig kühn auf  und lassen uns – ganz nahe aneinand rückend – nur mehr einen ganz schmalen Streifen, blauen Himmels. Unser Steig führt bald dies- bald jenseits, jetzt auf schmalem Holzsteg, nun auf felsigen Stufen, dann wieder über feste Steigbäume oder Eisenstiften rasch abwärts. Immer wilder, imposanter streben die furchtbaren Wände himmelan, immer dräuendere Gestalten nehmen die düsteren Felspfeiler an, immer mächtiger tobt das gischtende Wasser abwärts. Da greifen die Felsen ineinand und es wird dunkel in der schaurigen Schlucht – nur die weißen Wogen des in wilden Katarakten den jähen Stufen des Grabens folgenden Wildbaches leuchten aus gewaltiger Tiefe herauf. Endlich wird es wieder lichter, die ausgelaugten Wände streben senkrecht zu gewaltiger Höhe empor, der Bach verliert sich unten in dämmernder Tiefe und wir wandern auf eisengetragener, mit solidem Geländer versehener Galerie an der  überhängenden Wand dahin. Nun öffnet sich der Graben und in sanften Serpentinen nähern wir uns den grünen Fluten der Enns. Man wandert hierauf dem Bahnkörper folgend nach Gstatterboden zurück.

Im Juli 1888 wird aus Hieflau gemeldet, dass eine größere Partie Wiener Touristen einen Ausflug in  den Bruckgraben unternahm. In Folge Einbrechens eines Steges stürzten zwei Touristen in den etwa fünfzehn Meter tiefen Abgrund, auf dessen Boden ein Wildbach dahin schäumt. Einer von den beiden  Abgestürzten konnte sich retten, nachdem der andere Mann,  Max Reinisch, tiefer in den Bach gefallen und bewusstlos liegen geblieben ist. Der Hotelier Bernhofer von Gstatterboden entsendete Leute um die Verunglückten zu bergen. Reinisch war bereits tot und wurde wegen Dunkelheit erst nächsten Tag aus der Tiefe geholt.

 1909: Der seit  vielen  Jahren nicht mehr zugängliche, nur den älteren Besuchern des  Gesäuses bekannte Bruckgraben soll, dank den Bemühungen der Wiener alpinen Gesellschaft „Die Ennstaler“  und der Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenverein Ennstal-Admont wieder allgemein zugänglich  gemacht werden. Das Land Steiermark als Grundeigentümer hat  vor kurzem den genannten Gesellschaften die Bewilligung zur Wiederherstellung der verfallenen Wege und Stege erteilt. Der Bruckgraben ist eine zirka 2 Stunden lange, stellenweise sehr enge Schlucht zwischen senkrechten, sehr hohen Wänden, welche zwischen den Stationen Johnsbach und Gesäuseeingang vom Hauptmassiv des großen Buchsteins zur Enns herabzieht. Der vor 30 Jahren von der damaligen Innerberger Hauptgewerkschaft angelegte Steig führt teilweise im  Bachbett und teilweise hoch in den senkrechten Wänden, an eingelöteten Eisenstiften befestigt, über schwindelnde Tiefen. Am Ende dieser prächtigen Schlucht ist eine großartige Klause zum Anstauen des Wassers behufs Holzflößung angelegt. Dieses Wasser bildet, wenn die Schleuse gesperrt, einen herrlichen See, ringsum von senkrechten Wänden umschlossen. Die Besichtigung des Bruckgrabens war Ende der Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts nur kurze Zeit mit Bewilligung der Forstverwaltung gestattet. Als das am Bruckstein geschlagene Holz abgeflößt war, wurde nichts mehr für die Erhaltung der kunstvollen Wege getan und musste der  Bruckgraben schon im Jahr 1881 gänzlich  für die Touristenwelt abgesperrt werden,  da die Ringe an den Wänden keine Sicherheit mehr boten. Im vergangenen Jahr wurde eine kommissionelle Besichtigung der verfallenen Stege durch Vertreter obgenannter Vereine, nämlich Heinrich Heß und Karl Pongratz, Ingenieur Franz etc., vorgenommen und nach  günstigem Ergebnis das nun bewilligte Gesuch um die Wiedererschließung, beziehungsweise Neuherstellung der Wege in diese wildromantische Schlucht beim Landesausschuss von Steiermark eingereicht. Derzeit fehlt nur noch die Zustimmung seitens der  Staatsbahndirektion zur  Anlage eines Weges vom Eisenbahndamm zur Erreichung des Einganges zum Bruckgraben,  da ein kurzes Stück vor dem unteren Ende der Klamm sich zwischen Enns und  senkrechten Felswänden  nur der Eisenbahndamm befindet, der auch in den  Achtzigerjahren den Zugang  vermittelte.

QUELLEN: Dillinger Reise Zeitung, 1. März 1909, Neues Wiener Tagblatt, 9. Juli 1888, Wiener Salonblatt,  15.  Juli  1888, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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