!!!DIE  BLINDENSCHRIFT




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Blind zu sein ist für viele Menschen das schlimmste Schicksal. Zahlreiche Organe kann man bereits ersetzen nur Augen leider nicht. Man wundert sich wie sich blinde  oder sehbehinderte Menschen in der Öffentlichkeit zurechtfinden. Inzwischen gibt es  für sie verschiedene spezielle Hilfsmittel wie Blindenleitsysteme im öffentlichen Raum um sich  selbstständig  orientieren  zu können. Bildschirmlesegeräte, Markierungssysteme, Großtastentelefone, auch sprechende Geräte wie Uhren, Blutdruckmessgeräte und Thermometer. Trotz allem  konzentrieren  sie sich auf ihren Tastsinn,  Gehör und den weißen Blindenstock.

Nur diese drei Möglichkeiten gab es einst für  Menschen im ewigen Dunkel. Doch dann wurde  etwas  Großartiges erfunden,  die Blindenschrift.

Ein junger Franzose, Louis Braille, in Coupvray  einem Dorf in der Nähe  von Paris  wurde  am 4. Jänner 1809 geboren. Er hatte noch drei Schwestern. Durch einen Unfall verlor er als Dreijähriger sein Augenlicht. Er war mit lebhafter Intelligenz begabt, verfolgte er dem Unterricht in der Volksschule und trat mit 16 Jahren  in das Pariser Blindeninstitut, das einzige in ganz Frankreich das 1819 gegründet worden war. Hier widmete er sich in erster Linie der Musik und brachte es mit dem Klavier, dem Cello und der Orgel zu bemerkenswerter Fertigkeit. Einige Zeit war er Organist an einer  Pariser Kirche.

Nachdem Braille  im Blindenheim war konfrontierten sie  ihn mit den ersten Versuchen des Punktschriftsystem von Charles  Barbier veranlassten  ihn zur weiteren Ausbildung des Systems das mit seiner Punktüberzahl nicht gebrauchsfähig war.

Zu damaligen Zeiten hat man sich mit den Problemen der Blinden kaum noch beschäftigt. Nur Linz durfte sich rühmen über eine derartige Blindenanstalt  zu verfügen. Auch Wien und andere Großstädte waren mit einer solchen Anstalt eingerichtet.

Brailles Hauptziel war der Blindenunterricht. Als Junglehrer am Institut erkannte er sehr bald, dass das größte Hindernis am Fortkommen  der frühzeitig Erblindeten, in der Schwierigkeit  sich Bildung anzueignen.  Bisher mussten sie sich mit dem praktischen  Erwerb   von  Bürstenbinden, Besenherstellung und Korbflechten   beschäftigen. Wie konnte man ihre Intelligenz fördern, Gelegenheit bieten  um Wissen zu erwerben, das konnte man nur durch Lesen und Schreiben erreichen.

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Es hatte bereits verschiedene Versuche von Blindenschriftsystemen gegeben, Hebold hatte  eine Flachschrift zum Verkehr mit Schweden konstruiert; der Engländer Moon  eine Reliefschrift, die auf den Normalbuchstaben basierte,  ein junger französischer Kavallerieoffizier, Barbier hatte eine auf  zwölf Punkt artige   Grundform beruhende tastbare Punktschrift entworfen, ja  schon 1517 war in Spanien  eine Methode versucht worden. Aber keines von diesen  und anderen Systemen vermochte sich durchzusetzen, sie waren meist zu umständlich. Braille gelang es endlich mit größter Geduld und Ausdauer durch seine eigene Behinderung erworbenen Verständnis eine wirklich zweckmäßige Blindenschrift zu schaffen. Das System hat sechs Grundpunkte, die in  kleinen Rechtecken, etwa dem Dominostein ähnlich angeordnet, jedoch nicht vertieft, sondern erhaben sind,. Durch die jeweiligen Hervorhebung von zwei bis vier Punkten werden die Buchstaben gebildet. Die Schrift durch die  kleine Zahl der Punkte rasch tastbar und mit einem stichartigen  Instrument verhältnismäßig  einfach schreibbar, orthografisch, dadurch international verwendbar, damit  nähert es sich  dem Ideal  der Vorstellung.

Die Braille Erfindung rief eine wahre Revolution  auf dem Gebiet des  Blindenwesens hervor.

Trotz des  Verlustes des Augenlichtes konnten die Blinden  durch das neue System plötzlich in schriftlicher Beziehung zu seiner Mitwelt treten.  Ein Weg, der dem Blinden über sein Elend hinweg zu bringen vermochte,  war endlich gefunden.

Der Blinde konnte nun schreiben, lesen, sich in die Schätze der Literatur vertiefen und sich dadurch  ablenken. In dieser Hinsicht kamen  nach und nach immer neue Verbesserungen dazu.

Die neue Blindenschrift  fand schnell  ihren Weg  über die ganze Welt. Bereits 1806 hatte der aus Wittenberg stammende Gelehrte Joh. Aug.  Zeune in Berlin eine  Blindenanstalt gegründet. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Bücher in Blindenschrift gedruckt. Schreibmaschinen wurden eigens für Blinde konstruiert, der in Oldenburg bestehende Verein für Dressur von Sanitätshunden  stellte seine Blindenführerhunde zur Verfügung, der Staat tat alles, um für das Wohl  seiner blinden Bürger zu sorgen.

Eine berühmte Blinde war Maria Theresia von Paradis, 1759 in Wien  als Tochter eines Regierungsrates geboren und Patenkind der großen Kaiserin Maria Theresia, verlor im dritten Lebensjahr das Augenlicht. Sie war außerordentlich begabt, wurde außer in Musik auch in Sprachen, Geschichte und Geografie unterrichtet und unternahm Konzertreisen nach Paris und London, wo sie große Triumphe feierte. Maria Theresia konnte eine mit Stecknadeln auf Kissen geformte Buchstabenschrift lesen;  sie wandte Pestalozzis Papptäfelchen mit großen erhabenen Buchstaben an, die sie mit  Hilfe einer unserer heutigen   Lesemaschinen ähnlichen Vorrichtung zu Wörtern und Sätzen verband. Mechaniker  Kempelen konstruierte für sie  eine Handdruckmaschine, mit welcher sie  die  von ihr selbständig zusammen gesetzten Lettern von mittlerer  Größe abdruckte. Diese Dame war mit Veranlassung, dass  Valentin  Haüy das erste Blinden Erziehungsinstitut der Welt in Paris 1784 gründete; sie musste es auch gewesen sein, die den edlen J. Wilhelm Klein  in Wien auf  den Gedanken  brachte,  Unterrichtsversuche mit  Blinden anzustellen;  das glücklichen Gelingen derselben führte zur Gründung der ersten  deutschen  Blinden-Erziehungsanstalt in Wien  im Jahr 1804. Wie in Schulen der Sehenden wurde auch  in den Blindenschulen das Buch zu   einer Notwendigkeit;  Haüy und Klein stellten solche  in Hochdruck her,  indem  sie  aufrechte Lettern schneiden und gießen und mit diesen auf eine nachgiebige Unterlage  drucken ließen: sie erzielten tatsächlich tastbare Buchstabenzeichen,  die der Blinde tastend zu lesen vermochte. Unter Kleins Leitung wurde im Jahr 1811  in Wien das erste deutsche Buch in Blindenschrift erschien, und zwar in einer von ihm  erfundenen Stachelschrift, der sich ausnimmt wie der  durchlöcherte Vordruck eines Stickmusters. Die Bücher waren mit  Stacheltypen bedruckt, deren Stacheln durch das Papier durchdringen und so ein leicht lesbares  punktiertes Relief geben. In England hat man auf den Tastsinn der Blinden berechnete Buchstaben angewandt, und das System von  Moon  Brighton  hat sich bis heute erhalten (1916).

Eine vollständige Umwälzung erfuhr der Blindendruck durch die Erfindung der Braille  Blindenschrift, die allgemein in den  Blinden Unterrichtsanstalten gelehrt wird, denn seine Blindenschrift ist leicht erlernbar und  viel leichter zu lesen und zu schreiben als jede andere Blindenschrift, außerdem lässt sich  auf alle  alphabetischen Sprachen anwenden dadurch fand sie als eine Art  internationale  Blindenschrift schnell in der gesamten Welt  Verbreitung.


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Die erste Zeitschrift für Blinde  wurde 1870 in Italien gedruckt  „il mentore dei ciechi“ auch Gründungen von Bibliotheken für Blinde  fällt in diese Zeit, die erste in London durch Dr. Armitage.

Neben  verschiedenen Hilfsmitteln wie Tafeln  und Schreiblinealen wurde zirka  1903 auch Schreibmaschinen für die Punktschrift  erfunden,  „Rall Braille“ die erste amerikanische und bald darauf die deutsche  Picht-Maschine  folgte. Der Ruhm,  die erste Tafel  für Punktschrift hergestellt zu haben, gebührt  aber  Mr. Barbier.

 Seit nun das Esperanto  internationale Blindensprache  geworden, haben die Blinden  der ganzen Welt  eine gemeinsame Sprache und ein  Schriftsystem, so dass dem Blinden der schriftliche  Verkehr  mit allen gebildeten Schicksalsgenossen offen steht.

Der geniale Louis Braille darf für sich noch in Anspruch nehmen, eine Musiknotenschrift erfunden zu haben die dem blinden Musiker ermöglicht ein Musikstück zu studieren. Für das Lesen eines Romans braucht der Blinde durch seinen Tastsinn genau so lange wie der Sehende.  Ein Problem stellte die Größe der Buchstaben dar, die in Reliefschrift  viel Platz in Anspruch nahmen. So ist Gustav Freytags Roman „Soll und Haben“ in nur  zwei Bänden gedruckt, und in der Blindenschrift  benötigt man 24. So ist man  zu einer Art Blindenstenographie  übergegangen die ebenfalls in den  Unterrichtsanstalten gelehrt wird.  Hinzu kamen dann noch die Schreibmaschinen. Dank dieser umfassenden Erfindungen ist der Blinde nach gründlicher Ausbildung imstande, sich  geistig und beruflich sehr vielfältig zu betätigen und dadurch  in der Gesellschaft ein vollwertiges Mitglied  zu sein, und  über sein Gebrechen etwas Trost zu finden.

1917  ist eine interessante Studie von  Pierre  Billey  über die Blindenbücher  von Braille für die französischen Soldaten erschienen, aber kann auch für  all den anderen nutzbringend sein kann. Der Autor meint der größte Teil der Soldaten die an den Augen verwundet 80 Prozent, für deren  Lebensbedürfnis gesorgt werden muss, abgesondert werden kann, denn es handelt sich meist um Bauern oder Handwerker  die auch früher schon  wenig Verlangen nach Lektüre und geistiger Arbeit hatten und viel wichtiger wäre  es sie wieder ihrem früheren Beruf zuzuführen.

Die Schreibmaschine spielte ab nun für die Blinden eine große Rolle. In einigen Druckereien die für Blindenbücher arbeiten, sind noch Linotypes, Setzmaschinen in Gebrauch.

Die Setzer haben das gewöhnliche Alphabet und  alle gewöhnlichen  Buchstabenzeichen und Ziffern auf den Tastern Billeys vor sich stehen. Die Matrizen der gegossenen Typen jedoch sind mit den Blindenbuchstaben und dem System Braille versehen. Auf diese Weise  geschieht  die Übertragung der gewöhnlichen Schrift in die Blindenschrift überraschend schnell und genau. Das Drucken selbst geht noch langsam vor sich, weil jede Blattseite in Tiefdruck ausgeführt werden muss.  Gegenwärtig wird die Pagina  auf zwei Seiten bedruckt, was 100 % an Material erspart und die frühere Stärke der Blindenbücher auf die Hälfte verringert. Eine Bemerkung Billeys ist wert, in der Öffentlichkeit wiederholt zu werden: „Es ist auffallend, dass es noch  so viele Nichtstuer gibt, die nicht den geringsten Bruchteil ihrer Zeit der Herstellung von  Braille-Büchern widmen wollen.  Tatsächlich verlangt  die Herstellung der Braille-Schrift für Sehende nur eine sehr geringe Vorübung. Die Übertragung eines Buches in die Braille-Schrift ist eine  zerstreuende Tätigkeit, welche vernünftiger und wertvoller ist als zum Beispiel die kleinliche Leidenschaft des Kartenlegens.“

Louis Braille der  am 6. Jänner  1852 verstarb bleibt unvergessen, der Tausenden  von Blinden Licht und Sonne in ihr dunkles Dasein brachte, und sie  den Quellen  des menschlichen Geistes zuführte. Schon einige Jahre vorher hatten sich bei dem Erfinder die ersten Anzeichen eines Lungenleidens gezeigt. Immer wieder musste er seine Lehrtätigkeit unterbrechen um in seinem Heimatdorf  sich zu erholen. 1851   stellte heftiger Bluthusten und starker Verfall ein, der zum Tod führte.

__QUELLEN;__    Grazer Volksblatt  4. Jänner  1910, S 1,  Neues Wiener Journal  7. September  1917, S  12,  Österr. Kriegs,Blatt  1916, H  75, S 14, Ill. Kronen Zeitung  23. Juli 1929 Bild,  Freie Stimmen,  13. August  1925,  S 6, Neue Freie Presse  4. Jänner 1909,  S 10. ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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