!!!FRAUENHERBERGE

1937:  Wie bekannt hatte  die Gemeindeverwaltung vor einiger Zeit den großen Häuserblock Kastanienallee-Unter-Meidlinger-Straße-Moosbruggergasse, indem einst der 1. Wiener Asylverein ein privates Obdachlosenasyl untergebracht war, um den Betrag von  200.000 Schilling erworben, um darin eine „Herberge der Stadt Wien für Frauen, Mädchen und Mütter“ einzurichten. Das Obdachlosenheim der Stadt Wien in Favoriten ist, seit dort die Beschäftigungsanstalt für Bettler  eingerichtet ist, stärker in Anspruch genommen, außerdem waren dort bisher Männer und Burschen, Frauen und Mädchen, wenn auch getrennt, so doch in einem Gebäude untergebracht. Die Neueinrichtung der Frauenherberge ermöglicht nun die Trennung nach Geschlechtern und schafft auch die Möglichkeit, die Beschäftigungsanstalt für Bettler, mit der guten Erfahrungen gemacht wurden, zu vergrößern, damit die viel beklagten  Bettlerplace eingedämmt werden.

Die Frauenherberge in Meidling ist fast vollständig eingerichtet und wird noch in diesem Monat der Benutzung frei gegeben. Der Belegraum wurde mit 500 Betten   ausgestattet. Vom familienpolitischen Gesichtspunkt ist besonders begrüßenswert da es sich um eine ganz neue Einrichtung handelt. Es gibt 30 Einzelzimmer für Mütter, einen Kindergarten und ein Hort. Das Mutterschutzwerk hat eine Mütterrunde eingeführt.

Wie festgestellt wurde ist die Einrichtung der Herberge mustergültig. Die Gemahlin des Bürgermeisters, Frau Josefine Schmitz, sowie die vier weiblichen Mitglieder der Wiener Bürgerschaft.

Die Herberge  wird über eine ausreichende Zahl von Badegelegenheiten und Duschen verfügen und im Interesse  der Reinhaltung des Hauses werden die Insassinnen eine eigene saubere Herbergskleidung erhalten.

Die noch gut erhaltene Hauskapelle wird zu einer selbständigen Seelsorgestation ausgestaltet werden.

Die neue Herberge wird, wie erwähnt, ausschließlich  Frauen, Mädchen und Müttern mit ihren Kindern zur Verfügung stehen, das Favoritner Obdachlosenheim aber in Zukunft nur mehr für Männer und Burschen benutzbar sein.

Die Frauenherberge bedeutet jedenfalls einen wesentlichen Fortschritt in der Obdachlosenfürsorge, ihre Errichtung ist aber nicht so  aufzufassen, als wäre eine Vermehrung der Unterbringungsmöglichkeiten für Obdachlose notwendig geworden; es handelt sich vielmehr nur  um eine Trennung nach Geschlechtern und darum, Müttern, die vom Unglück vorübergehender Obdachlosigkeit betroffen werden, weiterhin die Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen, während sich bisher solche Mütter zum Schaden des Familienlebens von ihren Kindern  trennen mussten

QUELLE: Reichspost, 5. März 1937, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
 

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