!!!GRAF GUDENUS




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In das altehrwürdige Schloss Ulrichskirchen bei Wolkersdorf in Niederösterreich ist  Trauer  eingezogen, denn um halb  2 Uhr nachmittags ist Geheimer Rat Leopold Graf von Gudenus, Oberstkämmerer Sr. Majestät des Kaisers, nach langem schweren Leiden verschieden. Obwohl seine Krankheit, er litt an Leberkrebs, den Nahestehenden  bekannt, kam das Ende doch  für alle überraschend.

Graf Gudenus der  in verschiedenen Ämtern  und Funktionen seines arbeitsreichen und schaffensfreudigen Lebens,  durch seine weltmännische Vornehmheit, durch sein Verständnis für  die Forderungen der Zeit und durch sein  konziliantes Wesen  die ungeteilten Sympathien  nicht nur zu erwerben, sondern galten  ebenso seinen gewinnenden  Eigenschaften als Mensch, den  hervorragenden Qualitäten  mit den schwierigen und verantwortungsvollen Amt des Oberkämmerers gerecht wurde. 

Der allerhöchste Dienst und das öffentliche Leben Österreichs, die Verwaltung der kaiserlichen Sammlungen, die gesamte Wissenschafts- und Kunstpflege  Wiens und des Reiches haben einen schweren Verlust erlitten.

Das Dahinscheiden des  vornehmen Würdenträgers, der kürzlich seinen 70. Geburtstag beging, als höchste Kunstbehörde des  Hofes, niemals blieb einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Angelegenheit seine Förderung versagt. Der Tod  hat nun seinem ausgezeichneten Wirken ein Ende gesetzt.

Der Geheime Rat stammte aus einem kurmainzischen Geschlecht, des 17. Jahrhunderts durch Johann Christoph von Gudenus, kurfürstlich mainzischen Geheimen Rat und Residenten am kaiserlichen Hof, nach Österreich kam.

Unter seinen Ahnen gibt es einen berühmten Rechtsgelehrten, den Verfasser eines mehrbändigen juristischen Sammelwerkes. Die Mutter des Grafen war dem  freiherrlich Bartenstein-Geschlecht entsprossen,  das  der Kaiserin Maria Theresia und ihrem Reich einen der bedeutendsten Staatsmänner geschenkt  hat.

Seine Jugend verbrachte der Graf meist in dem  Erziehungsinstitut zu Löwen in Belgien. Die kriegerischen Ereignisse 1866 riefen ihn zu den Waffen. Zwei  seiner Brüder waren gleichfalls mit dabei. Er kämpfte bei Königgrätz, sein Bruder Heinrich wurde schwer verwundet. 

Nach dem Krieg kehrte der Graf  wieder zu seinen Studien zurück um sich  für die  diplomatische Laufbahn vorzubereiten. Während seiner Diplomatenlaufbahn wurde er mit den verschiedensten Ereignissen konfrontiert. 1870 in Rom und sah den Einzug des Königs Viktor Emanuel  und verweilte während  der Kommunetage in Paris und war der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in St, Petersburg zugeteilt,  gerade als Kaiser Franz Joseph  1874, Zar Alexander II., besuchte. Als Legations-Sekretär nahm der Graf seinen Abschied.

1877 führte er seine Auserwählte,  die Tochter des Fürsten Josef Colloredo-Mannsfeld und Schwester des  Ackerbauministers Grafen Hieronymus  Mannsfeld sowie des Herrenhaus-Mitgliedes und Geheimen Rates Grafen Franz Colloredo-Mannsfeld, Gräfin Ida, als Gemahlin auf Schloss  Opocno in Böhmen, zum Altar .

Die  niederösterreichische  Großgrundbesitzer-Kurie sandte ihn in den Landtag und Reichsrat, 1893 erfolgte seine Ernennung zum Landmarschall von Niederösterreich. Seine vornehme Führung dieses Ehrenamts blieb  unvergessen. Doch dann folgte noch eine ehrenvolle Aufgabe, die Ernennung  zum Obersthofmeister Ihrer Hoheit der Kronprinzessin-Witwe Stephanie,  die er einige Jahre inne hatte. 1904 berief ihn  Se. Majestät zur Leitung des Oberstkämmereramtes. Damit fand er ein  umfangreiches Gebiet der Wirksamkeit vor.

Die kaiserlichen Sammlungen, die  der Oberstkämmerer Behörde unterstehen,  werden zu den wertvollsten der  Welt gezählt. Immer wieder entdecken Forscher in diesem großartigen  Schatz, oft Kostbarkeiten von diesen sie überrascht werden. Welche Bedeutung diese Sammlungen in sich bergen, ersieht man erst in den monumentalen Werke der Jahrbücher. Hervorzuheben ist vor allem noch die Handschriftensammlung, etwas Einzigartiges, in der Wiener Hofbibliothek. Graf Gudenus  war dieser Herausforderung stets gewachsen und in seinem Element. Mit der Verwaltung der kaiserlichen Kunstsammlungen umfasst alles wissenschaftliche und künstlerische Schaffen innerhalb der gesamten Monarchie in  vielfacher Fühlung. Darunter  muss man auch die archäologischen Forschungen und Grabungen im Ruinenfeld von Ephesus erwähnen, ein Riesenunternehmen der wissenschaftlichen Akademien und Institute   über Jahrhunderte  ruhend,  aus ihren verborgenen Tiefen  hervorzuholen.

Auch in Niederösterreich sind seine Spuren zu erkennen, denn ihm ist es zu danken, dass die Konservierung des Amphitheaters von Carnuntum möglich war. Jede Neuerwerbung in der  Gemäldegalerie, in den antiken und in den numismatischen Sammlungen fesselte stets sein Interesse. Auch die Hofbibliothek erfuhr eine Veränderung der Lesesäle, ab nun gab es zahlreiche Spezialausstellungen, zuletzt  beim Historiker-Kongreß die den  Besuchern die Gelegenheit bot,  die   Kostbarkeiten der Hofbibliothek endlich kennen zu lernen.

Seit dem Rücktritt des Freiherrn von Gautsch hatte  er das Präsidium des  Kuratoriums des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie übernommen. Der vielfach Ausgezeichnete hinterlässt eine Tochter, Therese, die seit 1899 mit dem Dr, jur.  Maximilian  Grafen zu Hardegg vermählt ist.

Graf Gudenus bekleidete auch die Würde des Oberstjägermeisters und genoss den Ruf eines passionierten Jägers. In Schützenkreisen erfreute sich der Dahingeschiedene des größten Ansehens, war er doch Ehrenmitglied des Wiener Schützenvereines Beim 1898 durchgeführten Kaiserjubiläums-Bundesschießen in Wien, stand er mit dem Fürsten Trauttmansdorff  an der Spitze des  Festausschusses und trug viel  zur würdigen  Durchführung bei.

Besonders als bekannter Tennisspieler  aber auch im Bridgespiel zeichnete er sich durch Meisterschaft aus.

Die  Sommermonate verbrachte der Graf  mit Vorliebe auf seinen Herrensitz Schloss  Ulrichskirchen, einem zwei Stock hohen Barockbau, zu dem  eine schattige  alte   Kastanienallee führt. Ein mächtiger Wallgraben ergänzt das Gesamtbild. Die große Terrasse mit  erlesenen Steinvasen geschmückt, umgeben von einem  farbenprächtigen Blumenparterres, ein kürzlich erst neu angelegter Park und ein Tennisplatz bilden den Abschluss.

Das Innere der großen Räume des Schlosses sind ästhetisch in vornehmer Eleganz eingerichtet. Wunderbare Boiserien  der Burg Würnitz, antike Möbel,  Gobelins und kostbares Porzellan. Hier bekundet Graf Gudenus seinen feinen Geschmack, den er auch als Oberstkämmerer  stets beweisen konnte. 

Am 11.  November 1913 hatte der Kaiser in besonderer Audienz die Witwe des Oberstkämmerers Ida Gräfin Gudenus und Gräfin  Therese  Gudenus  empfangen.

QUELLEN: Wiener Zeitung, 2. Oktober 1913, Fremden Blatt, 2. Oktober 1913, Prager Abendblatt,  11. November 1913,  Neues Wiener Tagblatt.  2. Oktober 1913, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO



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