!!!JULIUS CHMEL




[{Image src='Chmel.png'class='image_left'height='400' caption='Julius Chmel, Österr. Musik-Zeitung' alt='Sänger' width='270'}]


1891:  Der Koloratur-Gesang, der bekanntlich aus der Verzierung, Ausschmückung einzelner Noten, sowie  durch laufende, perlende Passagen, Kadenzen u.s.w. Im Kunst- und Bravour-Gesang entsteht und die vollendetste Technik der Stimme erfordert, wird in unserer Zeit immer mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt, das jeden Freund  klassischer Koloratur und brillanter italienischer Opern-Arien mit  Trauer erfüllen muss. Freilich braucht man zu der neuen dramatischen Richtung nur Stimmmittel ohne große Jahre lange Schulung und nur deutliche Textaussprache und geistreiche Auffassung zu besitzen, denn diese Kompositionen enthalten fast  keine Verzierungen, so dass jeder gut veranlagte Sänger selbstverständlich sein Ziel viel leichter und  schneller erreichen kann, auch ohne die früher als notwendig geforderte Koloratur-Fertigkeit – was Hunderten von Stimmbesitzern Veranlassung bietet, in aller Eile ohne eigentliche Gesangsstudien zu machen,  Opern-Partien zu studieren und sich  engagieren  zu lassen.

Ein solcher Sänger der mit stimmlicher Begabung zugleich die vollendetste Kunstfertigkeit besitzt, ist der wiederholt in Konzerten bewunderte Sänger. Herr Julius Chmel in Wien, dessen ausführliche Biographie hier deshalb folgt:

Julius Chmel, auf dem kaiserlichen Famiien-Gut zu Holics in Ungarn geboren, entstammt einer alten Beamtenfamilie:er besuchte in Olmütz das Gymnasium und  empfing dort bei seinem Großvater, der Hofstaatsdirektor beim Erzbischof  Sommerau und nebst bei ein passionierter Musiker gewesen, als  Altist im Chor, die ersten Eindrücke der klassischen Musik. Doch für den Handelsstand bestimmt, musste er die Wiege seiner musikalischen Erziehung verlassen, kam an die  Handelsakademie nach Wien, dann in ein  Großhandelshaus, kurze Zeit darauf in ein Bankhaus und gründete mit  21 Jahren das Musikverlagsgeschäft gleichen Namens, welches er mit Glück zur heutigen Blüte brachte. Von nun ab widmete sich  Chmel ernsten Musikstudien, studierte Kontrapunkt bei Josef Fahrbach gründete  seiner Zeit  aus Verehrung für Engelsberg den Gesangsverein „Engelsbergbund“ wo ihn die bekannte Gesangsmeisterin Richter von Innfeldt, die Mutter des Wagner Dirigenten Hans Richter, hörte und sich erbot, ihn im  Kunstgesang auszubilden, was Herr Chmel sofort annahm. Nach Jahren fleißigen Studiums, trat Herr Chmel 1889 zum ersten Mal in Bayreuth auf, über welches Debüt sich die Bayreuther Blätter in geradezu  ausgezeichneter Weise äußerten, und loben besonders den sympathischen, reinen Tenor und die perlende  Koloratur seiner Stimme. Seither sang Chmel unter andern in Innsbruck in Salzburg Mozarteums Konzert mit großem Orchester und heuer in seinem ersten Konzert in Wien,  überall mit durchschlagendem Erfolg, was alle hier nachfolgend abgedruckten Kritiken bestätigen:

Die „Neue Freie Presse“ vom 15. März 1891 konstatiert, dass der  Tenorist Herr Julius Chmel in einem eigenen Konzert im Saal Ehrbar mit Beifall konzertierte.

Die „Deutsche Zeitung“ vom 14. März 1891 schreibt: Herr Julius Chmel der  bekannte Musikverleger, der sich seit Jahren  außer seinem Hauptberuf auch unter der  Anleitung der Frau Josephine Richter ernsten Gesangsstudien widmet, gab kürzlich im Saal Ehrbar erfreuliche Proben seines bereits  gewonnenen technischen Könnens und seiner künstlerischen Auffassung. Mit einer schwierigen Koloratur-Arie aus Händels  „Josua“ beginnend, in welcher  er eine bei  Tenoristen immer  seltener werdende Geläufigkeit entwickelte, sodann vier Lieder und zum Schluss Siegmunds Liebesgesang aus der  „Walküre“ vortragend, traf er  für jede Nummer den rechten Ton. Besonders wirksam sang er ein  frisches, temperamentvolles Zigeunerlied von Jenö  Hubay. Für das Wagner Stück kam ihm besonders seine deutliche Aussprache zustatten. Den reichen Beifall hatte der  Konzertgeber mit dem Ehepaar Tyberg zu teilen, welches den Abend mit Schuberts G-moll-Sonate für Klavier und Violine würdig eröffnete,  worauf dann noch Frau  Tyberg einige Klavierstücke, ihr Gatte zwei Nummern aus einer Raff'schen Violinsuite zur besten Geltung brachten.

1934:  Ein alter Herr mit einem schönen weißen Spitzbart, blättert freudig und stolz in seiner Lichtbildersammlung. Denn jedes Foto, das in diesem dicken Band eingeklebt ist bedeutet eine liebe teure Erinnerung an längst vergangene Tage, an Persönlichkeiten, die bereits verstorben sind. Nur er, Julius Chmel, lebt noch und feiert am 16. Mai, seinen 80. Geburtstag. Vor 14 Jahren bekam er die Berufung an das  Klerikaseminar nach Passau und dort bis vor kurzem Gesang unterrichtet.

Ein Bild von Brahms war zu sehen, der Chmel im großen Musikvereinssaal  singen gehört. Wie stark der Eindruck war, zeigt die Einladung des Komponisten  an Chmel, ihn zu besuchen, um ihm Lieder vorzusingen. Von da an  bestand ein inniges Verhältnis zwischen dem Schöpfer und dem Interpreten, das moch seine Fortsetzung fand, als beide  in Karlsbad weilten und Brahms dort das Heilwasser so schlecht bekam.

Komzak schrieb auf das Foto, die ihn mit Zylinder und Gehrock zeigt, „meinem liebsten und treuesten Freund zur Erinnerung“,  Anton Rubinstein, der Chmel selbst am Klavier begleitete, ist verewigt, bekannte Gestalten  aus dem alten Wien tauchen auf, Männer die im Rathausstüberl mit Lueger verhandelten, als es darum ging die Volksoper zu gründen, an deren Werden Chmel starken Anteil hat, und da ist der Besitzer dieser reichen Bildersammlung selbst mit Hans Richter  und Charlotte Wolter fotografiert, als er vor nun fast fünf Jahrzehnten im Grand Hotel der erste Phonograph in Wien  vorgeführt wurde.

Eigentlich sollte er  ja nicht in den Kreis der Künstler eintreten. Vielmehr plante Julius Chmel-Traun, dessen Ahnen Ludwig der Bayer im Jahr  1342 geadelt hatte, die Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Der Vater war königlicher Rentmeister in Holics, und er  sandte den jungen Julius  zum Studium in die Hauptstadt. Da wohnte er nun bei seinem Onkel, Major Hülgerth, dem Vater des Befreiers von Kärnten und jetzigen Landeshauptmannes General Ludwig Hülgerth in Purkersdorf bei Wien. Hier aber kam auch in Berührung mit einem anderen Verwandten, dem damaligen Hofrat im Obersthofmeisteramt Edmund  Wlassack, der ganz besonders die Kunstinteressen des Studenten aus Holics anregte und förderte.

Chmel spezialisierte sich als  neuer Verleger auf Militärmärsche. Da kam eines Tages auch der Kapellmeister  aus der alten Gumpendorfer Kaserne Lehar in das Geschäft auf der Mariahilferstraße 86,  kaufte eine Anzahl Märsche, und als er gelegentlich wieder kam, erzählte er davon,  dass er selbst komponiere. Bald kaufte er nicht nur, sondern brachte  auch eigene Musikstücke. Julius Chmel  wurde der Verleger des Vaters und  schließlich des Sohnes, der die Werke aus der Musikalienhandlung im sechsten Bezirk spielte, lange,   ehe er seinen  „Gold und Silber“ Walzer hier drucken ließ.  Doch er war nicht der einzige.Neben ihm kamen noch Czibulka. Eysler, Mahr, Wacek und Komzak, von dem bei Chmel kaum irgendein Werk fehlte,  von den Potpourris an bis  zu den „Lustigen Leuten“ oder „Herz und Gemüt“.

Julius Chmel starb im Dezember 1939 in Wien.

__QUELLEN:__  Österreichische Musik- und Theater Zeitung,  1891, H 24, S 5, Bild, Kleine Volkszeitung, 2. Mai 1934, S 6.ANNO Österreichische Nationalbibliothek


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