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!!!KARL  SCHÖNHERR


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Wie „Die Stunde“ im Juli  1927 zu berichten wusste,  stand das Bezirksgericht Josefstadt vor der Entscheidung ob sich Karl  Schönherr ohne Bart fotografieren  lassen darf.

Berühmte Männer hatten es nicht leicht! Und Karl Schönherr zählte zu diesen, also ist es verständlich, dass auch seine Bilder Interesse finden. Selbstverständlich war Karl Schönherr schon vor Jahren interessant, als er noch einen schönen männlichen Vollbart trug, um wie viel mehr also erst, als er sich, nachdem er schon die Fünfzig überschritten hatte, den Vollbart schneiden und sein Gesicht glatt rasieren ließ. Karl Schönherr ist aber gleich,  den in der Erde verwurzelten Gestalten seiner Stücke, keine posierende Natur;  er wollte seine Ruh' haben und ließ sich seit den acht Jahren, die er keinen Bart mehr trägt, nur einmal fotografieren. Aber er hatte mit dem Fotoatelier Differenzen,  und auf sein Verlangen wurden die Platten vernichtet. Es verging die Zeit, kein Fotograf  verwertete das bartlose Gesicht  des Dichters – bis der 60.  Geburtstag Karl Schönherrs kam und das Interesse  für das markante, scharf geschnittene Gesicht noch stärker wurde.

Da stellten sich nun auf Empfehlung eines gemeinsamen Bekannten etwa zehn Tage vor dem Jubiläum die bekannten Wiener  Fotografinnen  Marianne Blumberger, und Anita Schulz bei Karl Schönherr vor, machten mehrere Aufnahmen in der Wohnung des Dichters und luden  Schönherr ein, sich auch im Atelier fotografieren zu lassen, da sich dort mit geeigneter  Beleuchtung und großen Apparaten viel bessere Aufnahmen erzielen lassen.

Karl Schönherr kam tatsächlich  in das Foto Atelier, ließ sich wieder viele Male aufnehmen,  und stellte die Bedingung, dass ihm von jeder Aufnahme, die ihm gefällt, sechs große Bilder und 12 Postkarten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Die Fotografinnen erklärten sich  dazu bereit, glaubten jedoch aus Gesprächen mit Karl  Schönherr und seiner Gattin entnehmen zu können, dass er ihnen das Ausschließlichkeitsrecht auf die Aufnahmen seines Gesichtes ohne Bart übertragen hätte.

Karl  Schönherr soll auch die Äußerung  getan haben, dass seit der Vernichtung der  Platten, auf denen er zum ersten Mal ohne Bart verewigt war,  kein Bild mehr existiere, dass sein bartloses Gesicht zeigt.

Zu ihrer Überraschung erfuhren die Fotografinnen aber  später, dass sich Karl Schönherr  in der Zeit zwischen den Aufnahmen in der Wohnung und im Atelier  auch von anderen Fotografen habe aufnehmen lassen und sahen nun ihre Hoffnung auf den Gewinn  aus dem Verkauf  der Bilder enttäuscht.

Sie klagten also Karl Schönherr vor dem Bezirksgericht Josefstadt und führten aus., dass sie erstens gar nicht so viele  Aufnahmen gemacht hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass es von  Karl Schönherr  dem Bartlosen  schon mehrere Bilder gäbe, zweitens, dass sie  ihm, wie es allgemein Brauch ist, ohne das übertragene Ausschließlichkeitsrecht von jeder Platte nur eine Kopie überlassen hätten. Der gesamte Schaden und der Gewinnendgang betragen nach der Klage 1250 Schilling. 

Samstag fand vor dem Bezirksgericht Josefstadt die Verhandlung statt, in der sich Karl Schönherr  persönlich  verantwortete und erklärte,  dass er niemals jemand  ein Ausschließlichkeitsrecht  übertragen, also auch keine Ursache gesehen hätte sich von anderen Fotografen nicht aufnehmen zu lassen.

Das Gericht wird also zu entscheiden haben, ob Karl Schönherr sein Gesicht ohne Bart aufnehmen lassen kann, von wem er will, oder nicht. Das  Urteil wird auf schriftlichen Weg bekannt gegeben werden.

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Der berühmte Dichter des Bühnenwerkes „Glaube und Heimat“ wurde am 24. Februar 1867 im Schulhaus von Axams bei Innsbruck  geboren, unweit von Speckbachers Heimatdorf. Sein Vater, der später in Schlanders im Vintschgau als Schullehrer wirkte, ein vortrefflicher Schütze war und manchen schönen Preis  erringen konnte, starb frühzeitig. Karl der jüngste von fünf unmündigen Kindern, war bei Tod  des Vaters erst neun Jahre alt.

Trotzdem die Witwe  nur eine Jahrespension von 60 Gulden erhielt,  ging die mutige Frau auf den Vorschlag, ihre Kinder fremden Bauern in  Verpflegung zu geben, nicht ein. Sie wollten weiter beisammen bleiben. Die tüchtige Frau brachte es fertig, dass ihre beiden Söhne das Gymnasium besuchen konnten. Nach Ablegung der  Matura bezog Schönherr die Innsbrucker Universität, um sich zunächst germanistischen Studien zu widmen. Doch bald erwählte er den Arztberuf und erwarb sich an der Wiener Universität das Doktordiplom. Seine Studienjahre verbrachte er auf dem Posthof seines Onkels im Oberinntal. Da hatte er Gelegenheit  die Bauern, Fuhrleute, Wildschützen und auch die Landstreicher gründlich kennen zu  lernen. Schon damals waren es Anregungen für sein späteres dichterisches Schaffen.

In verschiedenen Zeitungen  Tirols erschienen seine  launigen Erzählungen sowie seine Gedichte.

Im Jahr  1894 ließ Schönherr im Verlag Hermann Haessel in Leipzig  drei Bändchen erscheinen. Diese schienen Rosegger sehr anzusprechen, denn Schönherr bekam großes Lob von ihm.  Schönherr  galt bald als so bedeutend  wie   Arthur Schnitzler 

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Die freundliche Aufnahme, die seine poetischen Erstlinge gefunden hatten,  beflügelten ihn, der in Wien bereits seine ärztliche Praxis ausübte, einen dramatischen Versuch zu wagen. Mit seinem ersten Volkschauspiel “Der Judas von Tirol“  hatte er kein Glück doch er ließ sich nicht beirren, den  Glauben an seine dramatische Sendung konnte durch nichts  erschüttert werden. Wie gut, dass er an sich glaubte, das bewies seine Tragödie braver Leute „Die Bildschnitzer“, die bei ihrer Uraufführung am 13. September  1900 im Deutschen Volkstheater in Wien einen so großen Erfolg hatte, dass der damalige Burgtheater Direktor  Dr. Paul  Schlenther dem Dichter das Versprechen abnahm, dem Burgtheater sein nächstes Bühnenwerk zur Erstaufführung zu überlassen. So berichtet  Anton Bettelheim in seinem interessanten Buch  „Karl Schönherr und das österreichische Volksstück“.

Bald löste der Dichter sein gegebenes  Wort ein und sein Schauspiel  „Sonnwendtag“ ging am 19.  April 1902 zum ersten Mal über die Bretter des Burgtheaters und  fand  beim Publikum und Presse eine überaus beifällige Aufnahme. Auch seine Dramen  „Familie“ und  „Erde“ errangen im Burgtheater einen starken und nachhaltigen Erfolg. Bis 1905 übte er seinen Beruf als Arzt aus, dann widmete er sich nur mehr der Dichtung.

Zeigte sich Schönherr  in den genannten Bühnenwerken als ein trefflicher Menschenschilderer, so kam die überwältigende Kraft   seiner Dramatik in seiner Tragödie  eines Volkes  „Glaube und Heimat“ erst so recht wirksam zum Ausdruck. Die  Uraufführung es Werkes im Deutschen Volkstheater in Wien am 17. Dezember 1910 war ein theatralisches Ereignis ersten Ranges. Das Stück mit seinem sicheren Aufbau, seinem tiefen sittlichen Ernst und seinen lebenswahren  Gestalten ist in der Folge über alle deutschen Bühnen gegangen und sein Dichter wurde mit  dem Grillparzer-  und  dem Bauernfeldpreis  ausgezeichnet.

Karl Schönherr ist nicht nur der  bedeutendste österreichische Dramatiker der Jetztzeit, sondern auch ein hervorragender Erzähler.  Dies bezeugen  seine beiden Novellenbücher „Aus meinem Merkbuch und Schuldbuch“ sowie die Sammlung „Die erste Beicht und andere Novellen“ die in Reclams Universalbibliothek  erschienen ist. Peter Rosegger urteilt über Schönherr: „Ein Kenner  des alpinen Volkstums, nicht ein Stadtmensch, der Bauerngeschichten schreibt, sondern ein Berglandsblut, das aus sich selbst schöpft“.

Schönherr hatte sich zur ureigenen Form durchgerungen, da war er zum echten Tiroler Dichter grworden, der Mensch und Schicksal mit neuen Händen gestaltet, da wurde er Künder eines Volkstums.

Auch sein im Weltkrieg entstandenes, erschütterndes Tiroler Drama „Ein Volk in Not“ wurde mit dem Grillparzerpreis ausgezeichnet. Von seinen anderen Bühnenwerken einen hier noch erwähnt  „Der Weibsteufel“, „Frau Suitner“, sowie seine Ärztedramen  „Narrenspiel des Lebens“, „Der Kampf“, „Vivat academia“ und  „Hungerblockade“

Am 13. September 1937  gab es den Dr. Karl Schönherr Tag in Axams, der mit Musik, Schützen festlich begangen wurde. Auf dem Friedhof  gab es eine Kranzniederlegung am Grab des Freiheitskämpfers Georg Bucher, und am Gefallenendenkmal der Helden  des Weltkrieges.

Der Dichter Dr. Schönherr  und alle Ehrenmitglieder  hatten vor dem kreuzgekrönten Feldaltar Aufstellung genommen, die langgestreckte Wiese davor war mit Einheimischen in ihren bunten Trachten besetzt. Der Pfarrer begann mit der Messe, die Axamer Schützenkapelle spielte die Deutsche  Messe. In einer kurzen stilvollen Ansprache  überbrachte der Ortspfarrer im Namen aller anwesenden Bauern die Glückwünsche  an den 70jährigen Dichter, der mit seiner Gemahlin auf einer Ehrenbank vor dem Altar Platz genommen hatten.



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Nach der Messe  bildete sich ein langer Zug, der durch das ganze Dorf  is zum Geburtshaus des Dichters Schönherr marschierten. Alle Vertreter der Bundesregierung waren erschienen. Anwesend waren die höchsten Vertreter der Kirche und der Präsident des Schriftstellerverbandes. Vor dem Geburtshaus des Dichters  begann die Feier der Gedenktafelenthüllung, wieder verbunden mit Ansprachen. Unter den Klängen der Bundeshymne, sowie des Liedes der Jugend  wurde die Bronzetafel  mit der Inschrift  „Er trug Tirols Fahne in die Welt.“

Die Gedenktafel die von  nun an  sein Geburtshaus schmückt, soll ein bleibendes Zeichen dafür sein, dass Tirol seinen in ganz Österreich und Deutschland berühmten und erfolgreichen Sohn zu schätzen weiß und ihm für seine Schöpfungen von ganzen Herzen dankbar ist.

Karl Schönherr starb am 15. März 1943 in seiner Wiener  Wohnung nach längerem  Siechtum  mit 76 Jahren.

Die  Nachricht, dass Karl Schönherr gestorben ist, kommt nicht unerwartet. Schon seit längerer Zeit kränkelte er und es mag auf diese physische Ursache zurück zu führen sein, dass er in seiner Schaffenskraft in den letzten Jahren so nachgelassen hatte. Einst zählte Schönherr zu den fruchtbarsten Dichtern Österreichs. Seine engere Heimat war Tirol, und so  hat er dann auch den vielen urwüchsigen Gestalten des schönen Landes, den Odem  dichterischem Lebens eingehaucht. Für uns verbindet sich mit dem Namen Schönherr das Charakterbild eines Tiroler Dichters voll bluthafter Eigenheit. Immer ist es die Liebe zur Heimat, die seine Werke durchdringt, und es sind die Begriffe Erde und  Volk, die sie kennzeichnen. Es mag sein, dass  in der Großstadt, fern der Heimat erst so richtig  die Liebe zur Heimat entdeckte. Und dieses Heimweh schrieb er sich von der Seele, eine schöpferische Kraft der Sehnsucht die ihm die Feder führen ließ.

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Schönherr hatte nicht für das Bauerntheater geschrieben sondern für die Volksbühne. Es waren die Exel Leute  die sich um die Werke Schönherrs angenommen hatten, die fähig waren seine Dramen zu vermitteln.

Schönherr war ein Bühnenprofi der zwischen Wien  und der alljährlichen Tiroler Sommerfrische hin und her pendelte. Bis 1924 gab er Telfs den Vorzug, doch dann bevorzugte er Stams.

Obwohl Schönherr mit einer Jüdin verheiratet war, bekam er kein Schreibverbot, im Gegenteil, man war dem Regime zugeneigt. Nach dem Krieg hätte es für Schönherr nicht gut ausgesehen, die Entnazifizierung blieb ihm durch seinen Tod 1943  erspart. Von Hitler wurde Schönherr mit der Goethe Medaille ausgezeichnet.

Der Weibsteufel, die düstere  Dreiecksgeschichte wurde 2008 von Martin Kusej im Wiener Akademietheater inszeniert, dann im Münchner Residenztheater gegeben. Zur großen Überraschung  gewann  das Stück  fast alle Preise.

Seine Tiroler Landsleute zeigen sich von Schönherrs Werken nach wie vor begeistert halten ihm die Treue. Der Dichter ist tot doch seine  Dramen  leben weiter  und werden wie einst gewürdigt.

In Wien erinnert  der  Karl Schönherr Hof an den berühmten Dichter, dieser steht  sogar unter Denkmalschutz.

Schönherrs Wohnhaus befindet sich  in Wien 9.  Severingasse  5,  eine Gedenktafel  zeigt an, welch bekannter Dichter hier einst residierte.

__QUELLE:__  Ill. Kronen Zeitung 16. April 1918 S 4 und 5,Innsbrucker Nachrichten 23. Februar 1917 S 1,Neues Wiener Tagblatt 16. März 1943, S 2. Allgem. Tiroler Anzeiger 13. September  1937 S 3, Badener Zeitung 16. Februar 1927 S 2, Die Stunde 5. Juli 1927 S 5,ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial I.Ch. Graupp


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