!!!KUNSTWELT

1880: In den letzten Tagen bildete ein neues Kaiser Porträt, welches Gustav Gaul über Auftrag des k.k. Oberstkämmerer-Amtes anfertigte, vielfach Gegenstand der Unterhaltung der Besucher wurde. Das Gemälde für das  der  Kaiser mehrere Sitzungen gewährte, war nun für einige Tage im Künstlerhaus exponiert und die Betrachter dieses Bildes waren davon überzeugt, dass es Gauls beste Arbeit sei. Franz Joseph zeigt sich darauf in Marschalls Uniform, der Kopf ist  sehr gut ausgearbeitet, doch haftet ihm eine gewisse Ängstlichkeit in der technischen Behandlung an, ohne jedoch  die Wirkung zu beeinflussen. Diese ist eine sehr befriedigende, und der Künstler kann über seinen Erfolg erfreut sein.

Ein zweites Werk, das soeben im Auftrag des k. k.  Oberstkämmerer-Amtes ausgeführt wird, ist eine Schüssel, die unser   bewährte Medailleur Professor Tautenhayn modelliert. Der Künstler hat sich wohl die Aufgabe gestellt, zu seinem in diesen Blättern wiederholt gewürdigten Schild als Gegenstück eine Schüssel anzufertigen, welche den „Raub und die Rückkehr der  Persephone“ in einer reichen figuralen Komposition darstellen wird. Obwohl die auf einige Jahre berechnete Arbeit noch nicht viel über die Konzeption gediehen ist, lässt diese doch schon ein Meisterstück erkennen. Über den weiteren Verlauf des Kunstwerkes wollte man die Leser immer wieder informieren.

Prof. Tautenhayn hat auch jene Medaille geschnitten die für den scheidenden Direktor des des Theresianums, Hofrat Pawlowsky bestimmt, und von dessen Freunden prägen ließen. Diese zeigt am Avers das treffliche Brustbild des Gefeierten, am Revers das Portal der theresianischen Akademie.

Auf dem Gebiet der Medailleurkunst sind wieder einige Arbeiten unseres vortrefflichen Meisters Anton Scharff zu verzeichnen, die er soeben vollendete. Obenan steht die Beethoven Medaille, deren nähere Würdigung erst bei der Monument Enthüllung erfolgen, dann die zweite Preis-Medaille für die Münchner Ausstellung, die in ihrer Art ein Kabinettstück ersten Ranges ist und endlich ein Jetton, zur Feier des zehnjährigen Bestandes  der Wiener numismatischen Gesellschaft, dessen Avers ein vorzügliches Porträt des verdienstvollen Numismatikers Eckhel darstellt. Dieses Jetton ist ein Kuriosum seiner ganzen Anlage nach,  und  wir  behalten uns daher eine nähere Besprechung vor.

Der Bildhauer Eduard von Hofmann, dessen vorzügliche künstlerische Täigkeit uns schon wiederholt Anlass zu erfreulicher Berichterstattung gab, hat nun das Modell jener Brunnengruppe, welche er im Auftrag des Erzherzogs Ludwig Victors auszuführen hat, vollendet;  kleine Veränderungen welche der Meister noch daran ausführte, sind dem Werk sehr zu statten gekommen, und so übt die Gruppe jetzt eine ganz vorzügliche Wirkung.

Hofmann arbeitet weiter an dem Modell  eines Pagen, einer reizenden, fein silhouettierten Gestalt, dann an den Modellen seiner vier Statuen für die neue Universität.

Dombaumeister Prof.  Friedrich Schmidt in Wien ist vor einiger Zeit nach Rom zum Papst berufen worden, da dieser zu erfahren wünschte, ob es möglich sei,  den Chor der Lateran-Basilika zu verlängern und die Apsis mit Mosaiken der Kuppel zu versetzen. Die Antwort Prof. Schmidt fiel verneinend aus.

Quelle: Österreichs Kunst Chronik, 15. März 1880, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO




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