!!!LINZER URNENFRIEDHOF




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1926: Beim Erdaushub zu einem neuen großen Konviktes, die die Linzer Kreuzschwestern in  der Voest Stadt  errichten wollten, erlebte man in einer Tiefe von etwa  einem Meter eine große Überraschung, denn der Schotterboden,  von humusschwarze Durchsetzungen, bargen Scherben, Asche und Holzkohlenreste die von den Arbeitern zu Beginn unbeachtet blieben. Erst als größere Gefäße zum Vorschein kamen, zog man den wissenschaftlichen Mitarbeiter  für Vor- und  Frühgeschichte, Paul Karnitsch hinzu. Er war sofort im Bilde aus den Streufunden festzustellen,  dass man  im Zuge der Grabungsarbeiten auf die  altrömische Nekropolis  von Linz wiederentdeckt habe, ohne Ausnahme fast auf Brandgräber aus der früheren, römischen Kaiserzeit. Sie bargen Urnen  aus Ton und Glas. Zahlreiche Scherben  bestanden aus  altrömischer Keramik, jener rötlichen Tongefäße aus Terra Sigillata, die die alten Römer als Tafel- und  Opfergeschirr verwendeten.

Dass in der ersten Zeit der römischen Besiedelung des Landes noch die Leichenverbrennung, die dann später, bei der Christianisierung, der Erdbestattung wich, üblich war, zeigt dieser römische Urnenfriedhof ds längst dem Erdboden gleichgemachten Kastells Lentia; er ist ein Relikt aus jener Zeit, in der man die Aschenreste des verbrannten Leichnams mit verschiedenen Beigaben der  Erde übergab. Aus dem Umstand, dass die Beigaben hier besonders einfach waren, schließt man, dass auf dem Baugrund der Kreuzschwestern der Armeleutefriedhof aufgeschlossen wurde. Nur ein einziges Grab Nr,  78 von den über 110  gehobenen war reicher ausgestattet, vermutlich die Ruhestätte einer vornehmen Römerin.Die einzige Körperbestattung, der man auf die Spur kam, war Grab Nr. 65. Der gefundene Schädel wurde von den Arbeitern zerschlagen; ihm zu schließen nach handelt es sich um die Bestattung eines Kindes im Zahnwechselalter.

Nach den Funden kann man annehmen, dass die Besiedelung des Linzer Beckens durch die Römer früher einsetzte, als angenommen. Schon unter Despasian 60 bis 70 n. Chr. dürfte im  Zuge der römischen Donauuferbefestigungen auf dem jetzigen Schloßberg von Linz  ein Kastell befunden haben.

Über die römische Totenstatt hin lief, wie die Ausgrabungen zeigten, eine  Friedhofstraße, deren Mitte mit Gneis- und deren Ränder mit  Flugsandsteinplatten versehen waren. Die Vorliebe der antiken Römer für Fliesen und Mosaiken war bekanntlich sehr groß. Die Aufdeckung eines römischen Landhauses am Ostufer des Attersees, die vor zwei Jahren erfolgte, ließ in einer  Anschaulichkeit erkennen, welchen Aufwand an Mittel und Arbeit die fern von ihrer Heimat in einem noch ungeordneten Waldgebiete lebenden Römer für Haus- und  Heimkultur trieben.

Mit der Aufdeckung der altrömischen Nekropolis von Linz wurde jedenfalls die Besiedelungsgeschichte des Landes durch die Römer um eine  Facette reicher, trotzdem die archäologische Ausbeute des aufgeschlossenen Totenfeldes nicht übermäßig groß ist. Vieles, was den Toten einst mitgegeben wurde, hatte sich im Laufe der Jahrhunderte durch chemische Einwirkung  aufgelöst;  man fand von manchen Gegenständen  nur noch seltene Spuren, die sich beim nächsten Spatenstich bereits verwischten...

Fast zwei Jahrtausende Grabruhe in feuchter Erde sind eben eine lange Zeit.

Altertumskundlich bemerkenswert war auch das Grab 99. Die Aschengrube ließ wieder Holzkistenform erkennen. Einige Tage früher hatte  man auch Nägel gefunden. Ihre Lage ließ darauf schließen, dass die Römer ihre Urnen aus Holz verfertigten,  bei dem  damaligen Waldreichtum kein Wunder.  Hans H. Pilz

QUELLE: Österreichische Illustrierte Zeitung, 26. Dezember  1926, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO



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