!!!LUDWIG  TSCHÖRNER

[{Image src='L Tsch.gif'class='image_left'height='400' caption='Prof. Ludwig Tschörner,Die Stunde, Gemeinfrei' alt='Wien' width='305'}]



1926: Seit Beginn  der Radio-
Bildübertragungsversuche  bestand das Problem
der Fernübertragung   von Bildern  das  stets  im
Mittelpunkt des Interesses stand.

Bereits im Wissenschaftsbereich wird der  Physikprofessor  Arthur Korn und der französische Fotograf Edouard Belin erwähnt,  einen Ludwig Tschörner sucht man hier vergeblich, dabei war er es, der  zuerst die Bildübertragung entdeckte und nun verarmt und vergessen sein Leben fristen muss.

In der weltberühmten Sammlung der kaiserlichen Fideikommissbibliothek befindet sich unter den zahlreichen künstlerischen Originalporträts des Kaisers Franz Joseph eine seltsame Reproduktion qualitativ mangelhaft, ein Rasterbild des Monarchen im Profil zeigend, schwer erkennbar, die Gesichtszüge verschwommen, man würde es nicht weiter beachten und weiter blättern und sich  nur wundern, dass sich so etwas Nichtssagendes hierher verirren konnte.

Doch dieses leicht übersehbare Rasterbild wird seit 1912 in der habsburgisch-lothringischen Fideikommissbibliothek wie ein Schatz gehütet,  ein  Kuriosum ersten Ranges, das nicht nur hochinteressant sondern ein außergewöhnliches historisches Dokument darstellt.

Ein Journalist der den  vergessenen Erfinder in dessen Wohnung, Markgraf Rüdiger-Straße besuchen durfte, erfuhr über sein bewegtes Leben,  so manche zeitgeschichtliche Dokumentation....

Vor etwa 18 Jahren wurde Tschörner  durch Korns Experimente angeregt und konstruierte den ersten Apparat zur elektrischen Fernübertragung von Bildern. Tschörner zu dieser Zeit Professor an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt wo er im  Jahr 1895, also zwei Jahre früher als Belin, war auch Schüler des Hofrates Professor Eder. Seine Fächer, die Fotochemie, Reproduktionsfotografie und Klischeeherstellung. Hielt sich längere Zeit in Deutschland und in der Schweiz auf, lehrte diese Fächer 20 Jahre lang an der Wiener Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt.

1909 meldete der Erfinder seinen Fototelegrafen,  zur elektrischen Fernübertragung  von Bildern und Schriften  beim Wiener  Patentamt an. Prof. Dr. Eder, der mit seinen Fachleuten die Konstruktion und die praktische Verwendbarkeit untersuchte, fällte ein sehr günstiges Urteil. Nun begann das Drama an dem die meisten Erfinder Österreichs scheiterten. Tschörner stieß mit seiner Erfindung und dem Patent auf unüberwindbare Schwierigkeiten. Banken wie auch Fabriken an die sich der Erfinder wegen Finanzierung wandte, zeigten für diese epochale, großartige und technische Neuigkeit, weder Verständnis noch Interesse. Nur Generaldirektor Günther, Leiter der Steyrer Waffenfabrik war an dieser Erfindung interessiert.

Als der Krieg ausbrach, fand sich Tschörner im Kriegsministerium ein, um den betreffenden Herren  der Abteilung IV T. B. seinen Apparat vorzuführen. Der Fototelegraf funktionierte ausgezeichnet. Trotzdem wies ihn der Chef dieser Abteilung Major  Pramböck  mit den Worten, dass der Krieg nicht lange dauern  und es würde sich keinesfalls lohnen, für die Herstellung solcher Apparate noch Geld zu verschwenden.



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Doch der Krieg dauerte länger als gedacht und entwickelte sich zu einem Weltbrand. Einige Monate später versuchte es Tschörner nochmals und erschien neuerlich im Kriegsministerium. Diesmal demonstrierte er seinen Apparat in der technischen Versuchsanstalt des technisch-militärischen Komitees vor Oberstleutnant Dr. Wächter.  Dieser zeigte großes Interesse und erstattete einen sehr günstigen Bericht an das Ministerium. Es gab eine Verzögerung, Tschörner  musste als Landsturmersatzreservist in den Krieg ziehen. Nachdem er sich bei seinem Kommando gemeldet konstruierte er binnen sechs Wochen einen feldmäßigen Fotografen zur elektrischen Fernübertragung von militärischen Zeichnungen und Handschriften.  Auf dem Leopoldsberg   vor den höchsten militärischen Fachleuten  bekam  Tschörner  im Herbst 1915   die Erlaubnis zur Vorführung seines neuen Apparates.  Dieser Vorführung wohnte auch Erzherzog  Salvator bei,  die erfolgreich  verlief. Tschörner  rechnete bereits mit Aufträge  zur Herstellung dieser Apparate, doch die Akten blieben im Kriegsministerium unerledigt, denn gerade der Gegner dieses Apparates Major Pramböck als Referenten zugewiesen. Dieser schon vor einem Jahr keinerlei Begeisterung für den Apparat zeigend, hintertrieb Tschörners Pläne und sorgte dafür, dass er in eine Marschkompanie eingereiht und an die Front geschickt wurde.

Tschörner sah auch an der Front die Gelegenheit von seinem Brigadekommando die Bewilligung zu erhalten seinen Bildertelegrafen im Schützengraben aufzustellen um zwischen der Feuerlinie und dem Brigadekommando Bilderübertragungen zu machen. Tschörner konnte zufrieden sein, denn auch diese Experimente  Stellungskizzen, Zeichnungen und Schriften wurden deutlich wiedergegeben   und  fielen glänzend aus.

Nach diesem Erfolg erhielt er den Auftrag, mit seinem Apparat zum Armeekommando nach Teschen zu fahren.  Hier traf er wieder auf Major Pramböck, der, vom  A. O. K.  um ein Referat aufgefordert, abermals das Projekt ablehnte.  Er musste wieder einrücken, diesmal nach Wolhynien, Litauen. Dort erkrankte Tschörner an der Ruhr.  1917 befand er sich im Reichenberger Spital um sich von seiner Krankheit zu erholen, holte er seine Erfindung wieder hervor und stellte vor Vertretern der militärischen und Zivil-Fachbehörden wieder sehr gelungene Experimente an. Endlich gelang es ihm im Sommer 1917, die  Aufmerksamkeit des jungen Kaisers Karl auf seine Erfindung zu lenken. Nach einer gelungenen Vorführung in Laxenburg gab der Adjutant des Kaisers Tschörner den ersten Auftrag, vier Apparate herzustellen. Als Tschörner um einen Vorschuss bat wurde dieser abgelehnt. Mit der Herstellung der Apparate begann die Firma Czeija  & Nissl, die Arbeit ging aber unter solchen Umständen sehr langsam voran.

Seine Erfindung im Ausland anzubieten war ihm verboten worden, denn sie galt als „Kriegserfindung“. Erst 1918 wandte er sich an das deutsche Kriegsministerium.  Nach einer Vorführung in Berlin bestellte das Kriegsministerium auf einmal 200 Apparate und der Erfinder sah endlich Geld, 100.000 Mark Vorschuss. Über den ersten großen Erfolg freute er sich. Die Telefonfabrik Berliner begann mit der Erzeugung Tschörners Apparate, doch bevor diese fertig waren brach die Revolution aus. Die Arbeit konnte nicht zu Ende geführt werden.

Sein letzter Versuch war Amerika wohin ihn die Gesandtschaft anregte. In Washington vor den Vertretern der Militärbehörden wurde ein überaus günstiges Gutachten über die praktische Verwendbarkeit  der Erfindung abgegeben. Der Geldsegen blieb allerdings auch hier aus.

Die amerikanische Regierung hat nach wochenlangen Verhandlungen ein anderes Modell, dem seinen äußerst ähnlich, gekauft. Der Konstrukteur war Kapitän und bei Tschörners  Vorführung  dabei gewesen.

In 12 Jahren hatte er 400.000 Friedenskronen in seine Erfindung investiert. Auch die  100.000 Mark dienten dem selben Zweck.

Nach dem amerikanischen Fiasko war sein Tatendrang gebrochen, er konnte sich nicht mehr aufraffen, seine Erfindung rostet in einer versperrten Werkstatt dahin.

Belin, Korn und  Karolus hatten ihn überholt, präsentieren ihre an Technik modernst ausgestatteten, nun auch sehr teuren und komplizierten  Konstruktionen.  Auch er würde es zuwege bringen durch die neueste Technik  wieder mit den anderen mithalten zu können. Vielleicht sollte er sich seinem Fernseher zuwenden, der fast fertig ist, um ihn zu vollenden.

QUELLE: Die Stunde, 3. April  1926, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO


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