!!!MALFATTI-VILLA



[{Image src='Villa Malfatti.gif'class='image_left'height='400' caption='Villa Malfatti,Alte Ansicht,Gemeinfrei' alt='Wien' width='565' popup='false'}]


1926:  Zu dieser Zeit hätte man  viele  interessante  Objekte in ganz Wien erwerben können, je größer und wertvoller, desto schwieriger einen Käufer dafür  zu finden. Der Realitätenmarkt stagnierte. Die Kaufkraft der Bevölkerung  war äußerst niedrig. Kein Wunder, dass  die Nachfrage nach Häusern oder Villen sich in Grenzen hielt. Konnte man den Hypothekar Verpflichtungen  nicht nachkommen, oder die Gläubiger nicht zufriedenstellen, kam es zur Zwangsversteigerung.

Die Malfatti Villa ist eines der interessantesten Objekte mit Vergangenheit. Das Schloss liegt am sogenannten Küniglberg, eines der schönsten Teile Hietzings, mit Aussicht auf die Gloriette. Sie befindet sich inmitten eines herrschaftlichen Anwesens von über  20 Joch und verfügt über eigene Obst- und Gemüsegärten und einen eigenen Wald.

Dieser herrliche Grundbesitz, noch dazu in einer Großstadt gehörte einst dem italienischen Konsul Malfatti. Der Konsul verkaufte das wunderbare Paradies an den Gouverneur der Bodenkreditanstalt Theodor von Taussig, der wieder diese schlossartige Villa als Teil seines Riesenvermögens seinen Erben hinterließ.

Im Vorjahr wurde das Objekt von der Verlassenschaft nach Theodor Taussig von einem gewissen Herrn Hasl um den Preis von etwa 11 Milliarden erworben. Als Eigentümer der Villa wurde in das Grundbuch ein gewisser Herr Rektor eingetragen und es entstanden zwischen den beiden im späteren Verlauf Prozesse, bei denen die Frage, wer  der wahre Besitzer wäre noch aufgeklärt werden müsse. Die gesamte Kauftransaktion war äußerst undurchsichtig. Die Käufer der Villa erwarben das Objekt mit dem Geld der Arbeiterunfallversicherungsanstalt, die auf das Objekt einen Hypothekarkredit von etwa neun Milliarden gewährte.  Wie sich später herausstellte, war der Kaufpreis viel zu hoch gewesen und dass bei den durchgeführten Schätzungen den wahren Verhältnissen auf dem Immobilienmarkt nicht Rechnung getragen wurde. Die Gläubigerin leitete energische Schritte zur Sicherung des Kredites ein. Zur Folge es gab nur Schwierigkeiten. Um noch etwas zu retten blieb nur die Zwangsversteigerung. Die Sachverständigen des Gerichtes schätzten  das Objekt auf  10,5  Milliarden, der Ausrufspreis ähnlich die der Schätzung.

Der Friedenswert dieser   großen   Villa  wird  mit 
3,5 Millionen  Goldkronen, also mit etwa dem Fünffachen des heutigen gerichtlichen Schätzwertes beziffert. Es ist allerdings nicht viel Aussicht  vorhanden, dass das große und schöne Objekt trotz des verhältnismäßig niedrigen Ausrufungspreises einen Käufer finden wird. Für derart imperialen Besitzungen gibt es derzeit kaum Interessenten.

Im Hietzinger Bezirksgericht hätte gestern am 21. Juli 1926 die Zwangsversteigerung des Malfatti Schlosses stattfinden, die bereits mit großer Spannung erwartet wurde. Sie wurden enttäuscht, denn die Versteigerung fand nicht statt. Die neuen Inhaber dieser Immobile haben im letzten Augenblick zu dem Auskunftsmittel eines gerichtlichen Ausgleichsverfahrens Zuflucht genommen und  auf diese Weise die Durchführung der öffentlichen Feilbietung verhindert. Damit werden weitere Veränderungen im gerichtlichen Verfahren, wie Pfändungen, Exekutionen, Versteigerungen usw. automatisch eingestellt. Das Ansuchen Karl Rektors, dessen Name im Grundbuch aufscheint,  damit die Einleitung eines gerichtlichen Ausgleichsverfahren vom  Zivillandesgericht mit dem Edikt vom 14. Juli bewilligt.

Karl Rektor versuchte mit Hilfe des Gerichtes einen Vergleich mit den Gläubigern, aber vor allem  mit der Arbeiterunfallversicherungsanstalt, die das Malfatti-Schloss einst mit etwa 9 Milliarden belehnte, zu erzielen. Er wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Die Arbeiterunfallversicherungsanstalt, die seit Monaten um die Einbringung ihres großen Kredits alles in Bewegung setzte,  und die auch die Einleitung des Versteigerungsverfahrens veranlasste,  wird nur dann einen Ausgleich zustimmen, wenn sie für den Kredit entsprechende Sicherheiten erlange. Rektors Aktiven bestanden nur aus dem Malfatti-Schloss und die  Gläubiger bekamen den Wert aus dem Malfatti Objekt. Rektor hoffte einen Garanten zu finden er ihm den gerichtlichen Ausgleich ermöglichte. Alle Versuche die Transaktion mit Erfolg abzuschließen, schlugen bisher fehl.

Sein Plan, er wollte  in diesem wunderbaren  Gebäude ein Kaffeehaus gründen und hoffte damit  die Zinsen für die Bank aufbringen zu können. Dass ihm die Kaffeehauskonzession verweigert wurde, mit dem hatte er allerdings nicht gerechnet.

Diese einstige Sehenswürdigkeit Wiens, dessen Besitzer,  der italienische Konsul Malfatti gewesen und Nachfolger dieses herrlichen Areals  Theodor von Taussig, der das Gebäude von Carl König durch einen pompösen Neubau ersetzen ließ nun ein derartiges Ende nehmen muss.

Zum Ausgleichsverwalter  Karl Rektors wurde wieder Hans Barth bestellt, der der Öffentlichkeit schon bekannt war, denn er wurde in den letzten Monaten in acht Insolvenzfällen zum Ausgleichsverwalter bestellt. Das eigenartige daran alle Insolvenzfälle  gehörten verschiedenen Branchen an und über diese Fachkenntnisse wird  Barth kaum verfügen und nun wurde ihm noch dieser komplizierte Fall zugemutet.

Im Fall Malfatti-Villa, die  nicht nur in der Presse  Aufmerksamkeit erregte, sogar zu einer  Interpellation im Nationalrat führte, gab es im August 1926 eine überraschende Wendung. Die Gläubiger, wie auch die Arbeiterunfallversicherungsanstalt beantworteten Rektors Schachzug mit einer Strafanzeige wegen betrügerischer Krida bei der Wirtschaftspolizei.

Wie bekanntlich erschien der Kaufmann Rektor vor einem Jahr bei der Arbeiterunfallversicherungsanstalt mit einer Option, die er von den damaligen Besitzern, den  Erben nach  dem früheren Gouverneur der Bodenkreditanstalt, Theodor Ritter von Taussig, erworben hatte. Er verlangte ein Darlehen von 12 Milliarden, indem er eine Friedensschätzung des  Schlosses mit dem dazu gehörenden Park auf 3 ½ Millionen Friedenskronen vorwies. Auf Grund dieser Schätzung setzte er beim Vizedirektor der Arbeiterunfallversicherung, Langer die Bewilligung eines Darlehens von 11 ½ Milliarden durch, behob das Geld und zahlte davon den Taussig Erben den Kaufpreis von neun Milliarden aus. Auf diese Weise wurde er auf Kosten der  Versicherungsanstalt Besitzer eines der schönsten Schlösser in der Umgebung Wiens. Die Sache erregte bereits damals unliebsames Aufsehen und es wurde gegen Direktor Langer eine Disziplinaruntersuchung eingeleitet, die mit der Ausscheidung des Beamten aus der  Unfallversicherungsanstalt endete. Ihm wurde in zwei Punkten Fahrlässigkeit vorgeworfen. Erstens wusste er nichts davon, dass der Kaufpreis, den Rektor an den früheren Besitzer bezahlt hatte, nur neun Milliarden betrug. Zweitens unterließ er überhaupt die Einsichtnahme in das Grundbuch, woraus hervorgeht, dass der umfangreiche Park zum Wald- und Wiesengürtel der Gemeinde Wien gehört und nur mit der Bewilligung der Gemeinde weiter verkauft werden kann.

Kaum im Besitze des Schlosses liierte sich Karl  Rektor mit verschiedenen Unternehmern und plante erst die Errichtung eines großen Sanatoriums im Schloss,  dann, als er die Konzession dazu nicht erhielt, die Umwandlung in einen groß angelegten Café-Restaurant-Betrieb. Auch diese Konzession konnte er für sich nicht durchsetzen. Nun wurde er von den Gläubiger  bedrängt und forderten Geld und die Unfallversicherungsanstalt beantragte bei Gericht die zwangsweise Versteigerung des Objektes. Nun blieb Rektor nichts anderes übrig als in den Ausgleich zu gehen. Das Strafverfahren gegen ihn konnte endlich eingeleitet werden. 

Die  Strafanzeige  die die Arbeiterunfallversicherung bei der Wirtschaftspolizei erstattete, ist sehr umfangreich,  dabei erfährt man die ganze  Transaktion-Geschichte  mit Karl Rektor.

Es wird behauptet, dass Rektor die Anstalt hinters Licht geführt  hätte und nun mit der Einleitung des Ausgleichsverfahrens das Objekt den Gläubigern entziehen wolle.

Unter den Gläubigern ist überraschenderweise Rektors Schwester und  eine ihm bekannte Dame zu finden, die er mit hohen Beträgen bei Gericht angemeldet hatte, nur um durch  unkontrollierbare Forderungen größere Summen den Gläubigern vorzuenthalten.

Karl Rektor gab bei der  Einvernahme an, dass er aus Transaktion mit dem Malfatti-Schloss keinen Nutzen gezogen hätte.

Die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Hypothekardarlehen der Arbeiterunfallversicherunganstalt in der Höhe von 2 ½ Milliarden ging nach seinen Belegen auf  Provisionen und Zinsen auf. Die Unfallversicherung selbst zog ihm unter dem Titel einer Verzinsung von 7 ½ Prozent vom Darlehen 900 Millionen ab. Nach langen Verhandlungen erklärte er sich bereit, die Forderungen seiner Schwester und der ihm nahestehenden Dame aus der Liste der Gläubiger zu streichen. Da gegen Karl Rektor bereits  seit einiger Zeit eine Untersuchung beim Wiener Landesgericht II läuft,  übermittelte die Wirtschaftspolizei alle Akten der Staatsanwaltschaft, Wien 2, die den Untersuchungsrichter Dr. Pollak mit der weiteren Klärung der Angelegenheit betraute.

Sollte die zwangsweise Versteigerung des Malfatti-Schlosses durchgeführt werden, verliert die Arbeiterunfallversicherung an der Transaktion mehrere Milliarden. Der Rufpreis wurde vom Gericht nach Schätzung  mit 6  Milliarden festgesetzt und man rechne, dass dies einen Höchstpreis darstelle, der nicht überschritten werden dürfe.

QUELLEN: Die Stunde, 14. Juli  1926, 22. Juli 1926, 4. August 1926, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO



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