!!!PFLANZENZUCHTSTATION  GROSSENZERSDORF




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1912 geisterte durch den Blätterwald eine Notiz, dass eine Anzahl österreichischer Pflanzenzüchter  die Schaffung einer Gesellschaft für Pflanzenzüchtung anstrebe. Die österreichische Pflanzenzüchtung hat bereits eine sehr beachtenswerte Geschichte, sowohl  was den Betrieb der Züchtung selbst als den Ausbau ihrer wissenschaftlichen Grundlage betrifft; der  Wunsch, auch  nach außen hin eine  gemeinsame Vertretung zu besitzen, erscheint demnach wohl sehr  berechtigt.

Die Züchtung durch einzelne Landwirte ging  so wie in Deutschland einer  solchen an staatlichen Anstalten und der Förderung derselben durch Lehrstätten voran. Ihre Anfänge sind bekanntlich  in den achtziger und neunziger Jahren zu suchen.  In dieser Zeit  finden wir bei Jirku in Birnbaum, bei  E., von  Proskowetz in Kwassitz, bei Wohanka in Hostiwitz, auf der Graf Thun-Hohenstein Domäne Perutz und bei von  Herz-Blahotitz den Beginn einer Zuckerrübenzüchtung in Österreich. Die Züchtung der  weltbekannten Hannagerste durch  E., von Proskowetz  1880, des Kemmelbacher Roggens durch von Liebenberg 1885, die Kartoffelzüchtung durch Hennings 1880, Rambousek 1880, Dolkowski  1881 und Wania 1888 fallen in die achtziger Jahre.

Österreich fand  Aufnahme  in der Pflanzenzüchtung  der Wiener Samenkontrollstation. Weinzierl schuf zuerst eine Abteilung für Getreidezüchtung, die unter Pammer und Freudl arbeitete,  ließ später die Pflanzenzüchtung auch an den  übrigen Abteilungen der Station betreiben und pflegte auch selbst züchterische Tätigkeit, u.zw.,  an Almfutterpflanzen. In  Oberösterreich und  neuester Zeit in Steiermark fand  diese Tätigkeit in anderer Form Nachahmung.

Seit dem Jahr 1900  war ein besonderer Aufschwung auf dem Gebiet  der Pflanzenzüchtung zu bemerken, traten auch weitere  einzelne österreichische Züchter auf den Plan. Auf Graf Piatti Herrschaft Leesdorf entwickelte sich  unter Direktor Schreyvogels Leitung eine rege Zuchttätigkeit und unter Mitwirkung Freudl, wurde intensiv gearbeitet. Von Dreger, der,  Besitzer mehrerer Höfe bei  Chlumetz, schuf  die  Zentralstelle der Züchtervereinigung Rolc und v. Dreger, welche österreichische Züchter mit deutschen  Züchtern verbindet. Von österreichischen Züchtern sind in derselben Rolc, der  als Gerstenzüchter einen weitreichenden Ruf besitzt, und  v. Dreger tätig,  der sich mit Züchtung von Weizen und Rotklee beschäftigt. Die botanische Beratung  in Zuchtsfragen  wird in Chlumetz von Fruhwirt  besorgt.  Seit 1904 hat E., von Tschermak bei Proskowetz die Leitung der Veredelung der Hannagerste und des Hannaroggens übernommen, seit 1909 bei Redlich in Göding  Veredelungs- und  Bastardzüchtung bei Weizen eingeführt.

Die heute so hoch  geschätzten  wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Bastadierung, die Gregor Mendel in den sechziger Jahren durchführte, blieben auf die landwirtschaftliche Praxis ihrer Zeit ohne  Einfluss; wurden sie doch damals nicht einmal von den Botanikern verstanden und gewürdigt! Die Arbeiten, welche die wissenschaftliche Pflanzenzüchtung in Österreich begründeten,  stammen  bekanntlich von  Liebenberg, der sich mit den  Befruchtungs- und Korrelationsverhältnissen unserer Getreidearten beschäftigte, von Schindler und von  Proskowetz, die sich zur selben Zeit mit Feststellungen von Korrelationen bei Getreide, ersterer auch mit solchen bei der Zuckerrübe befassten, sodann  von Fruhwirth, der auch auf diesem Gebiet, an Hülsenfrüchten arbeitete und die Verhältnisse der Verteilung der  Kornschwere in Fruchtständen  von Getreidearten und Hülsenfrüchten untersuchte.

Der erste Unterricht in Pflanzenzüchtung fand in Österreich  1892 an der Hochschule für Bodenkultur durch Fruhwirth statt, der nach Hohenheim berufen, dann wieder zurück, an die technische Hochschule in Wien auf der Wirtschaft  Waldhof bei Amstetten in  Niederösterreich.

Im Jahr 1900 wurden die Vorlesungen  über  landwirtschaftliche Pflanzenzüchtung durch Tschermak wieder aufgenommen und 1906 erfolgte an der Hochschule für Bodenkultur die erste Lehrkanzel die Tschermak vorstand.

Nicht nur der Ausbau der Vererbungslehre sondern auch die  wissenschaftliche und praktische Pflanzenzüchtung wirkte anregend, die im Jahr 1900 wiederentdeckte Mendel Gesetze durch Correns, Tschmermak und de Pries, und Tschermak  alsbald die praktische Nutzanwendung zog.

Neben  Unterricht, Demonstrationen an der Hochschule, wurden Kurse über Pflanzenzüchtung an der Samenkontrollstation in Wien 
abgehalten.

1915:  Trotz der Kriegslage wird die Ausgestaltung der  Pflanzenschutzstation in Großenzersdorf  intensiv betrieben.  Seit einigen Jahren natürlich auch anderen Aufgaben gewidmet und als Ziel gesteckt, die an Ort und Stelle, also im Marchfeld vorgefundene und hier mit gutem Erfolg seit langer Zeit angebauten Landgetreiderassen  in jährlich wiederholten  vergleichenden  Sortenanbauversuchen auf ihren Anbauwert  zu prüfen.
  
Eine zweite Lehrkanzel entstand  in der landwirtschaftlichen Akademie Tetschen-Liebwerd die Freudl übertragen wurde. Damit war Österreich Deutschland voraus  das sich nicht entschließen konnte eine Professur zu schaffen.

Es folgten eigene Forschungsinstitute auf dem Gebiet der Pflanzenzüchtung ohne gleichzeitige Ausübung einer Lehrtätigkeit in den Vereinigten Staaten und in England. Dank der Munifizenz des Fürsten  Johann von und  zu Liechtenstein zu Eisgrub in Mähren. Die Leitung ging wiederum an Tschermak über. Obst und Gemüsebau  wurden hier experimentell  untersucht.

Fruwirth gab ein fünfbändiges Standardwerk  über die Züchtung der Kulturpflanzen heraus. So hatte Österreich das Recht unter all den anderen Ländern  genannt zu werden da sie so hervorragend tätig sind und einen  ausgezeichneten Ruf genossen.

Im Mai 1918  hat Fürst  Johann von und zu Liechtenstein für die Ausgestaltung der von  Prof. Tschermak geleiteten Pflanzenzuchtstation  in Großenzersdorf  10.000 Kronen gewidmet.

Heute versteht sich das Institut als Universität des Lebens und  gilt  als führende Universität  der  Lebenswissenschaften.

__QUELLEN:__  Wiener Landwirtschafts Zeitung,  14. August  1915, S 1,  5. Juni 1912, S 1, 25. Mai 1918, S 3. Bild: Graupp, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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