!!!SCHÖNBRUNN 1945
Nicht nur der Stephansdom wird von den Wienern geliebt, auch das Schloss Schönbrunn mit der wunderbaren Gloriette, sie ist die größte und berühmteste aller Glorietten, die von den Bomben nicht verschont geblieben, bedeutet ihnen viel. Mit Vorliebe besuchen die Wiener den herrlichen Schlosspark, doch seit 1918 wurde ihr größter Wunsch erfüllt. Sie dürfen die geschichtsträchtigen Kaiserappartements mit einer Führung durchwandern und vernehmen und sehen so manches ihnen bisher Unbekanntes, umso vertrauter wurde ihnen das einst kaiserliche Schloss.
Groß war der Schmerz den die wiener Bevölkerung empfand als sie die Schäden der Bomben wahrnahmen. Dabei hatte das Gebäude noch Glück, denn es war reparabel. Den größten Bombenschaden hatte es den im Osten gelegenen Meidlinger Trakt gegeben wo die alten Staatskarossen ihren Standort hatten. Zwei wertvolle Wagen wiesen Schäden auf.
Ein Treffer verursachte ein riesiges Loch im Hauptgebäude, sah ärger aus als es in Wirklichkeit war. Der Schaden beschränkt sich auf die Zerstörung der ovalen Steintreppe. Am stärksten wurde allerdings die große Galerie beschädigt. Das Gewölbe wies erhebliche Risse auf, zum Glück blieb das Gemälde „Die Segnungen des Friedens“ von Schäden verschont.
Das Mittelstück „Huldigung der österreichischen Provinzen“ hatte etwas abbekommen, „Die Verherrlichung des Krieges“ wurde vollkommen zerstört.
Der Wiederaufbau der Ziegelmauern im oberen Teil des Traktes schreitet rasch vorwärts, so dass bald das Dach aufgerichtet werden kann. Auch das Gewölbe wurde in Ordnung gebracht, nur mit der Restaurierung der Gemälde wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Unterhalb des Gewölbes befinden sich die von Albert Bolla aus dem Jahr 1761 weiß goldene Wanddekoration die keinerlei Schaden erlitten hatten, auch die kleine Galerie und die angrenzenden Räume befinden sich im guten Zustand.
Beim Maria Theresien-Flügel in Schönbrunn konnten keine Schäden entdeckt werden. Das weiß goldene Sofa mit dem grünen Seidenkissen war gut aufbewahrt. Die Privattreppe von Kaunitz die direkt in das Zimmer des Staatsrates der Kaiserin führte, und erst vor drei Jahren entdeckt wurde, ist ebenfalls wie auch die Kapelle und alle anderen Räumlichkeiten an der Hauptstraße, sowie die Appartements Kaiser Franz Josephs in Ordnung.
Die Deutschen beschossen bis zuletzt die Stadt wie auch das Schloss Schönbrunn. Eine Granate aus der Richtung des Kobenzls durchschlug die Mauer und blieb durch ein Schlafzimmer sausend in einem Kasten stecken. Ein Glück, sie explodierte nicht, die Bewohner waren nur in einer dichten Staubwolke gehüllt.
Wien wurde nach dem Krieg in vier Sektoren aufgeteilt. Im Schloss Schönbrunn wurde der britische Teil der Alliierten Kommission untergebracht, da kein anderes passendes Gebäude gefunden werden konnte. Dass die Einquartierung der Engländer dem historischen Gebäude schaden könnte, war unbegründet, denn gerade die Inanspruchnahme konnten sonst unmöglich Reparaturen begonnen werden, außerdem sind strenge Befehle erteilt worden und die Polizei der britischen Behörden hatte alle nur möglichen Vorkehrungen getroffen. Schutzschirme wurden konstruiert, die Wände mit Holz verkleidet, um Beschädigungen durch Möbelstücke zu vermeiden. Weitere Vorsichtsmaßnahmen wurden zur rechten Zeit unternommen. Ein Offizier der Abteilung für Denkmäler und schönen Künste hat den Spezialauftrag für Pflege und Überwachung des Schlosses erhalten.
Die Instandhaltung, Reinigung sowie alle derzeitigen Arbeiten oblagen nach wie vor der Schlosshauptmannschaft, denn man überließ es den österreichischen Behörden, denn nur sie verfügten über jene Erfahrung die nötig waren.
Bereits während des Krieges hatte man alle Gobelins wie auch die meisten Einrichtungsgegenstände in Sicherheit gebracht. Das Schloss Schönbrunn ist als Museum zu betrachten und daher ist man bemüht diesen Zustand alsbald wieder herzustellen.
Wie durch ein Wunder ist das Schlosstheater heil geblieben, obwohl ringsum alles zerstört wurde.
Einen Teil der Gloriette am Ostende hatte es erwischt und liegt in Trümmer. Man hofft diese Schäden bald beheben zu können.
Im allgemeinen sind die Parkanlagen im guten Zustand und werden fachmännisch betreut, daher ist der Besuch der Bevölkerung gestattet.
Nur ein Besuch von Schloss Schönbrunn bleibt den Wienern derzeit noch versagt.
QUELLE: Die Weltpresse, 1. Oktober 1945, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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