!!!SCHLOSS HARTHEIM



[{Image src='Hartheim.png'class='image_left'height='400' caption='Schloss Hartheim, Dillinger Reise Zeitung' alt=' width='532' popup='false' width='532' popup='false'}]


Der Ausblick von einem der Donauberge, die sich wie erstarrte, von dunkelgrünen Waldungen bekleidete Granitwellen  vom Pöstligberg bis nach Bayern hinziehen, gehört zu den schönsten Landschaftsbildern in Oberösterreich. Es ist das  fruchtbare, sonnig grüne Eferdinger und Aschauer Becken, das sich vor uns ausbreitet, vom  Kürnberg im Osten, der Schartener Bergstufe im Süden und den letzten  Steilhängen bei der Schaumburg und Stauf  im Westen  umgrenzt, vom Silberband der Donau in weit ausholenden Bogen durchzogen, überragt vom Felsgemäuer der Alpen. Aus dem  in Fruchtbarkeit strotzenden Grün der  Ebene sieht man behäbig breite Bauerngehöfte, kleine Dörfer, östlich die Kirche von Schönering, weiter gegen Westen jene von Alkoven, im Westen den hohen  Turm von Eferding herauf grüßen, während vom Rande der hinten aufsteigenden Bergstufe Dorf an Dorf sich reiht; Kirchberg im Osten bezeichnet  den  Übergang zum  Schienenstrang der Eisenbahnlinie  Linz – Wels, Maria Scharten und Stroheim ragen luftig in die  Höhe und im  Westen stechen grau  die letzten  Mauerreste der einst so stolzen und herrlichen Schaumburg vom düsteren Waldhintergrund ab. Gerade vor uns aber, nahe Alkoven, erhebt sich ein würfelförmiges Schlossgebäude mit kleinen  Ecktürmen und einem überragenden Hauptturm, das Schloss  Hartheim, einst der Sitz edler Geschlechter, gegenwärtig  die erste und  einzige Idiotenanstalt von Oberösterreich.

Das Schloss Hartheim  gehört zu jenen oberösterreichischen Schlössern des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts, die sich in der Eigenart ihrer Gesamtanlage und auch der Details von allen Schlossbauten  der früheren und späteren Zeit auffallend unterscheiden: Bauten in derselben Art sind:  Aistersheim, Eferding, Weinberg, Puchheim, Würting, Greinburg und Rannariedl. Wie alle diese,  ist auch Hartheim, obwohl noch eines der einfachsten,  weitläufig angelegt. Vier lange, zweistöckige Gebäudeflügel umschließen eine herrlichen Arkadenhof, der zu den schönsten Schlosshöfen seiner Art zählt. Sind auch die Wölbungen der Arkaden etwas niedrig gehalten, durch die schöne Maßverhältnisse der einzelnen Teile und der in  diskreten Farben gehaltenen  Malereien bringen sie eine äußerst schöne Wirkung hervor. Wozu die vier Ecktürme und der  höhere Hauptturm die schön geformten Turmdächer tragen, eine  angenehm wirkende  Gliederung bieten.

Von dem so einfachen Äußeren stachen früher die Innenräume durch die reiche  Ausstattung   mit italienischen Stuckdecken, herrlichen  Majolikaöfen, reichem Holz Täfelung der Wände und Sockel  und den eingelegten Türen mit kunstvollen Beschlägen überraschend ab. All diese Herrlichkeiten sind aus Hartheim verschwunden und wanderten in andere Schlösser.

Die denkwürdigste Wendung in der Bestimmung des Schlosses Hartheim trat im März  1896 ein,  als Kamillo Heinrich Fürst Starhemberg das Schlossgebäude dem oberösterreichischen Landes-Wohltätigkeitsverein zur Gründung und Erhaltung einer Idiotenanstalt zum Geschenk machte. Mit dieser Schenkung hat sich der Fürst das schönste Denkmal gesetzt. Es bleibt bewundernswert wie das leere Gebäude zu einer ganz zweckentsprechenden, nach modernen hygienischen Grundsätzen eingerichteten Idiotenanstalt umgestaltet wurde.

Doch seiner harrte eine grausame Zeit, wurde zur Stätte des Grauens, zur  nazistischen Mördergrube, so die Zeitungen nach dem Krieg.

Jahrzehntelang war Hartheim die Pflegestätte  geistesschwacher Kinder, die unter der Obhut von Nonnen betreut wurden. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten fand dieses humane Werk ein raues Ende. Dem Orden  wurde  ein fünfjähriger Pachtvertrag  aufgezwungen, worauf man nach dem Auszug  der Nonnen  mit dem Ausbau des Schlosses  in eine Massenhinrichtungsstätte  begann. Der schöne viereckigen Säulenhof  wurde bis zum ersten Stock mit Brettern verkleidet, hinter denen sich  ebenerdig jene Räume befanden, in denen Menschen zu Hunderttausenden einen furchtbaren Tod  finden sollten. Zur Herbeischaffung  der Opfer setzte man drei große Autobusse ein, deren Fenster anfänglich  durchsichtig waren, später, als Hartheim verrufener war, wurden die Fenster blind. Doch die ersten Opfer holten sich die Henker  aus dem ehemaligen Pflegeheim, an den Kindern  wurde das  Vergasen und Verbrennen versucht und geübt. Im Schloss befand sich auch ein medizinisches Laboratorium, in dem an Gefangenen wissenschaftliche  Experimente durchgeführt wurden. Die bedauernswerten Opfer  erlitten dabei einen qualvollen Tod, da die chirurgischen Eingriffe  ohne Narkose erfolgten.

Der Leiter in Hartheim war Prim.  Dr. Lonauer aus Linz, der sich schon in der Verbotszeit illegal für die SS  betätigte. Aus Ersparnisgründen wurde im Jahr 1943 die Tötung durch Morphiuminjektionen eingestellt und das System der Vergasung eingeführt. Das Hauptkontingent an Vergasungskandidaten stellte das KZ Mauthausen. Unter den von Ybbs in Niederösterreich nach Hartheim versetzten Anstaltspflegern befand sich auch Hermann Merta, der mit der Leitung der Gaskammer vertraut wurde. Er hatte die Opfer in die Gaskammer zu führen und auszukleiden, die Leichen in den Verbrennungsraum zu schaffen und die Namenstafeln für die Urnen zu schreiben. Nach seinen Angaben wurden in anderthalb  Jahren mindestens 15.000 Personen vergast. Da er nach Ybbs zurückkehrte wurde  Merta verhaftet und gab vor Gericht eine weinerliche Jammergestalt ab. Lonauer hatte  zur rechten Zeit noch Selbstmord verübt.

Selbst aus Kindberg wurden 1941 140 Pfleglinge nach Hartheim gebracht. Bei einer zweiten Visitation wurden  arbeitsunfähige Altersrentner ausgewählt, weil es zwecklos war, diese Leute weiter zu ernähren.

Als der zweite Transport durchgeführt wurde, kam es  zu erschütterndem Szenen, da inzwischen bereits die Aschenurnen der Opfer des ersten Transportes bei ihren Hinterbliebenen eingetroffen waren, wussten nun die Menschen was ihnen bevorstand. Der Anstaltsarzt  Dr. Kossar zeigte den Opfern gegenüber, die um ihr Leben flehten, eine beispiellose Rohheit. Zu Kriegsende wurde auch er verhaftet.

Auch aus Salzburg kamen Transporte nach Hartheim, denn hier befand sich ein Krematorium mit vier Öfen und ein eigener Vergasungsraum. Wie groß der Betrieb in Hartheim war, geht aus der Tatsache  hervor,  dass im „Auskunftsbüro“ allein 5 bis 6 weibliche Schreibkräfte, zuverlässige Parteigenossinnen, beschäftigt waren. Die Hartheimer Akten konnten nicht aufgefunden werden. Nur die Salzburger Transportlisten standen den Sicherheitsbehörden zur Verfügung.

Über dem Schloss stieg ständig Rauch auf, der bestialischen Geruch verbreitete. Die Asche der Verbrannten wurde zuerst in Lastkraftwagen zur Donau befördert. Nur selten waren  die   Verbrennungen so mangelhaft, dass sich  noch ganze Knochenteile unter der Asche befanden, die während des Transportes auf den Weg fielen. Die Ortsbewohner sammelten diese Knochen und säumten damit die Straße um damit anzuzeigen was sie wussten. Daraufhin wurden diese Fahrten eingestellt. Den Ortsbewohnern  war übrigens  bei Androhung  schwerster Strafen befohlen worden, über Vorgänge  in Hartheim zu schweigen, das Schloss war von der Außenwelt  hermetisch abgeschlossen.

Nach den bisherigen Feststellungen  wurden im Schloss Hartheim  zwischen 1940  und 1943 rund eine Million Menschen vergast.

__QUELLEN:__  Dillinger Reise Zeitung, 10. Oktober 1907, S 1, Bild,  Linzer Volksblatt,  18. Oktober  1945,S 2,  6. November  1945, S 3, Salzburger Nachrichten, 11. März 1947, S 3,  Österreichische Volksstimme, 25. Dezember  1945, S 2, ANNO Österreichische Nationalbibliothek.

https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp

>[Zurück zur Übersicht über alle Beiträge|Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp]







[{Metadata Suchbegriff=' ' Kontrolle='Nein'}]

----
[{Image src='https://austria-forum.org/images/sim-link.png' class='image_block' height='16'}]
__Austria-Forum Beiträge in ähnlichen Gebieten__ 
>[https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Burgen_und_Schlösser/Oberösterreich/Hartheim|https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Burgen_und_Schlösser/Oberösterreich/Hartheim]
>[https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Kulturwandel_durch_Technik/Geschichte_des_Autos|https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Kulturwandel_durch_Technik/Geschichte_des_Autos]