!!!STRATOSPHÄRENFLUG




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1931:  Es war den beiden Gelehrten Prof. Piccard und  Ing. Kipfer   gelungen, ihr gewagtes, wissenschaftliches  Unternehmen in das Ungewisse  mit einem Ballon durchzuführen. 

Am  Donnerstag 28. Mai 1931 um 22 Uhr sank der Riesenballon auf dem Gletscherbruch des Gurgler-Ferners. Die Nachricht von der gelungenen Landung erreichte die Weltöffentlichkeit erst  in den Nachmittagsstunden.   Die Rundfunkgesellschaften unterbrachen sofort  nach Bekanntwerden der Landung ihre Programme  und verkündeten vor dem Mikrophon die bereits mit Spannung erwartete Meldung.

Die Namen der beiden kühnen „Himmelstürmer“ wurden über Nacht  in aller Welt bekannt. Die Meldungen die die Redaktionen am Mittwoch erreichten waren beängstigend gewesen. Nun war die Freude über das gute Ende  riesengroß.

Auguste Piccard und Paul Kipfer hatten ihr wissenschaftliches Ziel erreicht: es ist ihnen nach telegraphischen Mitteilungen gelungen, mit ihrem Ballon 16 Stunden in den atmosphärischen Höhen von 16.000 Metern zu verbringen. Somit ist dieser  Ausflug in das Weltall mehr als gelungen.

Die Innsbrucker Telegraphen- und Thelephonzentrale wurden mit Anfragen  aus aller Welt förmlich bombardiert. Um 12 Uhr 15 traf in Innsbruck die erste Nachricht aus Sölden die Landung des Ballons ein. Ob die beiden Forscher am Leben waren wusste man jedoch nicht.

Eine Rettungsexpedition unter dem Gastwirt Scheiber aus Gurgl, bestehend aus 3 Personen, Zollwachebeamten und Gendarmeriebeamten, machten sich auf den Weg zum Ballon. In den Grenzgebieten der Ötztaler Alpen wurden die Italiener und die Alpininformationen alarmiert, um Nachschau nach dem Ballon und deren Insassen  zu halten. Von der Pirchhütte aus,  konnte man den Ballon bereits wahrnehmen. Dieser befand sich auf einer Höhe 2500 Meter und in drei Stunden von Gurgl  aus  erreichbar. Um 15 Uhr wurde Bescheid gegeben, dass beide Forscher den Ausflug in das All bestens überstanden  und der Ballon und dessen Instrumente keinen Schaden abbekommen hatten. Um 15 Uhr 15 wurde telefonisch aus Sölden gemeldet, dass beide Ballonfahrer bei bester Verfassung waren. Als die Expedition beim Obergurgler Ferner ankamen befanden sich die beiden Männer bereits außerhalb der Gondel und waren im Begriffe  die Felswände zu erklettern. Die Hilfsmannschaft gab ihnen durch Zeichen zu verstehen, dass sie ihnen entgegen kommen sollten. Sie bekamen Tee, da sie an großen Durst litten und Lebensmitteln. Sie fühlten sich wohl und hatten die Nacht in der Gondel verbracht.

In Obergurgl angekommen, telegraphierte Piccard seine Eindrücke über den Ballonflug. „Herrliche Fahrt in der Stratosphäre. Hatten große Schwierigkeiten und konnten erst  21 Uhr im Hochgebirge landen. Haben gewünschte Höhe erreicht und dort gearbeitet. Konnten erst nach Sonnenuntergang Stratosphäre verlassen. Haben 1/10 Atmosphäre erreicht. Abstieg sehr schwierig. Mussten 16 Stunden in der Stratosphäre bleiben. Glückliche, aber harte Landung in 1700 Meter Höhe über dem Meer. Sind beide wohl und gesund.“ An die Fabrik Riedinger in Augsburg teilte Prof. Piccard mit, dass sich der Ballon vorzüglich bewährt habe.

Piccard der in Obergurgl im Gasthof  „Edelweiß“ logierte gab dem Chefredakteur einer Süddeutschen Zeitung ein Interview. Aus seinen Aufzeichnungen wollte er nur jene Ergebnisse erwähnen die ihm  wissenschaftlich besonders bemerkenswert erschienen. Mit der Funktion der Apparate  musste man zufrieden sein, obwohl ein Teil  davon nicht verwendet werden konnte, war jedoch vorauszusehen.

Die Hauptmessung, der eigentliche Grund dieses Unternehmens, die Messung der durch die kosmischen Strahlen erzeugten Leitfähigkeit der Gase, sei vollkommen gelungen, jedoch in sehr großer Höhe, dadurch ist der Ballon außerordentlich schnell gestiegen. In 25 Minuten hatte er bereits eine Höhe  von 15 Kilometern erreicht.

Prof. Piccard erklärte weiter, dass sie mit den Hauptmessungen erst in 15 Kilometer Höhe beginnen konnten. Die größte Höhe von 16 Kilometern hatten wir bereits um 7 Uhr 45 früh erreicht. Der äußere Luftdruck betrug um diese Zeit 76 Millimeter, also ungefähr 1/16 Atmosphärendruck, obgleich kurz vorher 77 Millimeter  gemessen worden waren. Auf die Flugroute haben wir keinerlei Wert gelegt, da ich mit Dr. Kipfer mit den wissenschaftlichen Messungen beschäftigt war. Hie und da haben wir Triftbestimmungen vorgenommen, die seitliche Geschwindigkeit betrug im Durchschnitt etwa 15 Sekundenmeter.

Aus der Gondel selbst  konnte immer nur ein ganz kleiner Ausschnitt der überflogenen Landschaft wahrgenommen werden, was die genaue Bestimmung des Standortes  vom Ballon aus unmöglich machte. Der Mond erschien den Forschern weißlich und heller als bei Beobachtung von der Erde aus. Das Relief der Berge machte einen überwältigenden Eindruck.

Die Temperaturen in der Stratosphäre betrugen außerhalb der Gondel  55 bis 60 Grad unter Null, im Inneren der Gondel herrschte infolge der Sonne teilweise eine Temperatur bis zu 41 Grad über Null. Dass wir zwei Sauerstoffgeräte mitführten, hat uns zweifellos gerettet, denn wir hatten bei der Landung nur noch für  eine Stunde Sauerstoff. Mit Lebensmitteln waren sie nicht sehr gut ausgerüstet. Angesichts der langen Dauer der Fahrt empfanden sie den Mangel an Getränken  sehr, darum waren sie froh, dass durch die  Kondensierung des Atems an der Innenwand der Kabine herab strömende Wasser trinken zu können und nach der Landung das zerriebene Gletschereis mit etwas Orangenschale untermischt, sehr gemundet hatte.

Die Landemöglichkeiten in Bayern und  im  Inntal, es sei nicht möglich gewesen das Ventil zu ziehen. Die Signale des nahen Flugplatzes  Kranebitten hätten sie nicht wahrnehmen können. Erst um 20 Uhr war es möglich zur Landung anzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt seien die Forscher nachdem der Innendruck in der Gondel durch Ablassen von Sauerstoff in  Übereinstimmung mit der Außenluft gebracht worden war, imstande gewesen, die Mannslöcher zu öffnen.

In einem anderen Gespräch mit Prof. Piccard, der bereits einen  ermüdenden Eindruck machte, dass er während des gesamten Fluges keinen einzigen Augenblick daran zweifelte, dass das Experiment gelingen werde, besonders die Gondelkugel mit ihren Einrichtungen im Innern tadellos bewährt habe. Die Atmungsverhältnisse  seien selbst  in den höchsten von dem Ballon erreichten Höhen dank des mitgeführten Sauerstoffes nahezu normal gewesen. Die höchst erreichte Höhe habe 16.000 Meter betragen. Während des gestrigen Tages sei es nicht möglich gewesen, tiefer herabzugleiten, weil es, zu heiß war. Der Ballon bewegte sich während des gestrigen Tages in einer Höhe von 4000 bis 6000 Meter und erst durch die kühle Nachttemperatur konnte Gas abgelassen werden um tiefer zu sinken. Er sei glücklich gewesen als er das flache Plateau des Gurgl  Ferners vor sich zu sehen bekam, das ihm eine glückliche Landung verhieß, wo er doch bereits befürchtete, mit dem Ballon  nicht mehr über den Ortler zu kommen.

Der Forscher verblieb so lange bei dem Ballon, bis alle Instrumente abmontiert und die Verladung der Ballonhülle und Gondelkugel auf Gebirgswagen bei der Landungsstelle, obwohl er sich bereits nach Schlaf sehnte da er 48 Stunden nicht geschlafen habe. Er wollte noch einige Tage in Gurgl verbringen um den Transport  des Ballons zu Tal nach Oetz und von dort den Transport nach Augsburg zu überwachen und er findet, dass diese Stratosphärenflüge fortgesetzt werden müssen um die gewonnenen Erfahrungen besser nutzen zu können.

Gurgl war über Nacht berühmt und von Journalisten der gesamten Welt gestürmt  worden. Glückwunschtelegramme trafen ein, Angebote  bekannter Journale, die Prof. Piccard und seinem Assistenten große Beträge boten für Beschreibungen des Fluges und Mitteilungen von Erfahrungen. Aus Brüssel langte für Prof. Piccard   ein Glückwunsch-Telegramm des belgischen Außenministers Hymans ein um mitzuteilen, dass ihm das Großkreuz des Leopoldordens und seinem Assistenten Kipfer das Ritterkreuz des Leopoldordens verliehen worden sei.

QUELLE:  Reichspost, 29. Mai  1931, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO



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