!!!THERESIANISCHE AKADEMIE-WIEN


[{Image src='Theresianum.png'class='image_left'height='300' caption='Theresianum,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='422'}]


1909: Am 24.  Februar 1746 unterzeichnete  der Hofkammerpräsident  Graf  Johann Windisch-Graetz als Vertreter des kaiserlichen Hofes und der  Vorstand der Jesuiten österreichischer Provinzen. P.  Mathias Pock, einen Kaufvertrag, nach dem das kaiserliche Lustschloss Favorita mit allen links von der Straße gelegenen Räumlichkeiten dem Jesuitenorden als Eigentum übergeben wurde. Dieser Kaufvertrag ist zugleich die Gründungsurkunde der k.k.  Theresianischen Akademie.

Die Geschichte einer Lehranstalt, die einen  so langen Zeitraum umfasst, wird immer auf ein allgemeineres Interesse Anspruch erheben dürfen. Die Frage wird sich aufdrängen ob die geistigen Bewegungen, die jenen Zeitraum erfüllten, in dem  eng umschlossenen Gebiet des Lebens spiegeln und in welcher Art?

Als vor wenigen Jahren das Denkmal der Kaiserin Maria Theresia  in  Wien enthüllt wurde, da staunte man  in der Bevölkerung, dass es bis dahin noch kein Denkmal derselben gab, da man doch immer eine so  lebendige Vorstellung von dieser  Fürstin und Landesmutter in sich getragen, so vertraut auch mit ihrer äußeren Erscheinung war.

Nur wenige hervorragende Gebäude und keine großen öffentlichen Anlagen in unserer Stadt stammen  aus den Zeiten Maria Theresias. Da erscheint nun aber das Theresianum: ein sichtbares Erinnerungszeichen an die große Kaiserin.

Das Gründungsjahr der Theresianischen Akademie fällt in das  sogenannte Zeitalter  der Aufklärung, doch bis  1746 hatte  sich im  Sinne dieser Aufklärung nichts verändert.

Kein Gedanke also,  dass die Gründung der Theresianischen Akademie mit Tendenzen der Aufklärung auch nur den leisesten Zusammenhang haben könnte.

Nach dem 30jährigen Krieg hatte zuerst der Adel in Deutschland ein neues Bildungsideal ergriffen. Er entnahm es Frankreich, das nun  die vorherrschende Macht in Europa geworden war.


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[{Image src='Thersianum 2.png'class='image_block'height='300' caption='Akademie,Botanischer Garten,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='418'}]
[{Image src='Theres 3.png'class='image_block'height='300' caption='Großer Festsaal, Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='452'}]
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Auch die habsburgischen Erblande nahmen früh an dieser Bewegung teil: noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entsteht die allerdings nicht  durchaus als Ritterakademie eingerichtete  Brünner Anstalt; hinzu kam bald  ein Collegium nobilium zu Innsbruck, 1682  die niedeösterreichische Landschaftsakademie in Wien, 1708 die Ritterakademie zu Liegnitz in Schlesien, 1744  die Kremsmünster  Ritterakademie;  das Theresianum war nur die bedeutendste und  dauerhafteste von allen diesen Gründungen.

Allerdings etwas unterscheidet sie doch sehr von ihren Schwesteranstalten: nicht für den Adel einer Landschaft, sondern für  den fast aller Erbländer ist sie von vornherein bestimmt und weder die Initiative zu ihrer Gründung, noch diese selbst geht von den  Ständen aus; dieses Institut ist seinem Ursprung nach ein Werk des Landesfürsten, des Monarchen, an das erst in der Folge ältere ständische landschaftliche Stiftungen angeschlossen werden. Was nun  aber die unmittelbare Veranlassung der Errichtung gewesen ist, bleibt unbekannt. Vielleicht lag ein Impuls zur Gründung dieser Akademie eher in  einer ganz  persönlichen Sorge der Kaiserin. Ihr ältester Sohn Joseph wurde 1746 fünf Jahre alt,  er war dem Alter nahe, wo er einen regelmäßigen Unterricht erhalten musste. Da lag es  sehr nahe,  sich zu  erkundigen, wie es denn mit Erziehung und Unterricht des Adels überhaupt stehe. Trotz der Landschaftsakademie konnte die Antwort da nicht sehr befriedigend lauten.  Denn dieser Anstalten waren doch  wenige,  nur kleinen Kreisen zugänglich, meist sehr  kostspielig, der größte Teil der vornehmen Jugend war doch auf privaten Unterricht durch Hofmeister angewiesen, und da war doch keine Bürgschaft des Erfolges, die Hoffnung des Staates fand ja seine Rechnung nicht.  Vielleicht lag in solchen Erwägungen der erste Keim zur Gründung unserer Akademie. Es ist dies freilich nur  eine Vermutung, aber sie scheint mir in dem Wesen der Kaiserin begründet; so war sie einmal, was sie mit ihrem frauenhaften, mit ihrem mütterlichen Empfinden erfasste, das führte sie immer am liebsten, am entschiedensten, am sichersten durch.


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[{Image src='theres kapelle.png'class='image_block'height='400' caption='Kapelle Altarbild Strudl,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='298'}]
[{Image src='sterb.png'class='image_block'height='400' caption='Kapelle,Sterbestelle Kaiser Karl VI. Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='281'}]
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Den ersten Lehr- und Erziehungsplan entnahm die neue Anstalt nicht einer  der schon bestehenden Ritterakademien, sondern der  sogenannten Pagerie, dem Edelknabeninstitut. Allerdings gab es da keinen prinzipiellen Unterschied. Die Edelknaben am kaiserlichen Hof wurden seit dem  17. Jahrhundert von Hofmeistern in ziemlich strenger Zucht gehalten, sie erhielten Unterricht im Reiten, Tanzen und Fechten, in  den lebenden Sprache und in der Musik, Präzeptoren brachten ihnen die Gegenstände der Humanitätsklassen, Professoren die der sogenannten Philosophie, Staatswissenschaften, Mathematik und Jurisprudenz bei.


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[{Image src='6 Empfangssaal.png'class='image_block'height='300' caption='Empfangssaal,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='487'}]
[{Image src='7 gr Bibl.png'class='image_block'height='300' caption='Gr.Bibliothek,Östrr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='226'}]
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Zwischen 1774 und 1778 soll  mit   anderen Veränderungen auch eine Reform  der Lehrpläne eingetreten sein; es hing das mit der Aufhebung des Jesuitenordens, dem bis dahin der Unterricht an der  Akademie hauptsächlich anvertraut war, zusammen. Doch sind wir nicht hinlänglich darüber unterrichtet,  in welcher Weise damals etwa Philosophie oder Geschichte an  der Akademie behandelt worden ist. Wir hören nur, dass die Pflege der deutschen Sprache und  der Realien von da an eine intensivere Berücksichtigung erfahren habe und dass das  juristische Studium von drei auf vier Jahre  erhöht worden sei.

In der josephinischen Reorganisation des Theresianums, die eigentlich nichts anderes als  eine Aufhebung desselben als Erziehungsanstalt war, könnte man vielleicht eine leise Nachwirkung der pädagogischen Maximen Rousseaus sehen; der Genfer  Philosoph wollte ja die Erziehung ganz dem Haus überlassen wissen.

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[{Image src='8 Archäolog Museum.png'class='image_block'height='400' caption='Archäol.Museum,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='306'}]
[{Image src='9 eisernes Tor.png'class='image_block'height='400' caption='Eiserne Tor,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='309'}]
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Als das Theresianum 1797 wieder ins  Leben trat, war die Zeit  der Philanthropine und anderer revolutionärer Erziehungsexperimente längst vorbei. Aber  auch davon kann nicht die Rede sein, dass bei der Wiederherstellung der Akademie durch Kaiser Franz ein reaktionärer Gedanke bestimmend gewesen und in der  Reorganisation derselben hervorgetreten wäre; nein, ein gewisser gemäßigter Rationalismus, mit dem sich  auch  die  Forderungen der Religion und Pietät  sehr wohl vertrugen, blieb nach wie vor  das vornehmste Merkmal so wie  aller Lehranstalten des Reiches so auch dieser;  so wenig  wie auf  dem Gebiet der Staatsverwaltung überhaupt lässt sich für die  französische Zeit  eine entschiedene Rückwärtsbewegung konstatieren; man blieb  in den  Geleisen der Theresianisch-Josephinischen Tradition.

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[{Image src='10 garten.png'class='image_block'height='400' caption='Grotte,Büste Kaiser Leopold I.Österr.ill.Zeitung' alt='Wien' width='314'}]
[{Image src='11 Sprechsaal.png'class='image_block'height='400' caption='Sprechsaal,Österr.Ill.Zeitung' alt='Wien' width='613' popup='false'}]
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Inzwischen aber verwandelte sich draußen die Welt. In der Pädagogik trat eine neue  Bewegung hervor, ihre  Historiker nennen sie  Neuhumanismus, ihre Urheber sind Herder,  F. A. Wolf und Wilhelm von Humboldt. Dies führte zu einer höchst fruchtbaren Reorganisation der Bildungsanstalten verschiedener Länder. Österreich blieb weit zurück. Es ist das unsterbliche Verdienst des Grafen Leo Thun, der das Versäumte rasch nachholte.

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Unter allen  Unterrichtsanstalten der gesamten österreichisch-ungarischen Monarchie steht so das Theresianum einzig da;  hier allein ist es einem jungen Mann möglich, ein in beiden Reichshälften staatsgültiges Maturitätszeugnis zu erlangen. Es gibt keine österrichisch-ungarische Universität, aber  hier gibt es ein österreichisch-ungarisches Gymnasium.

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Gleich  der erste Punkt der Allerhöchsten Entschließung vom 29.  September 1849, welche den  Fortbestand  der Akademie  gewährleistete, bestimmt, dass die Akademie in Zukunft auch Nichtadeligen zugänglich zu sein habe,  sofern nicht die Bestimmungen der mit dieser Akademie vereinigten Privatstiftungen dagegen lauten.

Ab nun vertraute der historische Adel weiterhin seine Söhne dem Theresianum an, und die Sprösslinge des Militär- und Beamtenadels hatten gleichfalls hier ihre Heimstätte, hinzu kamen nun Zöglinge aus rein bürgerlicher Sphäre.

Mit jedem Jahreswechsel flutet eine  neue Jugend in die alten Hallen der Favorita.
 
__QUELLE:__ Österreichische Illustrierte Zeitung, 31. Jänner 1909, S 11, daraus alle Bilder, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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