!!!VASELINE

Mit Vaseline fand man ein vielseitig verwendbares Mittel zum Schutz  und Pflege der Haut, auch  in der Kosmetik und Pharmazie als Bestandteil für Salben- und  Cremesgrundlagen war sie bald sehr gefragt.

1899: Von Österreich   wurde Vaseline bisher, in bester  Qualität, aus Amerika bezogen, wo sie aus den   Rückständen  des Petroleums gewonnen wird, und da sie in Apotheken bald als Grundlage für fast allen Arten von Salben, ferner zu Parfümeriezwecken Verwendung findet, ist der Vaseline-Export aus Amerika ein äußerst bedeutender und brachte dem Land hohe Einnahmen.

Um so erstaunlicher war es, dass Österreich  nichts unternahm um selbst Vaseline herzustellen, gab es doch eine  beträchtliche Petroleum Produktion in Galizien. Leider waren die galizischen Petroleum Rückstände dafür ungeeignet. Außerdem kam die Einfuhr der amerikanischen Ware wegen des Zolls und der Fracht billiger, denn die Vaseline-Industrie wäre dadurch unrentabel geworden. So behalf man sich in Österreich, wie üblich,  und beschränkte sich meist auf die Erzeugung von Surrogaten, künstliche Vaseline, Gemische aus Vaselineöle mit Paraffine und Ceresine, ein wachsartiges Harzprodukt, welche die teuren, natürlichen Vaseline ersetzen mussten, wobei seltsamer Weise die  Vaselineöle ausschließlich aus Deutschland und Belgien eingeführt  werden.

Erst  nach  Dr. Zibell erfundenes Verfahren war die Möglichkeit gegeben, galizische Petroleum Rückstände  zu den feinsten Vaselinen zu verarbeiten. Die Firma Jean Zibell und Comp. hat nun in Ottakring in der Wilhelminenstraße auf Grund dieses Verfahrens eine große Vaselinefabrik errichtet, die seit kurzem ihren    Betrieb aufgenommen hatte. Der Name  dieser österreichischen Erfindung hört auf  den klangvollen Namen „Gloria-Vaseline“ und ist im Handel bereits erhältlich. Natürlich musste dieses Mittel zuvor einer strengen Prüfung unterzogen werden. Begonnen hat es in der k.k. Landwirtschaftlichen chemischen Versuchsstation, des chemischen Laboratorium des allgemeinen österreichischen Apothekervereines und anderer auch den rigorosen Anforderungen und sind den amerikanischen Marken vollkommen ebenbürtig.

Die dunklen Vaselinesorten finden Verwendung in der Veterinärpraxis als Hufsalbe, gegen Räude und Klauenseuche und eine andere Variation  verwendet man  zum Schmieren feiner Maschinenteile, als  Schutzmittel  gegen Rost, bei Armee und Marine als Waffenfett und in  der Lederindustrie als Konservierungsmittel. So wird einem bewusst, wie umfangreich und vielfältig  die Nutzbarkeit  dieses Industrie Zweiges  ist. Gerade für das industriearme Galizien, wo infolge des vorhandenen Petroleum und Erdwachsreichtums die Basis für ein  besonderes Aufblühen der Vaseline- Industrie, der  Export zeigte sich vielversprechend nun konnte man  in alle Länder des Kontinents liefern,  der hohe  Gewinne einbrachte.  

Vor einigen Monaten ist auch in der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien von Dr.  Jean  Zibell  in Gemeinschaft mit Herrn Mag.  pharm. Rudolf Mintz eine groß angelegte neue Vaselin Fabrik errichtet worden, welche das Rohprodukt nach einem ganz neuen Patentverfahren, ohne Anwendung von Chemikalien raffiniert. Wir hatten Gelegenheit diese neue im XVI., Bezirk, Wilhelminenstraße 84, gelegene Anlage  der Firma Jean Zibell & Co., zu besichtigen und können diese in jeder Richtung lobend beurteilen. Die ganze Anlage wie auch das große, elegant ausgestattete Maschinenhaus macht den besten Eindruck, dasselbe liefert nicht nur die erforderlichen Triebkräfte zum Mahlen des Filtermaterials etc. und den nötigen Wasserdampf zur Speisung der Dampfheizung sowie  zum Raffinieren des  Vaselins selbst, sondern es treibt auch eine Dynamomaschine, welche die nötige Elektrizität zur Beleuchtung des gesamten  Etablissements erzeugt. Es kommen ausschließlich galizische Rohprodukte zur Verarbeitung und erfolgt die Raffinierung des Vaselins in der Fabrik von Zibell & Co. ohne Anwendung eines Bleichmittels, einer Säure oder überhaupt von Chemikalien ausschließlich auf mechanischem, nicht auf chemischen Wege, was gerade für therapeutische Zwecke von Vorteil ist.  Die diversen Untersuchungen wurden bereits erwähnt und der Name bekannt.

Die vorgenommenen Untersuchungen haben ein höchst günstiges Resultat ergeben, indem die  betreffenden Analysen-Zertifikate das Vaselin  der Firma Zibell als geruchlos, säurefrei, frei von Aschenbestandteilen und Schwefelverbindungen jeder Art bezeichnen. Mit Rücksicht   auf den niederen Schmelzpunkt werden die Fabrikate als leicht resorbierbar erklärt, was bei der  Anwendung zu Salben von großer Wichtigkeit ist. Das „Gloria-Vaselin“ ist im Handel  nicht nur in großen Blechdosen als auch für den  Handverkauf abgefasst und zwar in kleinen eleganten Blechdöschen. Für  kosmetische Zwecke wird das Vaselin mit allen  bekannten  Gerüchen parfümiert und gelangt so unter den  Namen „Venus-Vaselin“ in den Handel. Andere Sorten des Vaselins wird für Technische- und Tierheilzwecke verwendet...

1900:  Bereits seinerzeit haben wir auf die vorzüglichen Eigenschaften der „Gloria“-Vaseline der Firma Jean  Zibell & Co. in Wien, XVI., Wilhelminenstraße  84, hingewiesen und prophezeit, dass sie vermöge ihrer patentierten  Darstellungsweise und ihrer  vollkommenen Geruchlosigkeit und Säurefreiheit überall die beste Aufnahme und die ausgiebigste therapeutische Verwendung finden werde. Die vielseitigen Versuche sind zur Zufriedenheit der Ärzte ausgefallen. Auch an der Wiener  dermatologischen Klinik des Herrn Hofrat Prof.  Dr.  Kaposi wo mit der  neuesten Erfindung des Gloria Vaselins vielseitige Versuche unternommen die  zur Zufriedenheit der Ärzte ausfallen. Besonders Dr. Kaposi zeigt sich von der Qualität so begeistert, dass er einen Attest ausstellte und  Gloria flavum, und Gloria album  ab nun  seinen Patienten verschreibt.



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1922: Jean Zibell & Co.,  Erzeugung von Vaseline. Zweigniederlassung der in Triest bestehenden  Hauptniederlassung. Die Gesellschaft hat sich aufgelöst und ist in Liquidation getreten.

QUELLEN: Pharm. Post, 15. Oktober  1891, Wiener Montags Post, 27. Februar 1899, Österreichische Zeitschrift für Pharmazie, 20. Februar 1900, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

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