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Elektronische Datenverarbeitung und Computertechnik beeinflussten mein Leben#

von Josef Himmelbauer

In diesem Artikel berichte ich, wie die Entwicklung der Elektronischen Datenverarbeitung und der Computertechnik mein Berufsleben und mein Privatleben beeinflusst haben.

Mein Unterricht an einer Höheren Technischen Lehranstalt#

Rechenschieber
Rechenschieber. Foto: J. Himmelbauer

Als ich im Jahre 1962 mit dem Unterricht in maschinenbaulichen Fächern (z.B. Maschinenelemente, Mechanik, Dampfturbinen) begann, wurden die Berechnungen mit dem Rechenschieber (auch Rechenstab genannt) durchgeführt.

Diese waren schon recht weit entwickelt, hatten sie doch viele Skalen wie z. B. für Quadrate, Kuben, Winkelfunktionen, Logarithmen, e-Funktionen Addieren und Subtrahieren konnte man mit dem Rechenschieber nicht.

Außerdem musste man den Stellenwert durch Abschätzen bestimmen, der Rechenschieber konnte die Lage des Kommas nicht angeben.

Also musste ich als Lehrer dieses Abschätzen mit den Schülern [1] laufend trainieren.

Oft war dies ziemlich schwierig.




Bild 'Sepp-F'
Von mir als Lehrer, nachdem ich die obige Abschätzung stumm im Kopf gemacht hatte, den Schülern in guter Laune als Ergebnis genannt: 19, und seitdem als Zahlenzauberer geachtet.

Dann aber kamen die elektronischen Taschenrechner an die Reihe. Diese gaben auch die Lage des Kommas an. Richtig aber nur dann, wenn beim Eintippen der Angabewerte die entsprechenden Kommastellen – auch den gewählten Dimensionen entsprechend – richtig eingegeben wurden. Die Schüler aber glaubten an die Unfehlbarkeit des Rechners. Skurrile Ergebnisse waren die Folge.

So ergab z. B. die Berechnung des Durchmessers eines Lenkrades d=400 cm (die Angabewerte waren in cm zur Verfügung gestellt worden)! Der betreffende Schüler hat diese Ergebnis ohne Zaudern als richtig doppelt unterstrichen!

Die schon beim Rechenschieber besprochenen Abschätzungen waren also nun besonders wichtig und wurden daher von mir auch nie ausgelassen.

Die ersten programmierbaren Taschenrechner waren zwar noch recht groß (etwa 20cm x 15cm x 10cm) und es konnten nur wenige Schritte (z.B. 80) eingegeben werden. Der Fortschritt aber war beeindruckend.

Ein Beispiel: In den Konstruktionsübungen für Maschinenelemente sollte jeder der 30 Schüler ein Zahnradgetriebe berechnen und konstruieren. Jeder hatte andere Angaben, um ein eigenständiges Arbeiten zu gewährleisten. Nun konnte ich mit dem programmierten Rechengang die Ausrechnungen jedes Schülers sofort überprüfen und damit vermeiden, dass er mit falschen Werten zu konstruieren begann. Diese Art von Unterricht erschien den Schülern zu recht zeitgemäß, erreichte ein gutes Arbeitsklima und stachelte den Ehrgeiz der Schüler an.

Als nächstes kamen sehr leistungsfähige programmierbare Taschenrechner und entsprechende Software für die Computer auf den Markt. Nun konnten Aufgaben der Differential- und Integralrechnung gelöst, Kurvendarstellungen gemacht und ausgedruckt sowie Geometrieprobleme behandelt werden. Die Entwicklung ging dabei Hand in Hand.

Diese Rechenhilfen machten es möglich, dass ich z. B. 20 Maturaarbeiten (Berechnung und Konstruktion einer mehrstufigen Dampfturbine; jeder Schüler hatte natürlich andere Angabewerte) neben der Erfüllung meiner normalen Lehrverpflichtung in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit von einer Woche genauestens kontrollieren, bewerten und ausgedruckt dokumentieren konnte.

Noch zu erwähnen bleibt, dass es praktisch ist, wenn der Lehrer Angaben für Hausübungen per E-mail den Schülern nach Hause schicken und damit auch die Eltern informieren kann. Die Schüler senden dann die ausgearbeiteten Aufgaben zurück an die Schule.

Zuletzt möchte ich noch von einem interessanten APP für Smart-Phones erzählen. Damit wird eine aufgeschriebene Formel (z.B. auch von einem Integral) oder Gleichung photographiert und dann gelöst, wobei der komplette Rechengang gezeigt wird. Vektorrechnung ist leider nicht möglich.

Die Anforderungen an die Schüler müssen sich daher ändern. Das Ausrechnen von Zahlenbeispielen wird weit weniger interessant, wichtig wird das Erkennen mathematischer Zusammenhänge. Bei der Erstellung der Fragen zur Zentralmatura bemüht man sich, dieser Entwicklung zu entsprechen.

Photographieren und Filmen#

Auch auf diesem Gebiet habe ich die Veränderungen durch Elektronik und Computertechnik kennen und schätzen gelernt.

Statt die Photoaufnahmen zur Ausarbeitung zu bringen und auf diese warten zu müssen, konnte ich nun die Bilder selbst und sofort bearbeiten (Schärfe verbessern, Farbe verändern etc.), speichern, ausdrucken und versenden, natürlich auch am Fernseher oder mit dem Beamer ansehen.

Meine ersten Filme waren Schmalfilme (Doppelacht, Superacht). Die Fertigstellungsarbeiten ( Schneiden, Kleben, ev. Nachvertonen nach dem Aufbringen der nötigen Randspuren) waren aufwendig und mühsam.

Dann kamen die Filmkameras mit Magnetbändern, die es ermöglichten, Liveton aufzunehmen.

Jetzt arbeite ich schon längere Zeit mit digitalen Kameras mit Aufnahme auf Speicherkarten. Wunderbar einfach und bequem erziele ich nun am Computer sehr gute, nahezu professionelle Ergebnisse durch „Schneiden“, Beibehalten wertvollen Livetones, Nachvertonen mit Sprache und Musik (auch gleichzeitig am selben Filmabschnitt), Zoomen in starr aufgenommene Szenen, Einfügen von Photos, Umstellen mit normaler Geschwindigkeit aufgenommener Filmteile auf Zeitlupe oder Zeitraffer. Selbstverständlich geworden ist Speichern auf Festplatten, Übertragen auf DVD´s und Abspielen vom Computer am Fernseher oder mit dem Beamer.

Flugmodellbau#

Am Beginn gab es den Freiflug am Hang mit Handstart und den Hochstart in der Ebene mittels Hochstartseil und Starthelfer (ev. mit Umlenkrolle zur Erzielung der nötigen Geschwindigkeit) oder mit einer Hochstartwinde. Natürlich war die Gefahr vorhanden, dass ein Modell davonflog. Es ging verloren, wenn man nicht mit dem Fahrrad hinterher fahren konnte. Jedenfalls war es – und ist es auch heute - günstig, für einen ehrlichen Finder die eigene Adresse im Flugzeug anzugeben.

Eine erste Kurvensteuerung (rein mechanisch) sollte das Wegfliegen des Modelles nach einem Hochstart vermeiden. Durch Nachlassen der Spannung im Seil infolge des Hochreißen des das untere Seilende haltenden Armes fiel der am oberen Seilende befestigte Ring aus dem Hochstarthaken des Modelles (Ausklinken des Hochstarseiles) und eine nun freiwerdende Feder lenkte das Seitenruder für einen Kurvenflug aus. Einfach, billig, genial.

Am Hang war es wichtig die gerade Richtung bergab einzuhalten, da jeder Kurvenflug hangaufwärts und damit zur vorzeitigen Landung führt. Zum Erreichen dieser Richtungsstabilität dienten Magnet- und ichtsteuerungen. Zum Eingreifen vom Boden aus machte man erste Versuche mit Funkfernsteuerungen. Die dabei verwendeten Röhrenempfänger waren teuer, groß und schwer.

Im zweiten Weltkrieg wurde der Flugmodellbau in Deutschland als vormilitärische Ausbildung angesehen und vom NS-Fliegerkorps gefördert. Auch in den Schulen wurde Flugmodellbau betrieben, und natürlich fanden auch Wettbewerbe statt.

Aber erst mit der Entwicklung der Elektronik und der Computertechnik entstanden die heute verwendeten Funkfernsteuerungen (RC-Modell-Flug; RC=radio-controll). Nun konnten alle Ruderfunktionen (Seiten- , Höhen- und Querruder) und alle Funktionen des den Propeller antreibenden Elektromotors(ein, aus, Drehzahl) eingestellt werden.

Damit mehrere gleichzeitig fernsteuernde Piloten einander nicht störten, mussten sie mit verschiedenen Sendekanälen operieren. Am Flugplatz wurden daher Kärtchen mit den entsprechenden belegten Kanalnummern sichtbar angebracht.

Erst die letzte Generation von Fernsteuerungen mit einer Frequenz von 2,4 GHz vermeidet diese Störungen und zwar dadurch, dass jeweils Sender und Empfänger frequenzmäßig aneinander gebunden werden und sich diese gemeinsame Frequenz mehrmals pro Sekunde ändert.

Auch die beste Fernsteuerung nützt nicht, wenn vor dem Start vergessen wurde, den Empfänger einzuschalten. Ich war einmal dabei, als das der Fall war. Verzweifelt und wie wild betätigte der Pilot die Steuerknüppel am Sender, aber das Flugzeug reagierte nicht und flog davon, bis es außer Sichtweite war. Stundenlanges Suchen durch mehrere hilfsbereite Menschen hatte keinen Erfolg.

Bald konnten auch kleine und leichte digitale Photo- und Filmkameras mitfliegen und Flugaufnahmen gemacht werden. Besonders schön war es, dass ich nun von mir entwickelte Nurflügelmodelle fernsteuern konnte:

Modellflugzeug
Filmkamera an der Unterseite des Flügels montiert. Foto: J. Himmelbauer
Modellflugzeug
Flugaufnahme, über die sich die Besitzer der photographierten Häuser sehr gefreut haben, als ich sie ihnen schenkte. Foto: J. Himmelbauer
Modellflugzeug
Nurflügel beim Start.Bild: Archiv Himmelbauer
Modellflugzeug
Nurflügel im Flug. Bild: Archiv Himmelbauer

Eine faszinierende Besonderheit wurde entwickelt, als man dem am Boden stehenden Piloten die Möglichkeit gab, den Flug so zu verfolgen, wie wenn er im Flugzeug sitzen würde. Eine mit dem Modell fliegende Filmkamera sendet dazu ihre Aufnahmen in eine Brille, die der Pilot aufgesetzt hat. Ändert der Pilot seine Blickrichtung, so wird die Kamera entsprechend geschwenkt, sodass der Pilot nach allen Seiten schauen kann. Zur Abschätzung der Lage und der Entfernung des Modells vom Startplatz ist es empfehlenswert, wenn eine zweite Person den Flug ohne eine solche Brille mitverfolgt.

Eine automatische Rückkehr des Modells zum Startplatz kann mittels GPS bewerkstelligt werden. Ganz wichtig, wenn kein Sichtkontakt mehr möglich ist!

Flugdaten wie Flughöhe, Fluggeschwindigkeit, Ladezustand des Akkus, Propellerdrehzahl etc. können von einem mitfliegenden Sender zur Erde gesendet und am Fernsteuersender kontrolliert und gespeichert werden.

Außerdem gibt es Programme für den Fernsteuersender, die den Flugverlauf festlegen, ohne dass der Pilot handeln muss.

Wenn schlechtes Wetter oder kein geeignetes Fluggelände vorhanden ist, kann man trotzdem Modellfliegen. Es existieren nämlich etliche sehr leistungsstarke Simulationsprogramme für Computer. Man wählt eine bestimmte Landschaft und ein virtuelles Flugzeug aus, schließt die eigene Fernsteuerung an, und schon kann es losgehen. Ein nach einem Steuerfehler auftretender Absturz mit sichtbar gemachtem Totalschaden ist durch Tastendruck sofort behoben, also wesentlich schneller als in der Werkstatt!

Inzwischen vervollständigen RC-Hubschrauber und RC-Kopter (mit 4 oder mehr horizontal laufenden Propellern die Vielfalt an Modellarten.

Manntragende Kopter können mit GPS betrieben werden; die mitfliegende Person braucht keinen Pilotenschein, weil sie als Passagier gilt („selbstfliegendes Flugzeug“ – gefährlich?).

RC-Kopter werden ja leider auch zu militärischen Zwecken verwendet, Post und Firmen planen den Einsatz zu Lieferungen, beide Anwendungen ohne Piloten!

Ihr Computer ist derzeit nicht einsatzbereit? Vermutlich wird er gerade abgetötet (update).

Anhang#

Eine kritische Auseinandersetzung mit Auswirkungen der Elektronik und Computertechnik zeigt mein im folgenden wiedergegebenes Gedicht:

Elektronik

Die Frau beim Fernsehn sitzt allein,
ihr Gatte beim Computerlein;
sie sprachen früher miteinander,
nun sind sie stumm weit auseinander.

Der Postbote, ein netter Mann,
recht gut man ihn entbehren kann,
steht doch – es ist zu glauben kaum –
ein Faxgerät in jedem Raum.

Spielt früher Schach man – klar – zu zweit,
und war der Weg auch noch so weit,
man ging zum Freund und bracht‘ Likör,
heut tut man solches nimmermehr.

Der Bildschirm zeigt nach kurzem Drücken
ein Schachbrett – räumlich zum Entzücken.
Stellt man die Spielstärk` ein auf klein,
so wird man nicht Verlierer sein.

Modellflug draußen, frische Luft,
der Freunde Lachen, Wiesenduft,
so war es früher, alte Zeit,
doch die liegt weit zurück, gar weit.

Heut einzeln starren alle Buben
mit krummen Rücken in den Stuben
auf künstlich hergestellte Landschaft,
die simuliert der Rechner schafft,

und über Berge, Wald und Feld
wird rasch die Windstärk` eingestellt,
das Flugzeug rast quer übers Bild,
der Knabe werkt am Joystick wild.

Die Tante ruft die Nichte an,
jedoch sie nicht erreichen kann.
Es meldet sich ein Automat,
was Tante gar nicht gerne hat.

Doch mutig spricht sie auf das Band,
obwohl mit diesem nicht bekannt,
und sagt, sie sei doch sehr empört,
dass sie die Nichte selbst nicht hört.

So Elektronik macht – fatal –
Gesellschaft menschenleer und schal.


[1] Schüler steht im folgenden für „Schülerinnen und Schüler“. Ja, es gab an der HTL auch Schülerinnen, allerdings nur wenige.