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Wohin driften die Länder Südosteuropas?#

Otmar Höll

Die Staaten und Völker Südosteuropas sind über Jahrhunderte an der Grenze zwischen Europa und dem Orient gelegen, die Region war Austragungsort vieler blutiger Kämpfe zwischen dem habsburgischen und dem Osmanischen Reich. Dieses Faktum hemmte in vielfältiger Weise seine wirtschaftliche und soziale Entwicklung.

Auch im 20. Jahrhundert war die Region Schauplatz blutiger Kriege und gewaltsamer Auseinandersetzungen. Seit dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens in den 1990er Jahren hat sich eine Reihe neuer Staaten gebildet und dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Unter den verschiedenen Regionen Europas zählt Südosteuropa sicherlich zu den ärmsten.

Die Europäische Union hat 2003 bestätigt, dass die Zukunft des Westbalkans in der Europäischen Union liegt. Für Bulgarien und Rumänien, wahrscheinlich auch für Kroatien und Mazedonien, die beide bereits Kandidatenstatus haben, scheint diese europäische Zukunft nicht mehr allzu fern. Für Serbien (mit dem Kosovo), Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Albanien, dürfte eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union noch länger auf sich warten lassen.

In allen Staaten der Region liegen die Probleme hauptsächlich in dem zum Teil noch gewaltsam sich äußernden ethnischen Konfliktpotenzial, im bis in die Staatsapparate hineinreichenden Wirken mafioser Verhältnisse und in Strukturen der organisierten Kriminalität, deren Vertreter eher an der Aufrechterhaltung des Status quo als an einer europäischen Zukunft interessiert sind.

Vor allem die Staaten des Westbalkans durchlaufen gegenwärtig eine schwierige Phase, die Abstimmung über die Unabhängigkeit Montenegros von Serbien ging am 21. Mai 2006 positiv über die Bühne, der Status Kosovos ist noch immer unklar, und in Bosnien-Herzegowina mangelt es noch immer an notwendigen Verfassungsstrukturen und an der konkreten Bereitschaft der Teilrepubliken zur echten Zusammenarbeit. Dennoch konnten in allen Staaten eine Reihe wichtiger Fortschritte erzielt werden. Die großen Probleme der wirtschaftlichen Instabilität, hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Sicherheit und daher auch fehlende ausländische Investitionen bleiben aber an der Tagesordnung.

Es scheint evident, dass alleine die Aufrechterhaltung einer Mitgliedschaftsperspektive in der Europäischen Union die nachhaltige Stabilisierung und Reformbereitschaft in den Staaten fördern und erwirken kann. Aus der Sicht der Europäischen Union besteht kein Zweifel, dass Südosteuropa zum europäischen Raum gehört, dennoch bestehen zahlreiche Hindernisse für einen Beitritt, nicht zuletzt die Aufnahmebereitschaft der EU selbst. Diese macht eine Lösung der Institutionenfrage und eine Reform der EU unumgänglich. Aller Voraussicht nach ist nicht zu erwarten, dass für die Staaten des Westbalkans eine gemeinsame zeitgleiche Beitrittsperspektive gegeben werden kann. Es wird auf die Bereitschaft jedes Einzelstaates ankommen, die notwendigen Voraussetzungen für ein Mitglied in der EU zuerst im eigenen Land zu schaffen. Als eine wichtige Vorbedingung für die Aufnahme insgesamt könnte sich die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Re-Integration der ganzen Region erweisen.


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
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