!!!Der Herr  Oberbaurat oder  der Herr der  Ringe  

!!Auch wer seinen Namen  bisher nicht kannte, an [Leopold Theyer|Biographien/Theyer,_Leopold]  kommt niemand in Graz vorbei. Schon gar  nicht am Joanneumring.  

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''Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der [Kleinen Zeitung|http://www.kleinezeitung.at], 5. Mai 2018''

Von

__Christian Weniger__

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[{Image src='Gösser-Relief.jpg' caption='Gösser-Relief\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='Gösser-Relief' height='200' class='image_block' width='190'}]
[{Image src='Joanneumring.jpg' caption='Seinerzeit: Blick in den Joanneumring, wie ihn Leopold Theyer prägte\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='Seinerzeit: Blick in den Joanneumring, wie ihn Leopold Theyer prägte' height='200' class='image_block' width='278'}]
[{Image src='Ringansichten.jpg' caption='Alte Ring-Ansichten: Häuser Nummer 2 bis 6\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='Alte Ring-Ansichten: Häuser Nummer 2 bis 6' height='200' class='image_block' width='355'}]
[{Image src='Verkehrsregelung.jpg' caption='Als der Wachmann den Verkehr am Ring regelte\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='Als der Wachmann den Verkehr am Ring regelte' height='200' class='image_block' width='234'}]
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Die Spaziergänge der letzten  Wochenenden mit  Paula führten stets an eine  Adresse – zum Joanneumring.  Was, überlegte ich, ist an diesem  Teilstück des Grazer Rings  denn so besonders? Ist es die  Erinnerung an das seinerzeitige  Feinkostgeschäft Schneider an  Hausnummer 14, das als traditionelle  Labestation für Hungrige  und Feinschmecker galt. Mit  herrlichen Brötchen oder anderen  lukullischen Happen, die zu  einem Glas Wein serviert wurden.  Oder war es die Buchhandlung,  Alpenlandbuchhandlung  hieß sie, die im Gebäude mit  dem anrüchigen Namen „Südmark-  Haus“ bis 2005 Lesefutter  feilbot? Oder war es das weitläufige  Geschäft, das einst im  Reich der Schuhe die Königskrone  trug, bis zur Sperrstunde?  

Der Blick geradeaus oder  links und rechts dringt nicht  zum Kern des Rings vor, wenn  aber die Augen Haus für Haus  die Fassaden hinaufklettern,  dann  lässt sich das Außergewöhnliche  dieser verhältnismäßig  wenigen Meter, die den Joanneumring  ausmachen, entdecken.  Es sind die zumeist repräsentativen  Gebäude im Stil des  Historismus, deren Fassaden  von nüchternen Geschmäckern  oftmals als zu überladen empfunden  werden können. Die  meisten dieser Bauten tragen  eine Handschrift – die des Architekten  Leopold Theyer, den  man durchaus als den Baumeis ter von Graz bezeichnen darf,  stammt doch eine Vielzahl der  wichtigsten Objekte von ihm.  Im öffentlichen Auftrag wie in  dem von privaten Bauherren.  

Da sind einmal das Amtshaus  in der Schmiedgasse,  der zwischen 1905 und  1908 ausgebaute Stephaniensaal,  das Akademische Gymnasium,  Mietshäuser in der Grazbachgasse,  in der Neutorgasse,  das Versicherungsgebäude in  der Herrengasse und zahlreiche  Geschäfts- und Zinshäuser sowie  Villen in anderen Straßen  der Stadt. Am Jakominiplatz  errichtete Theyer das riesige  Kaufhaus Kraft, in dem sich,  umgebaut, heute das Dorotheum  befindet, auch die Fassade  der einstigen Hirschenapotheke  in der Sporgasse erinnert  an ihn. Bevor der 1851 in Wien  geborene Sohn einer Industriellenfamilie  in die Provinzstadt  Graz kam, um hier 1887 an der  Gewerbeschule eine Professur  zu übernehmen, hatte er schon  fleißig in der Hauptstadt der  Habsburgermonarchie gebaut.  

Als größtes Werk dieses  Architekten, der 1937 in Graz  starb, gilt die Generalplanung  des Joanneumviertels. „Der  Joanneumring wurde um 1890  auf dem Grund des geschlossenen  Botanischen Gartens, der  sich vom heutigen Joanneum  hinaufzog, errichtet“, berichtet  Stadthistoriker [Karl A. Kubinzky|Biographien/Kubinzky,_Albrecht],  der den Joanneumring in die  Kategorie „großstädtischer  Boulevards“ einordnet. Theyer  entwarf den Sparkassen-Bau.  Das Eingangsportal des weiträumigen  Geldinstituts krönte  ab 1936 ein Relief des steirischen  Bildhauers Wilhelm Gösser,  das die Vertreter der Stände  – es war die Zeit des Ständestaates  – unter dem Titel „Schutz  und Lohn“ mit der Idealisierung  der Geldwirtschaft darstellte.  1991 kam es weg, der entschmückte  Eingang führt heute  in die Filiale einer internationalen  Bekleidungskette.  

Weiter mit Theyer: Joanneumring  3 ist von ihm, 14 ebenfalls.  Früher die Adresse der  Nationalbank in Graz, heute ist  eine Vorarlberger Bank der  Hausherr. Auch Joanneumring  6 trägt natürlich die Handschrift  Theyers. Ebenso das  Haus Nummer 5, das in die finstere  Geschichte von Graz einging:  Denn an dieser Adresse  befand sich der Tuchhandel  Rendi, eines der größten Textilhäuser  seiner Zeit, das von den  Nazis praktisch gestohlen wurde,  „arisiert“ nannte es das  abscheuliche Regime damals.  Nach dem Krieg diente das  Haus der Postsparkasse, wie die  Inschrift kündet, vor wenigen  Jahren eröffnete im Erdgeschoß  ein Lokal.  

Neben dem schon erwähnten  Schneider’schen Feinkostladen  wartet der Joanneumring  mit einigen Kleinjuwelen  angenehmer Erinnerungen  auf. An der Ecke Raubergasse  befand sich für Kinder das  Spielwarenparadies namens  Sing, für Herren, die einen konservativen  Bekleidungsstil bevorzugten,  gab es vorne den  Bierkopf, in dessen Nachfolge  die Designerin Lena Hoschek  Mode macht. Professor Kubinzky  erinnert an das Ringkino, das  an der Ecke Neutorgasse angesiedelt  war. Erwähnenswert der  Tabakkiosk vor dem Haus Nummer  4 – der Flachbau wurde in  die Liste der denkmalgeschützten  Objekte aufgenommen.  

Der Joanneumring vereint  sich mit der Radetzkystraße  dort, wo 1901 jenen aus Graz  stammenden Soldaten, die 1878  bei der Besetzung Bosniens gefallen  sind, ein Denkmal errichtet  wurde. Samt kleinem Park,  einer Oase gleich im städtischen  Gewühl, der dazu einlädt,  auf einem Bankerl zu überlegen,  wohin der nächste Spaziergang  führt. Geschätzte Leserinnen  und Leser deponierten eine Fülle  an Wünschen. Lassen Sie sich  überraschen.  



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[{Image src='Sparkassengebäude.jpg' caption='Theyers Sparkassen-Gebäude\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='Theyers Sparkassen-Gebäude' height='230' class='image_block' width='342'}]
[{Image src='Bosnier-Denkmal.jpg' caption='Oase am Ring: der kleine Park mit Bosnien-Denkmal\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='Oase am Ring: der kleine Park mit Bosnien-Denkmal' height='230' class='image_block' width='301'}]
[{Image src='Kiosk.jpg' caption='geschützter Kiosk\\Foto: KARL A. KUBINZKY (4), JÜRGEN FUCHS (4)' alt='geschützter Kiosk' height='230' class='image_block' width='415'}]
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> [Viele Bilder und Geschichten zu Graz|https://www.nid-library.com/Home/BookDetail/857]


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[Kleinen Zeitung|http://www.kleinezeitung.at]
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