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Emanzipierte Männchen#

Die Frau kümmert sich um den Nachwuchs, und der Mann hilft hin und wieder: Das ist im Tierreich die Norm. Einige Arten haben sich aber auch hier emanzipiert.#


Von der Wiener Zeitung (Dienstag, 14. März 2017) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Petra Tempfer


Kaiserpinguin
Bei den Kaiserpinguinen kümmert sich der Vater um das Küken
Foto: © Corbis
Seepferdchen
bei den Seepferdchen trägt dieser sogar die Eier aus
Foto: © Fotolia/aussieanouk
Riesenwanze
Das Riesenwanzen-Männchen bekommt die Eier auf den Rücken geklebt - vom Weibchen, das danach verschwindet.
Foto: © Andrea Izzotti

Alleinerzieher: Bei den Kaiserpinguinen kümmert sich der Vater um das Küken, bei den Seepferdchen trägt dieser sogar die Eier aus. Das Riesenwanzen-Männchen bekommt die Eier auf den Rücken geklebt - vom Weibchen, das danach verschwindet.© Corbis, Fotolia/aussieanouk, Andrea Izzotti

Wien. Es gibt Rabenväter. Und sogar ziemlich viele Rabenväter, obwohl die Raben selbst eigentlich gute Väter sind. Junge Raben verlassen einfach relativ früh ihr Nest und wirken dadurch so, als hätte man sie hinausgeworfen, wodurch die Tiermetapher entstand. Glucken sind deren Mütter freilich auch nicht. Und doch gibt es selbst im Tierreich eine Loslösung von all dem. Ein Umschiffen der Normen und Gepflogenheiten. Eine Form der Emanzipation - wenngleich diese bei Tieren nicht aus der eigenen Überzeugung, sondern eher aus der Not heraus passiert.

So zum Beispiel bei der Hausmaus. Das Angebot bestimmt hier die Nachfrage. In der Praxis bedeutet das bei der Hausmaus, dass ein Männchen in freier Wildbahn eine Haremschar an Weibchen dominiert und sie zu Müttern macht. Um den Nachwuchs kümmert es sich nicht. Wird ein Mäuserich aber mit nur einem Weibchen zusammengesperrt, wird er zum liebevollen, fürsorglichen Vater. Dann lohnt es sich offenbar, seine Energie in den Nachwuchs zu investieren.

Bewusst passiert das freilich nicht. "Das ist biologisch festgelegt", sagt dazu der Zoologe Swen Renner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Bei einigen Individuen sei das Verhalten erlernt und fast immer von äußerlichen Faktoren abhängig. Dabei gehe es - wie auch bei der Hausmaus - um Ressourcen und die Frage: Wie viel Nahrung ist da?

Polygam in Zeiten des Überflusses#

Ähnlich handhaben es mehrere Vogelarten, sagt Renner. Gibt es genug Ressourcen, leben sie polygam und im Überfluss. Zeichnen sich Engpässe ab, schließt sich ein Paar zusammen und versucht, als Familie zu bestehen.

Als Helden der Emanzipation unter den Vögeln gelten aber die Kaiserpinguine. Die Väter unter ihnen sind selbstlos, aufopfernd - und alleinerziehend. Sie leben die klassische Rollenverteilung mit anders verteilten Rollen. Das Weibchen legt zwar das Ei, überlässt es dann aber dem Männchen, es unter seiner Bauchfalte auszubrüten. Das Männchen ist es auch, das das Küken nach dem Schlüpfen mit ausgewürgtem Kropfsekret füttert. Erst später, sobald der junge Pinguin Fisch fressen kann, kommt wieder die Mutter ins Spiel und versorgt ihn mit Nahrung.

Gar nicht mehr kehrt die Mutter indes bei den Riesenwanzen zurück. Die Väter werden somit in die Rolle des alleinigen Brutpflegers gedrängt - und haben auch noch schwer daran zu tragen. Das Weibchen besteigt nämlich das Riesenwanzen-Männchen und klebt ihm danach rund 100 Eier auf den Rücken, bevor es verschwindet. Das Männchen trägt die Eier etwa eine Woche lang mit sich herum. Dann schlüpfen die Larven.

Eine tragende Rolle nehmen auch die Baumsteigerfrosch-Väter (Pfeilgiftfrösche) bei der Brutpflege ein. Das Männchen befruchtet die Eier, nachdem sie das Weibchen auf die Blätter zum Beispiel von Bromelien geklebt hat, und bewacht sie anschließend. Sobald die Kaulquappen geschlüpft sind, achtet das Männchen darauf, dass diese überleben: Es trägt sie auf dem Rücken zu Wasserstellen, wo sie vor Fressfeinden geschützt sind, und wartet dort so lange, bis sie alle weggeschwommen sind.

Der Eier austragende Seepferdchen-Vater#

Noch einen Schritt weiter haben sich die Seepferdchen emanzipiert. Sie gelten als Vorreiter, haben sie doch die Schwangerschaft zur Männersache erklärt. Bei der Paarung spritzen mehrere Weibchen den Männchen die Eier in eine Bruttasche am Bauch, wo sie vom Sperma befruchtet werden. Der Bauch wächst, man sieht dem Seepferdchen-Vater seine Schwangerschaft an. Die Entwicklung der Jungen dauert zehn bis zwölf Tage. Sobald sie lebensfähig sind, gleiten sie ins Wasser. Dass Männchen die Eier austragen, ist eine seltene Kuriosität. Grundsätzlich sei es im Tierreich so, sagt Zoologe Renner, dass sich die Frau um den Nachwuchs kümmert und der Mann - falls überhaupt - nur hin und wieder hilft. Diese klassische Rollenverteilung habe den einfachen Grund, dass die Mutter eine engere Bindung zum Nachwuchs habe - durch das Legen der Eier oder das Austragen der Jungen.

Manchmal scheint es aber auch schlichtweg unverantwortlich, dem Vater die Mutterrolle zu überlassen. Vor allem, wenn es ein Rabenvater ist, wie zum Beispiel der Kardinalfisch. Eigentlich läge es an ihm, sich um die Eier zu kümmern und sie auszutragen. Allerdings in seinem Maul - und genau das ist das Problem. Denn sobald der Kardinalfisch eine attraktive Fischdame sieht, siegt offenbar das Verlangen, diese zu verführen. Mit der Brut im Maul geht das nicht. Daher schluckt er sie hinunter.

Wiener Zeitung, Dienstag, 14. März 2017