!!!KULM

!!Der Kulm - die größte Naturschanze der Welt - Sternstunden, Enttäuschungen, Skandale

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''Aus der Kulmchronik''

Von

__Gerhard Longin__ (Chronist von Bad Mitterndorf)


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[{Image src='Kulm-Schanze1.png' caption='Eines der ersten Bilder der Kulm-Schanze im Winter 1949/50 noch ohne Kampfrichterturm\\Quelle: Gerhard Longin' class='image_right' alt='Eines der ersten Bilder der Kulm-Schanze im Winter 1949/50' height='470' width='330'}]

Geboren wurde der Kulm aus der Skibegeisterung einer ganzen Region, gepflegt und erhalten
blieben die Kulmschanze und die damit verbundenen Skiflug-Veranstaltungen durch
den Einsatz einzelner Persönlichkeiten, aber auch durch die bedingungslose Mitarbeit eines
Großteils der arbeitsfähigen Bevölkerung der Kulmregion (Bad) Mitterndorf und Tauplitz.
Die Anfänge des Alpin-Skilaufes in der Steiermark am Beginn des 20. Jh., die ersten Skiwettkämpfe
- meist als Mehrfachkombination inklusive Sprunglauf ausgetragen, 1908 der Bau
der ersten Sprungschanze in Ostösterreich auf dem Poser in Mitterndorf (Sprungweiten
um die 25m), als Vorbild galt die „Rosanna-Schanze" in St. Anton am Arlberg, die seit 1926
im Kreise des WSV Tauplitz/Klachau laufenden Gespräche über die Errichtung einer Naturschanze
im Gebiet des Kulm und schließlich die umfangreichen Vorarbeiten über den Salzkammergut-
Skiverband unter dem rührigen Obmann Viktor Stüger aus Aussee führten am
Ende dieser Kette 1948 zum Baubeginn und 1949 zur Fertigstellung der Großschanze (größte
Naturschanze der Welt!) nach Plänen von Dipl. Ing. Hans Peyerl.

Damit beginnt eine Geschichte, die von Sternstunden, aber auch von Enttäuschungen und
Skandalen geprägt ist.


Vom 8. bis 12. März 1950 fand die erste Flugveranstaltung auf dem Kulm statt. Schon am ersten
Tag erreichte Alois Leodolter mit genau 100 Metern den ersten offiziellen „Hunderter"
und Rudi Dietrich aus Seefeld in Tirol flog mit 103 Metern innerhalb der Konkurrenz österreichischen
Weitenrekord. Sieger wurde der legendäre Sepp (Bubi) BradI, der schon seit dem
15. März 1936 Berühmtheit erlangt hatte, als er auf der Großschanze in Planica mit 101 Metern
erstmals die 100 Meter-Schallmauer durchbrochen hatte. Hubert Neuper (sen.) aus Mitterndorf
war mit 96 bzw. 95 Metern bei den „Weitenjägern" dabei.

Gleich nach dieser Flugveranstaltung auf dem Kulm begann eine signifikante Entwicklung,
die bis heute nicht abgeschlossen ist. Es zeigte sich, dass die Schanze keineswegs optimal
gebaut war, daher entschloss man sich zur Umgestaltung, die unter der Leitung des Mitterndorfer
Sportlehrers Fritz Nemetz - dem späteren, langjährigen Chef des Org.-Komitees
Kulm - durchgeführt wurde.


Bei der nächsten Veranstaltung 1951 erkannte man, dass der Umbau gelungen war. Bei 324
Sprüngen gab es nur 6 harmlose Stürze. Um aber für 1953 von der FIS die Genehmigung für
eine offizielle internationale Skiflug-Veranstaltung zu erhalten, mussten weitere Auflagen
erfüllt werden, und so wurde wieder nach Plänen von Ing. Peyerl in Zusammenarbeit
mit dem Sprunghügelberater der FIS, Ing. Straumann, die Flugschanze
nach FIS-Vorschrift umgestaltet. Der bisherige Verantwortungsträger, der Salzkammergut
Skiverband, hatte sich 1952 - auch wegen der Rückkehr des Ausseerlandes
zur Steiermark - aufgelöst. Es gelang aber, die Riesenschanze zur Chefsache
der Steiermärkischen Landesregierung zu machen, die wiederum den Steirischen
Skiverband zum Träger der Verantwortung bestimmte.

[{Image src='Hubert-Neuper-sen.jpg' class='image_left' caption='Hubert Neuper sen., Skifliegen auf dem Kulm. März 1950\\Quelle: Gerhard Longin' alt='Hubert Neuper sen.' height='270' width='385'}]

So konnte vom 22.2. bis 1.3.1953 die 1. Internationale Skiflugwoche in Österreich
stattfinden. Die Konkurrenz wurde vor 50.000 Zuschauern abgewickelt und fand
ihren Höhepunkt im Schanzenrekord von Sepp BradI mit 120 Metern.

Nach dem so erfolgreichen Fliegen mussten die lokalen Veranstalter mit dem Mitterndorfer
Bürgermeister Alois Neuper (Großvater von Hupo) an der Spitze entdecken, dass es beim
Eintrittskarten-Verkauf, bei der Verwaltung von Geld- und Sachspenden und in anderen finanziellen
Bereichen im Rahmen der Veranstaltung zu Unregelmäßigkeiten gekommen war.
Bürgermeister Neuper ließ alle kulmbezogenen Konten sperren und noch in Mitterndorf
wurde der damalige Vorsitzende des Steirischen Skiverbandes und sportliche Chef dieser
Flugwoche wegen Unzulänglichkeiten verhaftet. Es kommt damit zu Presse-Schlagzeilen:
„...der größte Sportskandal der Nachkriegszeit" oder „die Kulm-Affäre". Damit waren der



Verband und der Veranstalter mit einer ungemein schweren Hypothek belastet, die nur durch gut gelungene und sportlich wertvolle Veranstaltungen wieder abgegolten werden konnte. Dies gelang schon 1956 bei der 2. offiziellen internationalen Skiflugwoche unter der Leitung von Fritz Nemetz, der die Aufgaben und Verpflichtungen folgendermaßen umriss:

1. Unliebsames vergessen zu machen,\\
2. der Skiflugschanze am Kulm den gebührenden Namen zurück zu erobern - und\\
3. dem österreichischen Skisport, der österreichischen Wirtschaft, dem [Fremdenverkehr|Thema/Fremdenverkehr]
und nicht zuletzt der Völker verbindenden Idee des Sportes zu dienen.

Kleine Umbauten ermöglichten am 9. März 1956 einen neuen Schanzenrekord durch den
DDR-Springer Werner Lesser mit 122 Metern.



Bei der 3. Skiflugwoche am Kulm 1959 tauchen wieder interessante Namen auf: Der norwegische
Düsenjägerpilot Thorbjörn Yggeseth fliegt neuen Schanzenrekord mit 127 Metern
und erreicht damit die offizielle Höchstweite der Veranstaltung. Eine Steigerung auf
einen neuen Schanzenrekord mit 128 Metern gelingt dem Österreicher Otto Leodolter am
Schlusstag, doch war damit der Kritische Punkt mehr als erlaubt übersprungen, und laut
Reglement musste der Anlauf verkürzt werden und der Flug kam nicht in die Wertung. Die
Wertungsreihe dieser Flugwoche: Yggeseth vor Recknagel, Habersatter und Otto Leodolter.
Die Folgezeit war durch das starke Bestreben um Anerkennung des Skifliegens durch die
FIS gekennzeichnet. Um dieses Ziel zu erreichen, regten der Oberstdorfer Architekt Heini
Klopfer und der Präsident des Steirischen Skiverbandes Viktor Derkogner während der Skiflugwoche
am Kulm 1962 die Gründung einer Interessensgemeinschaft der damaligen drei
Skiflugveranstalter Kulm, Oberstdorf und Planica an. Die Gründungsversammlung fand bereits
am 27. Oktober 1962 in Ljubljana statt - die Skiflugvereinigung KOP war geboren – Gründungsbeteiligter seitens des Kulm war Robert Kanzler. Neben dem Austausch von Erfahrungen
in allen Bereichen des Skifliegens und dem erfolgreichen gemeinsamen Bestreben nach
Verbesserungen galt es gegenüber der FIS Vertrauensbeweise für das Skifliegen als „reife"
Sportdisziplin zu präsentieren. Das führte dazu, dass die FIS für 1972 die Austragung
der 1. Weltmeisterschaft - Austragungsort Planica - genehmigte. Durch das Organisationskomitee
Kulm wurden inzwischen vier Weltmeisterschaften erfolgreich
veranstaltet. Bemerkenswert ist, dass nach einer „vom Ostwind verblasenen" Veranstaltung
im Jahr 1971 für die WM 1975 erstmals überdimensionale Windnetzte
aufgestellt wurden, die die Auswirkung des Ostwindes auf ein Drittel reduzierten
und die Schanze fast windunabhängig machten.

[{Image src='Schlitten-Schrägaufzug.jpg' caption='Sepp (Bubi) Bradl mit Rudi Dietrich auf dem Schlitten-Schrägaufzug", Kulm 1950, Rudi Dietrich: 1. Kulm-Weitenrekord mit 103m, Sepp Bradl: Gesamtsieger, Alois Leodolter: Erster Hunderter am 1. Wertungstag, 10. 3. 1950 mit genau 100m.\\Quelle: Gerhard Longin' alt='Sepp (Bubi) Bradl mit Rudi Dietrich' class='image_right' height='400' width='379'}]

Inzwischen hatte es nach mehrmaliger Verbesserung und Vergrößerung der Schanze 1965
den legendären Weltrekord durch Peter Lesser mit 145 Metern gegeben. Der Obmann des
OK-Kulm Fritz Nemetz hatte nach der Veranstaltung 1968 seine Funktion an Adolf Sendlhofer
übergeben, der nun als erstes das Skifliegen 1971 organisieren durfte und viele Jahre die Verantwortung
für das Kulm-Komitee - teils gemeinsam mit Helmut Lexer aus Tauplitz - trug.

Und dann begann die Zeit des Hubert (Hupo) Neuper, der als dritter Neuper nach Großvater
Alois und Vater Hubert mit dem Skiflugereignis Kulm enge Verbindung fand. Schon 1978 flog
er als jüngster Teilnehmer über die Kulmschanze, auf der er sich 1982 den Gesamtsieg holte.
Die 9. Skiflug-WM - auf dem Kulm die 2. - sah Hubert an der Seite von Generalsekretär Fritz
Trafler als dessen Stellvertreter, und bereits die 3. Skiflug-Weltmeisterschaft auf dem Kulm
1996 erfolgte unter der Leitung von Hubert Neuper als Generalsekretär. Damals war es auch
die hohe Zeit des Andreas Goldberger, der diese Weltmeisterschaft gewann. Seither wurden
gewaltige Umbauleistungen vollbracht, der halsbrecherische Schrägaufzug-Schlitten für
den Springertransport wurde durch einen leistungsfähigen Sessellift ersetz, der Kampfrichterturm
und das Starthaus gänzlich erneuert und dadurch auch ein touristischer Anziehungspunkt
geschaffen, da von der Schanzenhöhe ein wunderschöner Ausblick über das freundliche
HinterbergerTal und die umrahmende Gebirgslandschaft gegeben ist.

Im Jahr 2000 durchbrach Janne Ahonen auf dem Kulm erstmals die 200 Meter-Schallmauer
und 2003 flog Hannawald auf die Kulm- Rekordweite von 214 Metern. Bis zur heurigen Veranstaltung
erreichten die Kulm-Tage durch Hubert Neuper immer mehr und mehr Eventcharakter
mit bis zu 60.000 und mehr Zusehern. Besonders die großen Leistungen der österreichischen


Skispringer, der „jungen Adler", förderten das Interesse an dieser Sportart und
motivierten das Publikum. So gehört der gültige Kulmrekord aus 2009 mit 215,5 Metern dem
jungen Gregor Schlierenzauer.

Mit Phantasie und Durchsetzungsvermögen gelingt es Hupo Neuper immer wieder, den
Kulm konkurrenzfähig zu halten, da ja der allgemeine Wunsch nach noch größeren Weiten
und Rekorden alle Veranstalter zu ständigen Um- und Ausbauten veranlasst, und ein Ende
dieses Bestrebens ist derzeit nicht abzusehen.

''(Aus der Kulmchronik: der Chronist __Gerhard Longin__, Bad Mitterndorf)''



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