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Klimts Modelle#

EINE SCHARFE FAST MITLEIDSLOSE NATURBEOBACHTUNG #


In fast allen seinen Bildern zeigen gerade die Zeichnungen eine weitere entscheidende Komponente seines Schaffens: die scharfe, fast mitleidlose Naturbeobachtung (...) Seine Modelle sind Kinder, überschlanke Mädchen und viele, viele schöne Frauen, aber auch kranke und hässliche, alte, verschrumpfte, verwitterte, welke Weiblichkeit; Frauen in der Hoffnung, Leichen der Seziersäle, anatomische Skelette, Knochengerüste studierte er in den kleinsten Details (Pirchan)“.

KIJIRO OHTA ÜBER KLIMTS MODELLE#


Kijiro OHTA (1883-xx), ein japanischer Maler, besucht Klimt 1913 im Atelier und erfährt von einem Malerkollegen Klimts, der mitunter mit denselben Modellen arbeitet, was die Modelle hinter vorgehaltener Hand von Klimts Verhältnis zu ihnen miteinander tuschelten: Er bezahle sie überdurchschnittlich gut, sei sehr sanft und nett mit ihnen und werde von allen gelobt. Ein Modell erzählt, dass eine Kollegin ihr stolz die entblößte Schulter und den Oberarm gezeigt habe, auf dem eine blutunterlaufene Biss-Spur zu sehen war, die von Klimt stammte. Ferner berichtet er gehört zu haben, dass auch ältere Herren, nicht nur junge Damen, für Klimt Modell standen. Andere Maler meinten, dass alte männliche Modelle nicht für sie geeignet seien, doch Klimt fände, dass jede Person in ihrer Eigenart interessant und geeignet sei, ihm ein gutes Modell zu sein. Hochmut jedoch könne Klimt zornig machen, er sei in dieser Hinsicht ein Querkopf.

DIE HOFFNUNG I, 1903#


Dieses Bild wird erst sechs Jahre nach seinem Entstehen auf der „Zweiten Kunstschau“ (1909) zusammen mit der „Hoffnung II“ (1907/08) ausgestellt. Hevesi berichtet, dass Klimt sie 1903 nicht ausstellen habe können. Das Bild gelangte später in den Besitz von Fritz Waerndorfer und Hevesi schreibt 1905 darüber: „(…) Wir beschauten die herben Kunstwerke, die Herr Waerndorfer sammelt. Über einem großen Bild sind zwei Flügeltüren hermetisch abgeschlossen, um jedes profane Auge abzuhalten. Das Bild ist die berühmte, wie berüchtigte „Hoffnung“ von Klimt. Nämlich das junge Weib in hochinteressanten Umständen, das Klimt hüllenlos zu malen wagt. Eines seiner Meisterwerke. Eine tief ergreifende Schöpfung (...). Über die Entstehungsgeschichte dieses Bildes existiert ein außerordentlich lebendiger Bericht von Klimt in urwüchsigem Wiener Dialekt: „…Das Mädel hat einen Körper, von dem der Hintern schöner und intelligenter ist, als das Gesicht bei vielen anderen“. Als das Mädchen sich längere Zeit nicht im Atelier sehen lässt, beauftragt Klimt eine Berufskollegin ihren Verbleib auszukundschaften. Klimt erfährt, dass sie in anderen Umständen sei und sich deshalb nicht bei Klimt gemeldet hat: „…macht nichts, die Herma soll trotzdem kommen! Ich brauch’ sie zu einer Arbeit, dringend. Richten sie ihr das aus. Pfiat Gott!.“ Auf der Modellbörse am Schillerplatz und in den Wandelgängen der Kunstakademie gab es am nächsten Tag große Erregung, ein Modell fragte das andere: „Hast es schon ghört? Der Klimt ist übergschnappt! Er lässt sich a Schwangere als Modell ins Atelier kommen.“ Der gleichen Meinung waren vor allem Kollegen von Klimt, Kunsthistoriker und Kritiker. Unfug! Verruchtheit! Verderbtheit! Entartung! Niedertracht! Schamlosigkeit! Sauerei! – diese und andere Schmähworte prasselten gleich Hagelgeschossen auf den Meister.

„KLIMT SCHEUTE SICH NICHT AUCH INTIME BLÄTTER IN SEINE AUSSTELLUNGEN EINZUBEZIEHEN“ #


Diesbezügliche Bemerkungen finden sich anlässlich der Internationalen Schwarz-Weiss-Ausstellung 1913/14 in Wien. Bei gleichzeitig qualitativ höchster Einschätzung dieser Zeichnungen war von „verfänglichen Stellungen und Lagerungen“ seiner Modelle oder von „Pornographik“ im Zusammenhang mit Klimt und Schiele die Rede. Im Gegensatz dazu meint Wilhelm Hausenstein, dass man Klimt „allein in seinen erotischen Zeichnungen studieren sollte“. Auch Werner Hoffmann vertritt die Anschauung, dass diese Blätter ins Zentrum von Klimts Werk zu stellen sind, weil in ihnen „die Trieb- und Formkräfte entgegentreten, aus denen sich der schöpferische Eros dieses Künstlers entfaltet.“ Bekanntlich entstanden viele dieser intimen Blätter dem Motiv nach in Verbindung mit japanischen erotischen Holzschnitten. Klimt dürfte aber auch die Geistigkeit, die hinter diesen Darstellungen steht, nicht fremd gewesen sein. So spielt in der Schöpfungsgeschichte Japans der Sexus eine entscheidende Rolle, jenes geheimnisvolle Lebensprinzip, das die ewige (...) Erneuerung von Mensch, Tier und Pflanze symbolisiert.
Schubert am Klavier
Gustav Klimt, Studie für „Schubert am Klavier“, 1898/99, Kat.Nr. 3302, Bleistift, 45,7 x 31 cm, Mährische Galerie, Brünn
Die Braut
Gustav Klimt, Studie zu „Die Braut“ (1917/18), Kat.Nr.3079, Bleistift, 50,1x32,5 cm, Privatbesitz
Die Hoffnung
Gustav Klimt, Die Hoffnung I, 1903, Öl auf Leinwand, 181 x 67 cm, Nationalgalerie Kanada, Ottawa

Das Baby
Gustav Klimt, Studie zu „Das Baby“, Kat.Nr. 3036, Bleistift, blauer Farbstift, weiß gehöht, 56,1 x 37 cm, Privatbesitz