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!!!Jupiter-Symphonie: 4. Satz (Molto Allegro)


!Formschema 4. Satz --> [Bild|Wissenssammlungen/Musik_Kolleg/Mozart/Jupiter-Symphonie_Satz4,Formschema]

Der 4. Satz der Jupiter-Symphonie ist mit Finale übertitelt. Dieser Satz
stellt eine Einmaligkeit im Gesamtwerk der abendländischen Musik dar,
nicht so sehr durch die Einmaligkeit der Themenerfindung, als vielmehr
durch deren Verarbeitung, eine Verarbeitung, die in der Musikgeschichte
keine Parallele hat. Wo gibt es schon eine Komposition, die 5 Themen
aufweist, diese am Schluss des Satzes gegenüberstellt, sodass sie alle
gleichzeitig erklingen und noch untereinander ausgewechselt und
vertauscht werden können, ohne dass dem klassischen Wohlklang ein
Abbruch geschieht? Hier werden die technischen Errungenschaften der
Barockzeit mit denen der Klassik verbunden, sodass Homophonie (Klassik)
und Kontrapunkt (Barock) sich zu einer neuen Einheit verbinden. Der 4.
Satz der Jupiter-Symphonie ist der Form nach in Sonatenhauptsatzform
geschrieben, mit mehreren fugierten Abschnitten, in denen barocke Fugen-
und klassische Durchführungstechnik miteinander verquickt werden und zu
neuen Klangwirkungen führen.


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Das Hauptthema des 4. Satzes ist, ähnlich dem Thema des 1. Satzes, aus 2
unterschiedlichen Motiven gestaltet, die 2 gegensätzliche Prinzipien
verkörpern. Der Vordersatz, die ersten 4 Takte des Themas, stehen für
das kontrapunktische Prinzip der Vergangenheit - das Thema ist ableitbar
aus  gregorianischen Melodiemodellen - , während der Nachsatz, Takt 5 -
8, tänzerisch bewegt ist und das homophone, moderne, klassische Prinzip
vertritt. Man kann die Auffassung vertreten, dass in diesem Thema sowohl
die metaphysische als auch die real menschliche Seite der Musik Mozarts
integriert ist. Das Thema wird vorgestellt und als Hauptthemenkopf
weitergeführt. Es mündet unverzüglich in das 2. Thema, ein Thema, deren
musikalische Substanz die C-Dur Tonleiter ist.


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Im 1. Zwischensatz, einem musikalischen Teil zwischen Hauptthema und
Seitenthema, verwendet Mozart die ersten 4 Takte des Hauptthemas als
Thema eines Fugatos. Das Fugato ist ein nach Art einer Fuge gearbeiteter
Abschnitt in einem nicht als Fuge komponierten Satz. So auch hier.  Nach
dem Themeneinsatz in der 2. Violine folgt die 1. Violine, dann der
Violen-, daraufhin Violincello- und Kontrabasseinsatz. Dann erklingt
erstmals ein neues, das 3. Thema, ein kurzer musikalischer Gedanke mit
einem Triller. Dieses Thema führt Mozart sofort in Engführung, d.h. das
Thema erklingt bereits in einer anderen Stimme,  während es noch
vorgestellt wird. Die Engführung erfolgt zwischen Violinen und den
Bassinstrumenten der Streicherfamilie. Das Ende des Zwischensatzes wird
mit dem 2.Thema in Engführung gespielt.


[{Image src='Wissenssammlungen/Musik_Kolleg/Bilder/mu-examp.jpg'
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Das Seitenthema, ein schlichtes Thema in  G-Dur, hier auch als 4. Thema
bezeichnet, ist dadurch charakterisiert, dass ihm  drei  Themen
gegenübergestellt werden,  das 2. und 3. Thema, und ein neues 5. Thema.
(Dieses Thema müsste wegen seiner Kürze als Motiv - ein kleiner,
sinnvoller, musikalischer Baustein - bezeichnet werden.)


[{Image src='Wissenssammlungen/Musik_Kolleg/Bilder/mu-examp.jpg'
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Im 2. Zwischensatz  verwendet Mozart vorerst das Kopfmotiv des
Seitenthemas. d.i. der erste und zweite Takt des Themas, bis er das
Thema vierfach in Engführung bringt, d.h. das Thema wird jeweils in
einer anderen Stimme imitiert. Das heißt weiters, dass jede Stimme
Hauptstimme ist,  jede Stimme absolut gleichberechtigt ist. Höchste
Kontrapunktik in klassischem (Klang-)Gewand.


Unmittelbar vor Beginn der Durchführung, hier als Coda des Epilogs
bezeichnet, verwendet Mozart noch einmal das 2. Thema, welches sowohl in
Engführung,  als  auch in der  Spiegelung erklingt.


Unmittelbar darauf wird das Kompositionsprinzip des zweiten
Zwischensatzes der Exposition aufgenommen. Wurde dort das Seitenthema in
vierfacher Engführung gespielt, passiert nun ähnliches mit dem zweiten
Thema. Jede Stimme wird zur Hauptstimme, das Thema wird gespiegelt, als
Èinschub erklingt das Hauptthema. Mozart erweist sich hier als
kontrapunktischer Komponist, der die Möglichkeiten polyphoner Satzkunst
virtuos beherrscht.


[{Image src='Wissenssammlungen/Musik_Kolleg/Bilder/mu-examp.jpg'
caption='[Takte 385-424|Wissenssammlungen/Musik_Kolleg/Mozart/Jupiter-Symphonie_Satz4,385-424]' alt=''
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Die Coda stellt in ihrer kontrapunktischen Arbeit den Höhepunkt des
Werkes dar, weswegen das Werk mit dem Namen "Jupiter-Symphonie" bedacht
wurde. Sämtliche Themen erklingen gleichzeitig in verschiedenen Stimmen
und werden untereinander noch ausgewechselt, d.h. der Hauptthemenkopf,
in der ersten Violine gespielt, wird zur Bassstimme, wodurch sämtliche
Themen um eine Stufe "nach oben" rücken.  Die  Kontrabassstimme wird zur
 Cellostimme, die Cellostimme zur Bratschenstimme, die Bratschenstimme
zur zweiten Violinstimme und die zweite Violinstimme zur ersten
Violinstimme.  Es gibt zahlreiche Komponisten, die am Ende ihrer
Komposition zwei, drei oder auch vier Stimmen übereinanderstellen, um so
am Höhepunkt des Satzes das Finale herbeizuführen. Einzigartig in der
Musikgeschichte ist die Gegenüberstellung von fünf Themen, wie dies am
Ende der Jupiter-Symphonie passiert. Im klassischen Klang verbirgt sich
höchste polyphone Kunst. Aus den beiden "Thesen", klassische und barocke
Kompositionsweise, entstand die "Synthese" Jupiter-Symphonie.


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