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Das fliegende Labor – in 26 Tagen um die Welt#

Von

Bernadett Weinzierl

Insgesamt 66.000 Flugkilometer werden die ForscherInnen der Universität Wien mit dem NASA Forschungsflugzeug DC-8 zurücklegen
Insgesamt 66.000 Flugkilometer werden die ForscherInnen der Universität Wien mit dem NASA Forschungsflugzeug DC-8 zurücklegen, um die Aerosol-Verteilung in der Atmosphäre zu erforschen. Während der Messungen steigt und sinkt die DC-8 kontinuierlich.Foto: Bernadett Weinzierl

Wie Abgase und Co unsere Luft und das Klima beeinflussen untersucht ein Forschungsteam der NASA, der Harvard University, NOAA und neun weiteren US- Forschungseinrichtungen. Einziger internationaler Partner ist die Universität Wien mit Aerosolphysikerin Bernadett Weinzierl. Für uni:view berichtet sie exklusiv aus luftigen Höhen.

Im groß angelegten Forschungsprojekt "Atmospheric Tomography Mission" (ATom) untersuchen wir gemeinsam mit ForscherInnen der NASA, der Harvard University, NOAA sowie neun weiteren US-Forschungseinrichtungen, welchen Einfluss vom Menschen verursachte Emissionen auf die Luftqualität und das Klima haben. Über einen Zeitraum von drei Jahren – unter Berücksichtigung aller Jahreszeiten – begeben wir uns mit dem NASA Forschungsflugzeug DC-8 über und unter die Wolken und erforschen, wie reaktive Gase, Treibhausgase und Aerosole in der Luft über unseren Köpfen verteilt sind: vom Nordpol über Neuseeland bis zur Antarktis.

Grafik: Flugroute
Rund um die Welt: Auf seinem Weg von Palmdale (Kalifornien) Richtung Nordpol, zurück nach Alaska über Hawaii und Amerikanisch-Samoa nach Neuseeland, Richtung Antarktis, zurück nach Chile, Ascension Island, Azoren und Grönland wieder nach Palmdale steigt und sinkt die DC-8 kontinuierlich zwischen einer Höhe von 0,2 bis zwölf Kilometern und sammelt Daten in den entlegensten Gebieten der Atmosphäre, in denen es bislang nur sehr wenige Messungen gibt. (Grafik: Tom Ryerson, NOAA)

Universität Wien erforscht Supermikrometer-Aerosol#

Die erste von insgesamt vier ATom-Messkampagnen findet zwischen Ende Juli und Mitte August 2016 statt und die letzten Vorbereitungen für die große Mission laufen auf Hochtouren. Derzeit sind wir – Maximilian Dollner, Harald Schuh und Bernadett Weinzierl – im Armstrong Flight Research Center in Palmdale, Kalifornien, wo zahlreiche Instrumente zur Untersuchung der Atmosphäre in das NASA-Forschungsflugzeug DC-8 eingebaut und letzten Tests unterzogen werden.

Messgerät
Tragflügel
Unser Instrument, ein sogenanntes "Cloud, Aerosol, and Precipitation Spectrometer" (im Bild oben), ist an der Unterseite des Tragflügels der DC-8 montiert und hat gerade die für die Flugzeugzulassung erforderliche Abnahme bestanden. (Fotos: Bernadett Weinzierl)

Ziel unserer Messungen ist es, die globale Verteilung von Supermikrometer-Aerosol – insbesondere Mineralstaub und Seesalz – zu untersuchen, mögliche Unterschiede in der Supermikrometer-Aerosolverteilung zwischen der Nord- und Südhalbkugel zu quantifizieren und den Einfluss von Supermikrometer-Aerosol auf die Wolkeneigenschaften zu studieren. Das ist u.a. für die Klimaforschung spannend, da Supermikrometer-Aerosol, deren Partikeldurchmesser größer als einen Mikrometer ist, einen Großteil der jährlich freigesetzten Aerosolmasse in der Atmosphäre ausmacht. Obwohl der überwiegende Teil des Supermikrometer-Aerosols natürlichen Ursprungs ist – Mineralstaub, Seesalz, Vulkanasche – tragen diese Partikel aufgrund ihres in der Vergangenheit unbekannten Einflusses auf den Energiehaushalt der Erde stark zu den Unsicherheiten im Verständnis des Klimawandels bei.

Darüber hinaus können Vulkanasche und Mineralstaub aufgrund ihrer schädlichen Wirkung für Flugzeugtriebwerke und wegen ihres Einflusses auf die Sichtverhältnisse zu weitreichenden Einschränkungen für den Luftverkehr führen, wie der Ausbruch des Eyjafjalla Vulkanes 2010 in Island eindrucksvoll bewiesen hat.

Bild '5Aerosol-layers'
Aerosolpartikel, winzige in der Luft schwebende Teilchen wie Mineralstaub, Vulkanasche oder Ruß, sind ein wichtiger Faktor im globalen Wetter- und Klimasystem. Regelmäßig als grau-braune Dunstschichten am Horizont sichtbar, beeinflussen Aerosole den Energiehaushalt der Erde durch Absorption, Streuung und Emission von Strahlung, verändern die Eigenschaften von Wolken und beeinträchtigen die Luftqualität. (Foto: Bernadett Weinzierl)

Die Kombination der Messungen der Universität Wien mit Messungen des US-Forschungsinstituts NOAA auf der DC-8 erlaubt dabei eine umfassende Charakterisierung des gesamten atmosphärischen Aerosolsystems in den abgeschiedensten Regionen der Erde.

66.000 Kilometer, 1,6 Erdumrundungen#

Neben detaillierten Einblicken in physikalische Prozesse werden mit dem ATom-Datensatz einzigartige Messungen von chemischen Komponenten in der Atmosphäre vorgenommen. Diese Daten, die nicht mit Satelliten erfasst werden können, sondern durch direkte Messungen in der jeweiligen Region erhoben werden müssen, stehen dann für die Validierung und Weiterentwicklung von globalen Atmosphären- und Klimamodellen zur Verfügung.

In den kommenden Wochen berichten wir in unseren Beiträgen für uni:view über die Vorbereitungen und Messungen an Board des "Fliegenden Labors" auf dem NASA Forschungsflugzeug DC-8. Insgesamt werden wir eine Strecke von 66.000 Kilometer oder 1,6 Erdumrundungen zwischen 85°N und 85°S zurücklegen, 160 Vertikalprofile fliegen und dabei viele spannende Messdaten sammeln.

Zur Autorin:#

Bernadett Weinzierl ist seit März 2016 Professorin für Aerosol- und Clusterphysik an der Fakultät für Physik der Universität Wien. Nach der Promotion mit Schwerpunkt Meteorologie an der LMU München arbeitete sie u.a. am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Forschungsaufenthalten am Earth System Research Laboratory (National Oceanic and Atmospheric Administration der USA) und bei Droplet Measurement Technologies Inc. in Boulder, Colorado (USA). Sie war Leiterin der gemeinsamen DLR-LMU Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsforschergruppe AerCARE an der LMU München und am DLR sowie Leiterin der Aerosolgruppe am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. 2014 erhielt sie einen hochdotierten Starting Grant des Europäischen Forschungsrats ERC.