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Die besten Ideen sind die verrücktesten #

Sergio Amancio ist Materialwissenschafter. Obwohl er selbst immer weniger Zeit im Labor verbringt, ist er passionierter Erfinder geblieben. #

Sergio Amancio sieht sich selbst als passionierter Erfinder. © Lunghammer - TU Graz
Sergio Amancio sieht sich selbst als passionierter Erfinder.
Foto: © Lunghammer - TU Graz

„Ich habe die am wenigsten verrückte Idee genommen und realisiert“, erzählt Sergio Amancio heute mit einem Lächeln um die Augenwinkel vom Weg zu seinem ersten Patent. Der passionierte Erfinder hält heute 21 Patente, an der TU Graz sollen noch weitere folgen.

Schon als junger Student wusste er, dass er eine wissenschaftliche Karriere einschlagen wollte. „Ich wusste auch, dass ich etwas Besonderes in meinem Lebenslauf haben sollte, um meine Chancen auf eine Professur zu verbessern“, erzählt er. Ein Auslandsaufenthalt sollte es sein – idealerweise in England. „Deutschland war nie mein Plan. Und Österreich kannte ich nur der schönen Landschaft wegen“, erzählt der gebürtige Brasilianer. Gut, dass der Wissenschafter in seiner Freizeit gerne wandert und Buschenschenken für „ein großartiges Konzept“ hält – denn der Zufall und ein Professor an seiner Heimatuniversität schickten ihn zu einem sechsmonatigen Forschungsaufenthalt während seines Masterstudiums nicht nach England, sondern zuerst ins deutsche Geesthacht nahe Hamburg und 2018 in die Steiermark.

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Gonçalo Pina Cipriano: How does Friction Riveting work?

„Aus sechs Monaten wurden 18 Jahre“, blickt Amancio zurück. „Nach dem Masterstudium hatte ich die Chance, mein Doktorat in Deutschland zu machen.“ Finanziert durch ein Stipendium der brasilianischen Regierung hatte er bereits erste Materialproben in der Hand, als das mit ihm kooperierende Industrieunternehmen eine inhaltliche Kehrtwendung einlegte. Plötzlich stand der junge Forscher zwar mit einer vielversprechenden Finanzierung, aber ohne Thema im leeren Labor. „Mein Betreuer erzählte mir damals von der Idee eines Flugzeugherstellers, leichte Bauteile aus Titan und Carbonfaserverstärktem Kunststoff CFK herzustellen. Völlig unmöglich, dachte ich. Wegen der sehr unterschiedlichen Schmelztemperaturen ist Kunststoff längst verbrannt, wenn Metall gerade erst warm wird.“ Einige durcharbeitete Nächte später hatte Amancio das neue Thema gefunden: Er realisierte die „am wenigsten verrückte Idee“ und entwickelte das Friction Riveting – ein Nietverfahren, bei dem mithilfe von Reibung und Druck erhitzte Metallnieten in Kunststoff verformt werden. Damit hatte Amancio nicht nur seinen Doktortitel in der Tasche, sondern auch sein erstes von mittlerweile 21 Patenten. Für seine Dissertation erhielt er seine erste wissenschaftliche Auszeichnung vom Nordmetall Verband der Metall- und Elektroindustrie in Deutschland. Im Laufe seiner Karriere kamen noch weitere hinzu, wie der Georg-Sachs-Preis vom Stiftungsverband Metalle und dem Fachverband der Nichteisen-Metallindustrie Österreichs.

2018 trat Amancio an der TU Graz seine BMVIT Stiftungsprofessur für Luftfahrt an. Mit seiner Arbeit soll der Materialwissenschafter neue Impulse für leichte und widerstandsfähige Makrokomposite aus Metall und faserverstärktem Kunststoff geben. „Unsere Materialien können natürlich auch für die Automobilindustrie oder die Raumfahrt adaptiert werden“, erklärt er. Das große Ziel dahinter: „Wir möchten leichte Bauteile realisieren, die den Treibstoffverbrauch senken und die Wartungsintervalle erweitern.“ Dabei sein ist für ihn alles

Persönlich ist Amancio nur noch selten im Labor. „Ich mache viel Lehre und habe als Professor und stellvertretender Institutsleiter administrative Verpflichtungen“, erzählt der Forscher, der die TU Graz auch im FTI-Strategiebeirat für Luftfahrt des Bundesministeriums vertritt.

Den Kontakt zu neuen Entwicklungen in der Materialforschung will er aber nicht verlieren und gleichzeitig seine Studierenden bestmöglich betreuen: „So oft es geht, setzen wir uns an den großen Besprechungstisch und ich lasse mir von ihren Erfolgen und Problemen erzählen. Gemeinsam suchen wir nach Lösungen oder skizzieren neue Ideen auf dem großen Whiteboard“, erzählt er. „Vor allem in den ersten zwei Jahren, in denen junge Forschende das ‚Forschen lernen‘, ist es mir wichtig, präsent zu sein. Das hebt die Motivation der jungen Leute und fördert in weiterer Folge ihre Selbstständigkeit.“