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Die nackte Wahrheit: Wenn ein Mikroorganismus seine Hüllen fallen lässt #

ForscherInnen untersuchten Rolle der S-Schicht in Mikroorganismen#

Die Struktur der S-layer kann man mittels Elektronenmikroskopie visualisiert werden. 2 000 - fache Vergrößerung einer Sulfolobus soflataricus Zelle (Elektronenmikroskopie) (Bild Mitte). Rechts: 10 000-fache Vergrößerung eines Zelloberflächenausschnitts, der die Struktur der S-layer zeigt
Die Struktur der S-layer kann man mittels Elektronenmikroskopie visualisiert werden. 2 000 - fache Vergrößerung einer Sulfolobus soflataricus Zelle (Elektronenmikroskopie) (Bild Mitte). Rechts: 10 000-fache Vergrößerung eines Zelloberflächenausschnitts, der die Struktur der S-layer zeigt
Foto: © Kevin Pfeifer
Oben: Die Übersicht einer unveränderten (links) und S-layer reduzierten (rechts) Sulfolobus Kultur zeigt eine bis zu fünffache Zunahme des Zellvolumens der S-layer reduzierten Zellen (Elektronenmikroskopie, 2000-fache Vergrößerung). Unten: Der Querschnitt einer unveränderten (links) und S-layer reduzierten (rechts) Sulfolobus Zelle zeigt die Ablösung der S-layer (Bild adaptiert von Zink et al., 2019 Nature Communications).
Oben: Die Übersicht einer unveränderten (links) und S-layer reduzierten (rechts) Sulfolobus Kultur zeigt eine bis zu fünffache Zunahme des Zellvolumens der S-layer reduzierten Zellen (Elektronenmikroskopie, 2000-fache Vergrößerung). Unten: Der Querschnitt einer unveränderten (links) und S-layer reduzierten (rechts) Sulfolobus Zelle zeigt die Ablösung der S-layer (Bild adaptiert von Zink et al., 2019 Nature Communications).

Mikroorganismen besitzen eine besonders schützende Zellwand – die sogenannte S-Schicht. Aber was passiert, wenn diese entfernt wird? Ein Team um Christa Schleper vom Department für Ökogenomik und Systembiologie der Universität Wien hat eine Methode, basierend auf einer CRISPR-Genschere entwickelt, um die Zellwand abzulösen und so ihre Funktion genauer zu untersuchen. Die ForscherInnen zeigen in ihrer aktuellen Studie, dass die fehlende S-Schicht einen großen Effekt auf die Zellteilung und die Infektion mit Viren hat. Die Publikation erscheint in Nature Communications.

Archaea sind einzellige Mikroorganismen, die oft extreme Lebensräume lieben. Man findet sie in Seen mit hoher Salzkonzentration, Habitaten mit sehr niedrigen oder hohen pH-Werten, unter dem Eis der Arktis oder in vulkanischen heißen Quellen. In der aktuellen Untersuchung haben die ForscherInnen um Schleper mit Sulfolobus solfataricus gearbeitet – einem extrem thermophilen Archaeon, das aus einer sprudelnden 80°C-heißen, sauren und schwefeligen Quelle in Pozzuoli, Italien, stammt.

Um diese hohen Temperaturen und niedrigen pH-Werte aushalten zu können, muss Sulfolobus eine wahrlich "dicke Haut" haben. Das ist auch der Fall, denn betrachtet man diese Archaea unter dem Elektronenmikroskop, so erkennt man eine symmetrisch-angeordnete Zellwand, die wie ein schützendes Kettenhemd die einzelne Zelle umgibt. Diese proteinhaltige Zellwand wird S-layer ("surface layer" oder auch S-Schicht) genannt. Sie bildet – im Gegensatz zur sonst eher fluiden Zelle – einen starren und stabilen Zellpanzer.

Die S-Schicht ist weit verbreitet bei Archaea und findet sich auch bei einigen Bakterien, weshalb sie wahrscheinlich eine frühe Erfindung der Evolution darstellt und womöglich schon die ersten Mikroorganismen unserer Erde geschützt hat. Das lässt darauf schließen, dass sie eine wichtige Rolle für das Leben eines Mikroorganismus spielt, die möglicherweise über die Funktion des schützenden Panzers hinausgeht.

Ohne S-Schicht kann sich die Zelle nicht mehr teilen#

In der aktuellen Publikation hat die Forschungsgruppe um Schleper zusammen mit der Arbeitsgruppe von Bernhard Schuster der Universität für Bodenkultur Wien wichtige physiologische Rollen der S-Schicht erforscht. Mit Hilfe einer eigens etablierten, auf einer CRISPR Genschere basierenden Methode konnten die ForscherInnen die Expression des S-Schicht-Gens verringern und somit die Zellwand an der Zelloberfläche stark reduzieren bzw. ablösen.

Bei der Untersuchung konnten die ErstautorInnen Isabelle Anna Zink und Kevin Pfeifer zeigen, dass die reduzierten Zellen bis zu fünfmal größer und deformiert waren. Zudem trugen sie mehr Genom-Kopien als gewöhnlich. Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass sich die Zellen nicht mehr teilen konnten und die S-Schicht daher wichtig für eine kontrollierte und erfolgreiche Zellteilung ist. Zudem konnte das Sulfolobus-spezifische Virus "SSV1" die Zellen weniger gut infizieren, was eine Rolle der Zellwand als Virusrezeptor vermuten lässt. "In dieser Studie zeigen wir erstmals wichtige Funktionen der S-Schicht für die Zellteilung und die Viren-Infektion. Zudem haben wir eine neue Methode etabliert, um lebenswichtige Gene in Mikroorganismen besser untersuchen zu können", sagt Christa Schleper.

Publikation in Nature Communications:#

"CRISPR-mediated gene silencing reveals involvement of the archaeal S-layer in cell division and virus infection". Isabelle Anna Zink, Kevin Pfeifer, Erika Wimmer, Uwe B. Sleytr, Bernhard Schuster & Christa Schleper, Nature Communications.
DOI 10.1038/s41467-019-12745

Wissenschaftlicher Kontakt#

Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Christa Schleper
Leiterin der Division für Archaea Biology and Ecogenomics des Departments für Ökogenomik und Systembiologie der Fakultät für Lebenswissenschaften
Universität Wien
1090 - Wien, Althanstraße 14 (UZA I)
+43-1-4277-765 10
+43-664-60277-765 10
christa.schleper@univie.ac.at

Rückfragehinweis#

Mag. Alexandra Frey
Pressebüro und stv. Pressesprecherin
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-175 33
+43-664-60277-175 33
alexandra.frey@univie.ac.at