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Vom Gänserndorfer Musikkolleg zum Musikkolleg im Österreichlexikon AEIOU#

(AEIOU steht hier für Annotierbares Elektronisches Interaktives Oesterreich Universalllexikon. Ursprüngliche Bedeutung)

Von Manfred Schilder

Ich hatte eben das Studium an der Universität und auf der Musikakademie Wien abgeschlossen und kehrte in jenes Gymnasium zurück, das ich schon als Schüler besuchte.

Nun war ich dort Lehrender.

Was kann man tun, wenn man eben erst sein Lehrerleben angetreten hat?

Ich entschied mich mit größeren Schülergruppen Opernaufführungen auf Stehplatz in der Wiener Staatsoper zu besuchen. Der erste Versuch begann zwar mit einem Flop, da die Stehplatzkarten der Staatsopernvorstellung „La Boheme“ von Puccini ausverkauft war, doch wir landeten in der Wiener Volksoper bei „Die Stumme von Portici“, einer Oper von Daniel Francois Esprit Auber.

Weitere geglückte Opernbesuche waren die Folge, und wenige Wochen später waren bereits Schülereltern und persönliche Freunde vorsprechen. Warum? Einerseits dankten sie für die Organisation und Durchführung der Opernbesuche, später auch Konzertbesuche – so etwas gab es in dieser Schule nicht, - andererseits zeigte man Interesse am Musikunterricht, war doch dieser zuhause positives Gesprächsthema. Daraufhin lud ich zu Elternabenden in das neu erbaute Bundesgymnasium Gänserndorf ein und gab dieser Initiative den Namen Musikkolleg.

Dies ist somit eine Einrichtung, die Eltern in abendlichen Veranstaltungen am Bildungsprozess der heranwachsenden Schüler teilnehmen lässt. Insgesamt fanden so über 300 Musikkollegs im Gymnasium Gänserndorf statt und über 1.300 Opern- und Konzertbesuche.

Diese Initiative blieb in der Öffentlichkeit nicht unkommentiert – es kamen Anfragen, Wünsche und Anregungen. Im Rahmen der Erweiterung des Musikkollegs wurden an unterrichtsfreien Tagen in allen Schulen Niederösterreichs audio-visuelle Vorträge und Präsentationen zu Themen der (österreichischen) Musikgeschichte und Geschichte abgehalten.

Wenn im Schulgebäude eine weitere Schule untergebracht war (Volksschule, Sonderschule), wurde diese in die audio-visuellen Präsentationen integriert.

Bei meinem Besuch in Baden war auch Ministerialrat Dr. Hans Peter Axmann vom Bundesministerium für Wissenschaft anwesend. Die Folge war ein Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst: Das Musikkolleg -online im AEIOU heute unter ist eine für das Internet hergestellte pädagogisch aufbereitete Version audio-visueller Musikpräsentation. Sie kann in deutscher und englischer Sprache abgerufen werden und wird weltweit tausendfach abgerufen.

Die musikpädagogische Initiative – Musik in seiner Vielfalt auch zu erleben - – weitete sich aus: Vortragstätigkeit in verschiedensten Vereinen Österreichs, eine große Anzahl von Besuchen im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins (Proben von Österreichs Spitzenorchestern), Ring-Einführungen und Opernbesuche für die 1.200 Teilnehmer mit den Referenten Dir. Joan Hollaender, Dr. Wilhelm Sinkovicz, Dr. Clemens Hellsberg, Dr. Peter Dusek, Dr. Gottfried Scholz, Rektor der Musikuniversität Wien. Beliebt waren und sind die Opernbesuche in Österreich und in europäischen Städten (von Berlin bis Rom, von Paris bis Budapest), die Durchführung von Diskussionsveranstaltungen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Musikkolleg-Besuche im Bundesgymnasium Gänserndorf von Personen des öffentlichen Lebens, wie Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim, Bundesminister, die Landeshauptleute von Niederösterreich, Präsidenten des Nationalrates, Universitätsrektoren und Universitätsprofessoren, Kulturkritiker, ausübende Künstler wie Sabine Meyer (dies im Wiener Konzerthaus) und mehrere österreichische Komponisten), aber auch Besuche von Musikereignissen in Österreich von Schärding bis Schloss Hof.

Besonders in Erinnerung bleiben die 20 Opernbesuche in den ehemaligen Ostblockstaaten Tschechien, Slowakei und Ungarn, wo stets in Sonderveranstaltungen das gesamte Opernhaus angemietet wurde und das Studentenlied „Gaudeamus igitur“ vor der Opernvorstellung gesungen wurde. Ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Völkerverständigung im Rahmen der sich entwickelnden EU.

Sehr gut und gewünscht waren während der Busfahrt die von mir besprochenen Einführungskassetten, später Einführungs-CDs, die Hintergrundwissen und Musikbeispiele vermittelten. Großen Anklang fanden die Besuche sämtlicher Gymnasien in Österreichs Grenznähe in Tschechien und der Slowakei mit aktuellen Informationen über die Musikszene in diesen Ländern. Sehr oft wurde die Einladung zum Gegenbesuch in Österreich angenommen. Gelebte und einfach durchzuführende Völkerverständigung!

Es gab aber nicht nur Musikveranstaltungen, sondern auch Museums-, Kabarett- und mehrmalige Theaterbesuche, Frühlingsbälle auf Schloss Coburg zu Ebenthal mit mitternächtlich abgehaltenen Musikkollegs (Dank an den Schlossherrn Prim. Prof Dr. Paul Drobec), die Initiative „Eine Stunde österreichische Musik für österreichische Soldaten“, Besuche des VW-Werks Devinska Nova Ves bei Bratislava/Preßburg, das „VW-Jahr“, als Erinnerung an die Geburtstage von Richard Wagner und Giuseppe Verdi im Jahre 1813, mit zahlreichen Vorträgen über ihre Werke, aber auch das mehrmalige Aufsuchen der Mozart Grabstätte nachts mit Fackelbeleuchtung.

Die Verständigung der Musikkolleg-Teilnehmer und Gäste erfolgte über 500 per mail verschickte Kulturaussendungen. Im Rahmen der 700 Veranstaltungen stieg die Zahl der teilnehmenden Personen auf 270.000.

Das Musikkolleg tritt für lebenslanges Lernen ein, es bietet dafür einen Beitrag und wird als solches auch wahrgenommen. Es bindet die interessierte Bevölkerung in das Geschehen ein – die Schule als Kulturzentrum- und übernimmt damit die Aufgabe der kulturellen Nahversorgung. Die Begegnung mit Kultur in jeglicher Form wird als neue Form der Freizeitgestaltung aufgezeigt. Nicht zu unterschätzen sind die menschlichen, persönlichen Kontakte und die dabei entstehenden Freundschaften.

Eine der letzten Veranstaltungen - dies noch vor dem Auftreten des Corona-Virus, war im Festsaal der Stadtgemeinde Deutsch-Wagram, wo Univ. Prof DI Dr. h.c. et mult. DDr. Herbert Mang, vormals Präsident der Akademie der Wissenschaften Wien, die Festrede hielt.

Inzwischen ist die Idee Musikkolleg, eine Form schulbegleitender Erwachsenenbildung und außerschulischer Jugenderziehung, 50 Jahre alt geworden. Ein bisschen Hineinschnüffeln in das Musikkolleg und das Musiklexikon kann man in kleine Teile im Austria-Forums unter Kunst und Kultur. Später wurden weitere Musikbeispiele hinzugefügt, dort z.B. die Liste großer Komponisten mit vielen Details.