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Pietro Mascagni und Domenico Monleone - „Die beiden Cavallerias“#

Während „Cavalleria Rusticana“ von Mascagni mit dem Preludio und der Siciliana des Turiddu „O Lola ch´ hai di latti la cammisa“ beginnt – er geht von Lolas Haus gegen das Dorf, eröffnet Monleone ebenfalls mit einem Preludio; Turiddus Serenade „Sulla finestra tua la luna splende“ spielt aber noch vor Lolas Haus; hier schaut Lola aus dem Fenster und antwortet. Der Einleitungschor der Hirten „Recinta d´aurora la vetta riluce“ beendet den Prolog, während bei Mascagni ein weiteres Preludio zum Ostermorgen überleitet.

Bei Mascagni besingt ein Chor, abwechselnd Frauen und Männer, den Ostermorgen mit „Gli aranci olezzano“. Santuzza trägt Mama Lucia ihre Sorge um Turiddus Treue vor. Mit „Dite Mama Lucia“, beginnt der Akt bei Monleone gleich mit der bangen Frage von Santuzza „Tosto men vuoi“. Allerdings heißt Mama Lucia bei Monleone Nunzia. Kein Wunder, dass bei beiden hier der Nachbarort Francofonte - hier holt Tudiddu den Wein - genannt wird, basieren doch beide Opern auf derselben Grundlage von Giovanni Verga.

Bei Mascagni tritt Alfio mit seinem bekannten „Il cavallo scalpita“, bei Monleone mit „Battea la mezzanotte ed io da Militello“ auf. Bei beiden folgt dann das Zwiegespräch zwischen Mama Lucia/Nunzia und Santuzza. Bei Mascagni heißt es „Voi lo sapete, o mamma, prima d´andar soldato“ – bei Monleone „Il di che andó soldato“.

Einem ersten Höhepunkt steuert die Oper dann mit der Auseinandersetzung zwischen Santuzza und Turiddu zu, mit der erstaunten Frage „Tu qui, Santuzza?“ bei Mascagni; diesem steht ein „Che fai tu qui, Santuzza?“ bei Monleone gegenüber. Bei Mascagni „S: Dove sei stato? T: Che vuoi tu dire? A Francofonte! S: No, non è ver!“ und dann „T: Santuzza, credimi ….“. Ungewohnt, fast karg, und daher enttäuschend, klingt dann bei Monleone diese Szene, obwohl sie praktisch mit den gleichen Worten beginnt „S: Si, dove sei stato? T: A Francofonte S: No, non è ver! T: Santuzza!“ – sonst nichts. Und eben darin liegt der Unterschied, ob Turiddu „Santuzza, credimi ….“ - und eben nur „Santuzza!“ singt. Lola ist, aufreizend wie immer, nach wenigen Sätzen, in der Kirche verschwunden.

Und danach der nächste Höhepunkt mit dem Fluch Santuzzas. „S: Bada! T: Dell´ira tua non mi curo! S: A te la mala Pasqua, spergiuro!“ – das ist Mascagni, voll Dramatik! Bei Monleone ist das viel weniger wirkungsvoll! „T: Non è ver! S: Bada! Bada Turiddu! T: Non ti temo! No! S: Va! La mala Pasqua ….a te!“

Danach folgt in beiden Opern das Gespräch zwischen Santuzza und Alfio. Mascagni leitet nun mit dem berühmten Intermezzo zum Schluss der Oper über – bei Monleone geht dies ohne Überleitung. Bei Mascagni fordert Turiddu seine Freunde zum Trinken auf, mit dem berühmten Brindisi „Viva il vino spumeggiante ….“ Als dann Alfio hinzukommt, begrüßt ihn Turiddu mit den Worten „Compar Alfio ….“ Doch die düstere Musik lässt Unheil ahnen. Es folgt eine der wohl bekanntesten Stellen in dieser Oper mit Turiddus Abschied von seiner Mutter „Mamma, quel vino é generoso, e certo…“. Mama Lucia kann Turiddus Worte nicht deuten, Und schon hört man die Schreie, zuerst einer Frau, dann von allen: „Hanno ammazato compare Turiddu“. Ein effektvoller Schluss der Oper.

Bei Monleone begrüßt Turiddu seine Freunde; als Alfio auftritt, begrüßt auch er seine Freunde. Auf Turiddus Einladung zu einem Glass Wein antwortet er kühl „Grazie! Non bevo!“. Auch hier bittet Turiddu, auf die arme Santa (Santuzza) zu achten. Ebenso verabschiedet sich Turiddu von seiner Mutter stammelnd mit den Worten „Mamma …. sentite …. debbo andar via ……“ Nunzia kann sich diese Worte nicht erklären; Turiddu versucht sie zu beruhigen und bittet für seine Santa „Oh, nulla …. no ……cosi mi parla il vin…. Pensate voi alla Santuzza!“.Danach kommt es sehr rasch zum Finale; und auch hier ertönt eine Stimme von Ferne: „Turiddu accoltellato“ – Nunzia stößt einen Schrei aus.

Diese Komposition Domenico Monleones ist sehr effektvoll, aber eben nicht so wie bei Mascagni. Liegt es daran, dass man einfach die „Cavalleria Rusticana“ von Pietro Mascagni mehr gewöhnt ist? Mascagnis Oper erlebte ihre Uraufführung im Jahre 1890, jene von Monleone erst 17 Jahre später, also 1907. Zu dem kam noch, dass es damals nur eine einzige Aufführung dieser Oper gab – dann wurde sie verboten und es wurde lange Jahre ein Rechtsstreit geführt. Der Stoff ist der gleiche, die Stimmverteilung ist die gleiche, Turiddu ist bei beiden ein Tenor, Santuzza Sopran, Alfio Bariton und Mamma Lucia Alt – daran kann es also nicht liegen. Die Musik von beiden ist sehr gut. Aber dadurch, dass Monleones „Cavalleria Rusticana“ praktisch nie auf einem Opernspielplan steht, ist diese Oper, wie ich meine, zu Unrecht in Vergessenheit geraten.

Seit Jahren verfolge ich die Spielpläne der verschiedenen Opernhäuser auf der gesamten Welt. Meist findet man den „Doppelpack“ „Cavalleria“ und „Bajazzo“. Manchmal aber gibt es eine Koppelung von „Bajazzo“ und Puccinis „Gianni Schicchi“ oder einer anderen einaktigen Oper.

Nicht begreifen kann ich, dass sich offenbar kein einziges Opernhaus traut, zwei Werke des Ein-Opern-Komponisten Leoncavallo bzw. die beiden „Cavallerias“, also jene von Mascagni und Monleone, zusammen herauszubringen. Eine wunderbare Kombination ergäbe nämlich eine Koppelung der beiden „Cavalleria Rusticana“-Opern von Mascagni und Monleone. Denn auch die Monleone´sche Oper hat großartige Stellen. Mir ist es unverständlich, dass diese Oper vollständig vergessen ist! Natürlich ist alles Gewöhnungssache – man muss diese Oper nur einfach öfter hören, um sie liebzugewinnen – selbst wenn einem manche Stellen der Mascagni-Oper zu sehr „im Ohr“ sind. Man darf nur nicht zu viel vergleichen! „Neues“ ist offenbar nicht gefragt – und deshalb traut sich niemand, so ein Experiment zu wagen, Und eine ebenso großartige Kombination ergäbe eine Koppelung von zwei Werken von Ruggiero Leoncavallo, einem weiteren Ein-Opern-Komponisten: „Pagliacci“ und „Gli Zingari“, eine kurze, aber sehr „feurige“ (im doppelten Sinn des Wortes!!) Oper dieses Komponisten. Die Uraufführung des „Bajazzo“ erfolgte 1892, jene von den „Zingari“ 1912, somit könnte man ein Früh- und ein Spätwerk Leoncavallos gemeinsam bringen.

Mascagni und Leoncavallo, diese Ein-Opern-Komponisten, haben natürlich nicht nur diese ihren Weltruhm begründenden Opern „Cavalleria Rusticana“ bzw. „Der Bajazzo“ komponiert – bei Mascagni sind es 16 (ich habe von allen zumindest eine Aufnahme), bei Leoncavallo sind es elf (hier fehlen mir nur zwei seiner Opern). „Cavalleria“ und „Bajazzo“ sind immer noch „Zugpferde“. Traute sich ein Opernhaus meinen Vorschlag aufzunehmen, neue Wege zu gehen und die beiden „Zwillinge“ auseinanderzureißen, könnte man zwei Opernabende mit je einer zugkräftigen und einer unbekannten Oper gestalten. Und ich bin überzeugt, dass viele Opernliebhaber an dieser Zusammenstellung Gefallen finden könnten.

Es gibt von Mascagnis Oper „Cavalleria Rusticana“ viele Aufnahmen; ich möchte nur jene Aufnahmen nennen, die ich selbst habe:

Aus dem Jahr 1938 stammt eine Aufnahme, die Pietro Mascagni selbst dirigiert hat. Lina Bruna Rasa ist Santuzza, Maria Meloni Lola, Antonio Melandri Turiddu, Afro Poli Alfio und Rina Gallo Toscani Mamma Lucia. Choro und Orchestra der Opera Italian von Holland.

1940 ist das Aufnahmejahr einer weiteren Aufnahme. Lina Bruna Rasa verkörpert auch hier die Santuzza, Maria Marcucci ist Lola, Benjamino Gigli Turiddu, Gino Becchi Alfio und Giulietta Simionato Mamma Lucia. Chor und Orchester der Mailänder Scala werden vom Komponisten geleitet.

Im Jahr 1943 entstand eine weitere Aufnahme - in deutscher Sprache! - unter Artur Rother. Chor des Deutschen Opernhauses und Berliner Rundfunkorchester begleiten. Hilde Scheppan ist Santuzza, Irma Beilke Lola, Hans Hopf Turiddu, Georg Hann Alfio und Elisabeth Waldenau Mamma Lucia.

Aus dem Jahr 1954 stammt die Aufnahme mit Chor und Orchester der Mailänder Scala unter Tullio Serafin mit Maria Callas als Santuzza, Anna Maria Canali als Lola, Giuseppe di Stefano als Turiddu, Rolando Panerai als Alfio und Ebe Ticozzi als Mamma Lucia 1961 entstand eine Aufnahme mit Chor und Orchester der Accademia di Santa Cecilia Rom unter Tullio Serafin. Anna di Stasio verkörpert Santuzza, Ana Raquel Satre Lola, Mario del Monaco Turiddu, Cornell MacNeil Alfio und Giulietta Simionato Mamma Lucia.

Unter dem Dirigat von Giuseppe Sinopoli spielen 1989 das Philharmonische Orchester und singt der Chor von Covent Garden. Santuzza ist Agnes Baltsa, Lola Susanne Mentzler, Turiddu Placido Domingo, Alfio Juan Pons und Vera Baniewicz Mamma Lucia.

Von „Cavalleria Rusticana“ von Monleone gibt es nur die eine Aufnahme aus dem Jahr 1996, wobei Daniel Pacitti das Tirana Symphonie Orchester leitet; es singt der Chor der Oper von Tirana. Turiddu ist Carlo Torriani, Santuzza Lisa Houben, Compar Alfio Fulvio Massa, Lola Anna Zoroberto, Gna´ Nunzia Sim Tokyurek, Lo zio Brasi Paolo Battaglia und eine Stimme Chiara di Dino.



Redaktion: Dr. Halper