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vom 10.04.2022, aktuelle Version,

Georg Dehio

Georg Dehio

Georg Gottfried Julius Dehio (* 10. Novemberjul. / 22. November 1850greg. in Reval; † 19. März 1932 in Tübingen) war ein deutscher Kunsthistoriker. Er gilt als prägend für die Wahrnehmung der Kunst und als höchst einflussreich auf die Konzeption der modernen Denkmalpflege, in der die Zerstörung von Bauwerken als authentischer Teil ihrer Geschichte begriffen werden müsse, so dass Wiederaufbau nicht die einzige Option darstellt.

Neben dem Dehio-Handbuch, einem nach Dehio benannten Nachschlagewerk für Kunstdenkmäler, wurde eine Reihe von Auszeichnungen nach ihm benannt, wie z. B. der Georg-Dehio-Kulturpreis, der Georg-Dehio-Buchpreis und der Georg-Dehio-Preis der Künstlergilde Esslingen.

Leben, Ausbildung und Universitätslaufbahn

Göttinger Gedenktafel für Georg Dehio, an der Hausfassade der Studienwohnung Jüdenstraße 32 (Aufnahme 2009)

Georg Dehio studierte Geschichte an der Universität Dorpat (heute Tartu/Estland) und wechselte dann an die Universität Göttingen, wo er 1872 bei Georg Waitz promoviert wurde. 1877 habilitierte er sich im München mit einer Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen.[1] In der Folgezeit konzentrierte der Historiker seine Arbeit auf die deutsche und europäische Kunstgeschichte.

1883 begann er seine Lehrtätigkeit an der Albertus-Universität in Königsberg sowie an der dortigen Kunstakademie. In Königsberg wurde 1888 auch sein Sohn Ludwig Dehio geboren. Im Jahr 1892 wurde er an das Kunstgeschichtliche Institut nach Straßburg berufen, an dem er bis 1919 als Professor tätig war.

Georg Dehio starb 1932 im Alter von 81 Jahren in Tübingen und wurde auf dem dortigen städtischen Friedhof im Stadtteil Universität beerdigt.

Kunsthistorisches Werk

Auf Anregung Dehios beschloss der 1900 in Dresden abgehaltene Tag für Denkmalpflege, ein Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler zu veröffentlichen. Das Textschema war durch die „bekannte Kunsttopographie“ von Wilhelm Lotz vorgeprägt, auf die sich Dehio im ersten, 1905 vorgelegten Band seines Handbuchs explizit bezieht.[2] Seit 1929 erscheint der Dehio im Deutschen Kunstverlag. Bis heute, auch über die Teilung Deutschlands hinweg, erscheinen Neubearbeitungen der Bände des Dehio in größeren zeitlichen Abständen.

Für die wissenschaftliche Fortführung des Handbuchs sorgt die Dehio-Vereinigung. Seit 2001 wird das Handbuch von einem Herausgebergremium getragen, das sich aus der Dehio-Vereinigung, der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammensetzt. Bei der Stiftung Denkmalschutz in Bonn haben die Herausgeber eine gemeinsame Geschäftsstelle eingerichtet.

Ein Teil von Dehios Forschungsarbeit, insbesondere seine Untersuchungen über die Proportionen in der Baukunst des Altertums und des Mittelalters, führte zu Innovationen in der Forschung.[1]

In Österreich wird der Dehio seit 1933 vom Bundesdenkmalamt herausgegeben.

Grab Georg Dehios im Stadtfriedhof Tübingen

Wirken als Denkmalpfleger

Georg Dehio wandte sich als Denkmalpflege-Theoretiker um 1900, ähnlich wie Alois Riegl, gegen den im 19. Jahrhundert üblichen historisierenden und purifizierenden Umbau alter Baudenkmäler (etwa gotischer Dome). Er geißelte die damit notwendig verbundenen Löschungen jüngerer Geschichtsspuren als Zerstörungen und restauratorischen Vandalismus, sah sich dem von ihm selbst 1905 propagierten Wahlspruch „Konservieren, nicht Restaurieren“[3] verpflichtet und stellte die Forderung auf, Alt und Neu sollten im Falle von Zubauten erkennbar unterschieden sein. Dehio wirkte damit maßgeblich auf die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dominierenden Konzeptionen des wissenschaftlichen Denkmalschutzes ein, wie sie etwa in der Charta von Venedig kodifiziert wurden.

Gleichwohl setzte Dehio sich aber auch entschieden für den Wiederaufbau von verlorenen oder beschädigten Baudenkmalen ein, wie im Falle des 1906 abgebrannten und anschließend bis 1912 rekonstruierten Hamburger Michels.

Auszeichnungen und Ehrungen

Familie

Georg Dehio war ab 1884 verheiratet mit Charlotte Friedländer (1859–1932), Tochter des Philologen und Altertumsforschers Ludwig Friedländer (1824–1909) und der Laura Gutzeit.

Sein Sohn war der Historiker und Archivar Ludwig Dehio (1888–1963). Seine Tochter Katharina (1885–1974) heiratete den Archäologen August Frickenhaus (1882–1925).

Sein Cousin war der Internist und Rektor der Universität Dorpat Karl Dehio,[8] dessen Tochter die Schriftstellerin Else Hueck-Dehio (1897–1976) war.

Seine Nichte Dora Dehio war die Mutter des Biologen Erich von Holst (1908–1962), Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie.[9]

Siehe auch: Dehio (Familie).

Schriften (Auswahl)

Schriften zur Geschichte

  • Hartwich von Stade, Erzbischof von Hamburg-Bremen (= Bremisches Jahrbuch. Nr. 6, 1871). Druck von Diercksen & Wichlein, Bremen 1872, OCLC 312461468 (Inaugural-Dissertation Universität Göttingen 1872, 122 S.).
  • Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen bis zum Ausgang der Mission, von Georg Gottfried Julius Dehio. W. Hertz, Berlin 1877 (Habilitationsschrift 1876); Neudruck: Wenner, Osnabrück 1975, ISBN 3-87898-084-1.

Schriften zur Kunstgeschichte

  • (Mit Gustav von Bezold): Geschichte der kirchlichen Baukunst des Abendlandes. 1887–1901, 2 Bände und Tafelwerke. (Digitalisate auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 1. August 2021)
  • Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. 1. Auflage. 5 Bände. 1905–1912.
  • Kunsthistorische Aufsätze. München/Berlin 1914.
  • Geschichte der deutschen Kunst. 1919–1925.

Schriften zur Denkmalpflege

  • Was wird aus dem Heidelberger Schloß werden? Karl J. Trübner, Straßburg 1901. (doi:10.11588/diglit.29583, Digitalisat auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 1. August 2021)
  • Denkmalschutz und Denkmalpflege im neunzehnten Jahrhundert [= Festrede an der Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg, den 27. Januar 1905], in: Georg Dehio: Kunsthistorische Aufsätze. München/Berlin 1914, S. 263 ff. (Digitalisat, auf deutschestextarchiv.de, abgerufen am 1. August 2021)

Literatur

Allgemein zum Wirken

Zum kunsthistorischen Wirken

Zum denkmaltheoretischen Wirken

  • Norbert Huse (Hrsg.): Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten. Verlag C. H. Beck, München 1984, ISBN 3-406-30311-0, S. 124 ff. (Thematisiert die denkmaltheoretische Kontroverse zwischen Alois Riegl und Georg Dehio.)
Wikisource: Georg Dehio  – Quellen und Volltexte
Commons: Georg Dehio  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Ernst Gall: Dehio, Georg Gottfried Julius. In: deutsche-biographie.de. Deutsche Biographie (Online-Ausgabe), 1957, abgerufen am 15. Februar 2022.
  2. Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band I: Mitteldeutschland. Berlin 1905, S. VI.
  3. Vgl. dazu Christoph Hellbrügge: „Konservieren, nicht restaurieren“. Bedeutungswandel und Anwendungspraxis eines Prinzips der Denkmalpflege im 20. Jahrhundert. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, Bonn 1991, S. 47 ff.
  4. Mitgliedseintrag von Georg Dehio bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 24. Januar 2017.
  5. Mitglieder der Vorgängerakademien. Georg Dehio. In: bbaw.de. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 13. März 2015.
  6. Dehio, Georg. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost).
  7. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Band 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 66.
  8. Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Dehio, Karl. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
  9. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Teil B 1928. Verlag Justus Perthes, Gotha 1928, S. 265.